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Wohnkosten: Leben auf kleinerem Fuß

Bezahlbarer Wohnraum ist in Deutschland ein knappes Gut. Dadurch steigen seit Jahren die Mieten. Wie viele Quadratmeter sich ein Durchschnittsverdiener von seinem Lohn hierzulande noch leisten kann, hat das IW nun in einer Studie analysiert. Das Ergebnis ist durchwachsen.

Kernaussagen in Kürze:
  • Zwischen 2018 und 2021 ist Wohnraum, gemessen an der Entwicklung des Durchschnittseinkommens, in fast 75 Prozent der Kreise weniger erschwinglich geworden – Mieter können sich also immer weniger Wohnraum leisten.
  • Der mit Abstand teuerste Standort für Mieter ist die Stadt München: Dort konnte sich ein Durchschnittsverdiener, der maximal 25 Prozent seines Nettolohns für die Kaltmiete ausgeben wollte, 2021 nur 36 Quadratmeter Wohnfläche leisten.
  • Besonders für Geringverdiener ist die Situation schwierig: In München waren 2021 rein rechnerisch nur noch rund 21 Quadratmeter drin, im niedersächsischen Holzminden waren es 90.
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Zu klein, zu teuer oder schon weg – die Wohnungssuche ist vielerorts zu einer echten Herausforderung geworden. Ein zu geringes Angebot und eine hohe Nachfrage ließen vor allem in Ballungszentren die Mietpreise steigen. Wie groß die Mietbelastung unterm Strich aber wirklich ist, hängt von der Höhe des Einkommens der Mieter ab. Schließlich steigen wie die Mieten auch die Löhne.

Um die Erschwinglichkeit von Wohnraum in Deutschlands Kreisen und Städten zu messen, hat das IW berechnet, wie viele Quadratmeter sich ein Singlehaushalt mit einem Durchschnittseinkommen leisten kann, wenn er maximal 25 Prozent seines Nettolohns für die Kaltmiete ausgeben möchte. Das Ergebnis ist eindeutig:

Zwischen 2018 und 2021 ist Wohnraum, gemessen an der Entwicklung des Durchschnittseinkommens, in fast 75 Prozent der Kreise weniger erschwinglich geworden – Mieter können sich also immer weniger Wohnraum leisten.

Verschlechtert hat sich die Lage für Mieter in manchen süddeutschen und brandenburgischen Kreisen, günstiger ist dagegen das Wohnen in einigen anderen ostdeutschen Regionen geworden. Der negative Spitzenreiter liegt in Bayern (Grafik):

Der mit Abstand teuerste Standort für Mieter ist die Stadt München: Dort konnte sich ein Durchschnittsverdiener 2021 nur 36 Quadratmeter Wohnraum leisten.

So viele Quadratmeter Wohnfläche konnte sich ein Durchschnittsverdiener in Deutschland 2021 leisten, wenn er 25 Prozent seines Nettoeinkommens für die Miete aufwendete Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen Der zweitteuerste Standort ist der Landkreis München – zudem befinden sich unter den Top Ten der teuersten Kreise in Deutschland noch fünf weitere aus dem Umkreis der bayrischen Landeshauptstadt. Auf Platz drei landet Freiburg im Breisgau; Frankfurt am Main und Offenbach finden sich auf den Rängen sechs und sieben wieder.

Besonders günstig lebt es sich in Höxter, im Landkreis Südwestpfalz oder in Holzminden – dort konnte sich ein Einpersonenhaushalt 2021 für 25 Prozent seines Nettolohns rein rechnerisch eine Wohnung zwischen 98 und 102 Quadratmetern leisten.

Doch wie sieht es mit Menschen aus, die weniger als der Durchschnitt verdienen? Geringverdiener – also jene, die zu den 20 Prozent der einkommensschwächsten Haushalte in Deutschland gehören – haben es am Wohnungsmarkt oft besonders schwer.

In München konnte sich ein Geringverdiener 2021 rein rechnerisch nur noch eine rund 21 Quadratmeter kleine Wohnung leisten, im niedersächsischen Holzminden waren es 90 Quadratmeter.

In den Großstädten jenseits von München sieht die Lage derweil anders aus. Zwar sind die Mieten auch in Berlin, Hamburg, Köln und Frankfurt in den vergangenen zehn Jahren stark gestiegen und der Wohnungsmarkt ist entsprechend angespannt. Dennoch konnten sich Durchschnittsverdiener 2021 in fünf von sieben Großstädten etwas mehr Quadratmeter leisten als noch 2018. So bekommen sie in Hamburg 48 Quadratmeter für 25 Prozent ihres Nettolohns, in Berlin sind es rund 55 und in Düsseldorf sogar 57 Quadratmeter. Eine ähnliche Verteilung ergibt sich bei den Geringverdienern. Verhältnismäßig gut ist die Lage für Menschen mit wenig Einkommen in der Bundeshauptstadt:

Die Quadratmeterzahl, die sich Geringverdiener in Berlin leisten konnten, stieg von 2018 bis 2021 um 25 Prozent.

Allerdings sind die Werte für Berlin noch immer durch den Mietendeckel verzerrt, der 2021 vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt wurde. Seitdem werden die Preise nach und nach angepasst, sodass es wieder schwieriger werden könnte, erschwinglichen Wohnraum zu finden.

Kleinere Wohnungen werden attraktiver

Dass sich die Lage für Mieter in den Großstädten im Gegensatz zu den Kreisen nicht verschlechtert hat, liegt zum einen an den dort stärker gestiegenen Löhnen. Andererseits ist die Zahlungsfähigkeit vieler Haushalte vermutlich so weit ausgeschöpft, dass die Mieten in diesen Städten nicht mehr so leicht steigen können.

Zwischen 2018 und 2021 ist Wohnraum, gemessen an der Entwicklung des Durchschnittseinkommens, in fast 75 Prozent der Kreise weniger erschwinglich geworden – Mieter können sich also immer weniger Wohnraum leisten.

Vor allem Letzteres wird künftig einen großen Effekt auf die Erschwinglichkeit von Wohnraum haben. Aufgrund der aktuellen Energiekrise könnten die Heizkosten für Gas im laufenden Jahr um rund 65 Cent je Quadratmeter steigen. Gleichzeitig steigen die Löhne derzeit nicht so schnell wie die Verbraucherpreise. Wohnungssuchende werden als Folge kleinere Wohnungen bevorzugen, was die Preise in diesem Segment steigen lässt. Große Wohnungen und unsanierte Einfamilienhäuser werden dagegen an Attraktivität einbüßen.

Da in Großstädten ein Ausweichen auf kleinere Wohnungen kaum mehr möglich ist, dürfte sich die Mietdynamik dort so verschlechtern, dass viele Menschen nicht mehr umziehen können. Das betrifft vor allem junge Erwerbstätige, Studierende und Familien mit kleinen Kindern. Als Konsequenz ist mit einer zunehmenden Überbelegung von Wohnungen zu rechnen – ein Negativtrend, der auch schon in den vergangenen Jahren zu beobachten war.

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