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Demokratiezufrieden­­heit im Ruhrgebiet auffällig unauffällig

Einwohner des Ruhrgebiets schätzen zentrale gesellschaftliche Kennzahlen noch pessimistischer ein als die deutsche Bevölkerung insgesamt. Dem Vertrauen in die Demokratie schadet das allerdings nicht, was auch an den im Ruhrpott sehr präsenten Lokalmedien liegen dürfte.

Kernaussagen in Kürze:
  • Die Bewohner des Ruhrgebiets schätzen die sozio-ökonomische Lage in Deutschland noch pessimistischer ein als es die deutsche Bevölkerung insgesamt ohnehin schon tut.
  • Die Demokratiezufriedenheit im Ruhrpott ist laut IW-Studie dennoch "auffällig unauffällig".
  • Das könnte auch daran liegen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk und die lokalen Medien eine lokale Öffentlichkeit schaffen.
Zur detaillierten Fassung

Das Ruhrgebiet und der Strukturwandel – oft wird beides in einem Atemzug genannt. Tatsächlich setzt der Strukturwandel den Bewohnern von Duisburg, Essen oder Gelsenkirchen noch immer zu und beeinflusst ihre Wahrnehmung der gesellschaftlichen Situation insgesamt.

Das bestätigt eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft, für die es – zusammen mit der Ruhr-Universität Bochum und gefördert durch die Brost-Stiftung – Einwohner des Ruhrgebiets zum Wissensstand bei sozio-ökonomischen Themen, zur Mediennutzung und zum Demokratievertrauen befragt hat.

Die Einwohner des Ruhrgebiets sind nur minimal unzufriedener als in Deutschland insgesamt, obwohl sie bei vielen gesellschaftlichen Kennzahlen von deutlich schlechteren Werten ausgehen.

Demnach schätzen die Bewohner des Ruhrgebiets die wirtschaftspolitischen Kennzahlen im Durchschnitt noch pessimistischer ein, als es Deutschlands Einwohner ohnehin schon tun:

Die Bewohner des Ruhrgebiets glauben im Durchschnitt, dass die Arbeitslosenquote 29 Prozent beträgt. Die deutschlandweit Befragten gehen dagegen von „nur“ 23 Prozent aus – dabei waren selbst im Corona-Sommer 2020 lediglich 6 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung ohne Job.

Da verwundert es nicht, dass die Bewohner im Ruhrgebiet einerseits in verschiedenen Kategorien wie Zuwanderung oder Kriminalität besorgter sind als die Bürger im übrigen Land und andererseits den Mitmenschen weniger stark vertrauen und stärker an deren Zuverlässigkeit zweifeln.

Demokratiezufriedenheit ist „auffälig unauffällig“

Dennoch ist die Demokratiezufriedenheit im Ruhrgebiet laut IW-Studie „auffällig unauffällig“ – die Einwohner sind nur minimal unzufriedener als in Deutschland insgesamt und der Unterschied ist nicht mal statistisch signifikant.

Ein Grund dafür könnte sein, dass lokale Medien in den Ruhr-Kommunen noch immer eine zentrale Rolle spielen – der entsprechende Medienkonsum ist laut verschiedener Studien höher als andernorts. Und da der öffentlich-rechtliche Rundfunk und die lokalen Medien eine lokale Öffentlichkeit schaffen, werden sie zu wichtigen demokratischen Akteuren. Als solche können sie möglicherweise die Demokratiezufriedenheit stabilisieren – die Befragungsergebnisse legen dies jedenfalls nahe (Grafik):

Jene Bewohner des Ruhrgebiets, die häufig klassische Medien – also den öffentlich-rechtlichen Rundfunk oder lokale Medien – nutzen, sind signifikant zufriedener mit der Demokratie als jene, die sich vor allem über soziale Medien und den privaten Rundfunk informieren. Durchschnittliche Antwort der Bewohner des Ruhrgebiets mit diesem Mediennutzungsverhalten auf einer Skala von 0 bis 10 auf die Frage "Wie zufrieden sind Sie mit der Demokratie, so wie sie in Deutschland besteht?" Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Auch politisch könnte sich im Ruhrgebiet ein neues Wirgefühl verfestigen – spätestens seit der Direktwahl des Ruhrparlaments im Jahr 2020, das als Forum aller Städte und Kreise der Region fungiert.

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