IW-Konjunkturprognose Lesezeit 3 Min.

Beispielloser Absturz durch Corona

Das Coronavirus und seine Folgen treffen die Weltwirtschaft mit einer Wucht, wie es sie bisher noch nicht gegeben hat. Auch für Deutschland wird 2020 deshalb ein bitteres Jahr: Das Bruttoinlandsprodukt bricht ein, die Arbeitslosigkeit steigt. Zwar wird es 2021 wieder aufwärtsgehen – Voraussetzung ist allerdings, dass es keinen weiteren Lockdown gibt.

Kernaussagen in Kürze:
  • Um 9 Prozent wird die Wirtschaftsleistung in Deutschland 2020 voraussichtlich zurückgehen.
  • Die meisten großen Volkswirtschaften müssen ähnlich hohe Verluste hinnehmen.
  • Auch der erfolgsverwöhnte deutsche Arbeitsmarkt bekommt die Corona-Folgen zu spüren.
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Breiter, heftiger und schneller – das ist es, was die Wirtschaftskrise infolge der Corona-Pandemie von bisherigen Konjunkturkrisen unterscheidet. Die Corona-Krise ist weltumspannend, sie lähmt Angebot und Nachfrage gleichzeitig, sie trifft nahezu alle Branchen.

In dieser Gemengelage überrascht es nicht, dass sich die deutsche Wirtschaft auf einen langwierigen Anpassungsprozess einstellt. Bei der Unternehmensbefragung, die das Institut der deutschen Wirtschaft seit Anfang März wegen der Pandemie wöchentlich durchführt, unterscheiden sich die kurzfristigen Erwartungen der Unternehmen für die kommenden Monate kaum von den langfristigen für 2020 und 2021. Mit anderen Worten: Das Vorkrisenniveau kann wahrscheinlich erst im dritten oder vierten Quartal 2021 wieder erreicht werden. Ein Grund dafür ist die desaströse Situation der Weltwirtschaft, denn die macht der exportorientierten deutschen Volkswirtschaft zusätzlich zu schaffen (Grafik):

Die weltweite Wirtschaftsleistung wird 2020 um 4 Prozent sinken, der Welthandel sogar um 9 Prozent.

Veränderung des preisbereinigten Bruttoinlandsprodukts gegenüber dem Vorjahr in Prozent Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Bis auf China, das sogar noch ein Mini-Wachstum von 1 Prozent erreichen dürfte, müssen alle großen Volkswirtschaften schmerzhafte Verluste bei ihrer Wirtschaftsleistung hinnehmen – auch Deutschland (Grafik):

Im Jahr 2020 wird das reale Bruttoinlandsprodukt um 9 Prozent zurückgehen.

Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Vorausgesetzt, dass es keinen neuerlichen globalen Schock gibt, wird die Erholung erst im Herbst 2021 so weit vorangeschritten sein, dass das Produktionsniveau von 2019 wieder erreicht ist.

Durch die Corona-Krise sinken Exporte und Investitionen und die Arbeitslosigkeit steigt.

Weitere Ergebnisse der IW-Konjunkturprognose im Einzelnen:

Außenhandel. Der weltweite Lockdown wird dem deutschen Exportgeschäft im ersten Halbjahr 2020 stark zusetzen. Preisbereinigt werden die deutschen Ausfuhren im gesamten Jahr um 25 Prozent zurückgehen. Zum Vergleich: Im Jahr der Finanzkrise, also 2009, belief sich das Minus auf 14 Prozent. Zwar wird das Auslandsgeschäft im kommenden Jahr – wenn nichts dazwischenkommt – voraussichtlich wieder um 15 Prozent zulegen. Doch damit werden die Exporte noch immer um fast 14 Prozent niedriger ausfallen als 2019.

Investitionen. Die schlechten Export-Aussichten hängen eng mit dem weltweit mauen Investitionsklima zusammen. Wie im Krisenjahr 2009 werden die Ausrüstungsinvestitionen 2020 um gut 20 Prozent zurückgehen. Auch die für das zweite Halbjahr dieses Jahres und für 2021 prognostizierte Erholung wird nicht ausreichen, um dieses Minus wettzumachen.

Konsum. Teile des privaten Konsums werden infolge der Pandemie in bislang unvorstellbarer Weise ausgehebelt. Vor allem im Freizeit- und Kulturwesen sowie im Gastgewerbe brechen die Geschäfte ein und die Erholungs- oder Nachholeffekte halten sich aufgrund der weiterhin geltenden gesundheitspolitischen Restriktionen in Grenzen. Die realen Konsumausgaben werden im Jahresdurchschnitt 2020 um 9 Prozent unter dem Niveau von 2019 liegen.

Arbeitsmarkt. Der jahrelang an Erfolgsmeldungen gewöhnte deutsche Arbeitsmarkt bekommt die Corona-Folgen deutlich zu spüren. So wird die durchschnittliche Zahl der Kurzarbeiter in diesem Jahr auf 3,2 Millionen taxiert, in der Spitze könnte sie auf 6 bis 8 Millionen steigen. Gewichtet mit dem durchschnittlichen Arbeitsausfall wird das Ausfallvolumen 1,3 Millionen Vollzeitäquivalente betragen. Und die Zahl der Erwerbstätigen wird im laufenden Jahr um 480.000 zurückgehen. Trotz der großen Bedeutung der Kurzarbeit (siehe Seiten 4–5) wird die Arbeitslosigkeit steigen:

Die Arbeitslosenquote steigt von 5,0 Prozent im Jahr 2019 auf 6 ½ Prozent im Jahresdurchschnitt 2020.

Die gute Nachricht: Die Erholung im Jahr 2021 geht mit einer Erhöhung der Erwerbstätigkeit und einem Abbau der Arbeitslosigkeit einher, der einen wesentlichen Teil des Einbruchs wieder wettmacht. Der Stand von 2019 wird allerdings noch nicht wieder erreicht.

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