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Wettlauf um den Corona-Impfstoff

Seit Monaten forschen Wissenschaftler auf der ganzen Welt fieberhaft an einem wirksamen Mittel gegen das neuartige Coronavirus. Insbesondere deutsche Forscher haben offenbar die Nase vorn. Dies liegt auch an der regionalen Vernetzung zwischen Forschungsinstitutionen und Pharmaunternehmen.

Kernaussagen in Kürze:
  • Deutsche Wissenschaftler sind in der Corona-Forschung hinsichtlich der Qualität weltweit führend.
  • Unternehmensprojekte zur Entwicklung eines Medikaments oder Impfstoffs sind in Deutschland vor allem dort entstanden, wo es viele Forschungseinrichtungen und Pharmaunternehmen gibt.
  • Damit sind die Forschungshochburgen zu Covid-19 vor allem im Rheinland, im Rhein-Main-Gebiet sowie in Tübingen, Berlin und München vorzufinden.
Zur detaillierten Fassung

In der Corona-Krise ruhen große Hoffnungen darauf, dass bald ein Impfstoff gefunden wird. Die große Zahl an Menschen, die sich in kürzester Zeit mit dem Virus infiziert haben, verdeutlicht diese Dringlichkeit. Doch auch der Blick auf die Weltwirtschaft zeigt die Dramatik der Lage: Die weltweite Wirtschaftsleistung wird im Jahr 2020 voraussichtlich um 4 Prozent sinken, der Welthandel sogar um 9 Prozent.

Kein Wunder also, dass die Pandemie einen Forschungswettlauf der Superlative ausgelöst hat:

Allein zwischen Dezember 2019 und April 2020 wurden weltweit mehr als 15.000 Forschungsartikel zu Covid-19 veröffentlicht.

Die meisten Veröffentlichungen – rund 2.500 – stammen aus den USA. Deutschland landet mit gut 500 Forschungsbeiträgen zwar nur auf Rang fünf, punktet dafür aber bei der Qualität. Das zeigt der sogenannte Cite Score, dem die Zahl zitierter Beiträge aus einem Journal zugrunde liegt:

Die Bundesrepublik führt das Ranking zur Qualität der wissenschaftlichen Beiträge zum Coronavirus an – knapp vor den USA und Großbritannien.

Diese vorwiegend an staatlichen Hochschulen betriebene Grundlagenforschung ist Voraussetzung dafür, dass Unternehmen wirksame Medikamente und Impfstoffe entwickeln und auf den Markt bringen können. Wann tatsächlich ein Corona-Impfstoff zugelassen wird, ist aber ungewiss. Noch vor wenigen Jahren wurden für die Entwicklung eines Impfstoffs 15 bis 20 Jahre veranschlagt. Eine staatliche Förderung kann den Prozess zwar beschleunigen, doch nach wie vor muss – neben der Wirksamkeit – auch die Sicherheit eines Wirkstoffs in klinischen Studien bestätigt werden.

In der Corona-Forschung sind vor allem dort Unternehmensprojekte entstanden, wo es bereits eine Fülle von Forschungseinrichtungen und Pharmaunternehmen gab.

An dieser Stelle kommen die Pharmaunternehmen ins Spiel. Denn anders als die Grundlagenforschung ist die Finanzierung klinischer Studien durch Steuermittel kaum möglich – Unternehmen können die benötigten Investitionen dagegen aus ihrem Gewinn stemmen.

Diese für beide Seiten profitable Arbeitsteilung hat in Deutschland eine lange Tradition. Zahlreiche Pharmaunternehmen haben sich in den vergangenen Jahren oft dort angesiedelt, wo sie renommierte Forschungseinrichtungen in der Nähe haben. Das sorgt für Übertragungseffekte und erleichtert die Zusammenarbeit. Auch in der Corona-Forschung entstehen vor allem dort Unternehmensprojekte, wo sich bereits Forschungseinrichtungen und Pharmaunternehmen tummeln (Grafik):

Forschungshochburgen zu Covid-19 gibt es vor allem im Rheinland, im Rhein-Main-Gebiet sowie in Tübingen, Berlin und München.

Zahl der Covid-19 Unternehmensprojekte, wissenschaftlichen Publikationen und Pharmaunternehmen Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Spitzenreiter in der Corona-Forschung ist München, wo derzeit allein acht Forschungsprojekte von Biotechunternehmen laufen. Auch an den Grundlagen wird dort emsig geforscht: Die Ludwig-Maximilians-Universität München hat deutschlandweit bislang die meisten wissenschaftlichen Beiträge zum Coronavirus veröffentlicht.

Start der klinischen Tests für den Corona-Impfstoff

Im Rennen um einen Corona-Impfstoff sind auch sechs Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen. Die Pharmahochburg NRW hat eine hohe Expertise – sowohl in der Produktion als auch in der Forschung. Insgesamt elf Unis forschen an Rhein und Ruhr zu Corona und haben zusammen 83 wissenschaftliche Publikationen veröffentlicht.

Das wahrscheinlich vielversprechendste Unternehmen ist in Rheinland-Pfalz beheimatet. Die Firma Biontech aus Mainz befindet sich bereits in der Phase der klinischen Tests für einen Corona-Impfstoff und kooperiert mit dem US-Pharmariesen Pfizer.

Und der deutsche Staat beteiligt sich seit Mitte Juni an dem aussichtsreichen Corona-Impfstoff-Entwickler Curevac aus Tübingen. In der schwäbischen Universitätsstadt laufen derzeit vier Unternehmensprojekte.

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