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Währungskrise: Türkei verspielt Vertrauen

Die Krise in der Türkei ist überwiegend hausgemacht. Üppige Subventionen und großzügige Kreditvergaben haben nicht zuletzt die Auslandsverschuldung in die Höhe getrieben. Die türkische Politik muss dringend umsteuern.

Kernaussagen in Kürze:
  • Die Währungskrise der Türkei ist hausgemacht: Staatliche Ausgabenprogramme haben die Wirtschaft überhitzen lassen.
  • Die daraus resultierenden hohen Auslandsschulden haben das Vertrauen der Investoren erschüttert.
  • Um Inflation, Leistungsbilanzdefizit, Fremdwährungsverschuldung und den Verfall der türkischen Währung in den Griff zu bekommen, braucht die Türkei eine unabhängige Zentralbank – und diese sollte dringend die Zinsen erhöhen.
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Staatspräsident Erdogan hat den Sündenbock längst gefunden: Die USA haben mit ihren Wirtschaftssanktionen die türkische Währung einbrechen lassen. Tatsächlich aber wertet die Lira schon seit längerer Zeit ab – vor allem deshalb, weil das Vertrauen von Investoren in die Türkei schwindet. Fakt ist, dass die Wirtschaft klare Anzeichen einer Überhitzung zeigt (Grafik):

Das reale Wirtschaftswachstum der Türkei beschleunigte sich 2017 auf 7,4 Prozent, zugleich vergrößerte sich das Leistungsbilanzdefizit und die Inflationsrate wurde zweistellig. Entwicklung wichtiger Wirtschaftskennzahlen in der Türkei seit 2010 Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Im Juli 2018 waren die Verbraucherpreise sogar fast 16 Prozent höher als im gleichen Vorjahresmonat.

Die türkische Wirtschaft zeigt klare Anzeichen einer Überhitzung.

Maßgeblich zu dieser Entwicklung beigetragen hat die Politik. Denn auch nachdem der Wirtschaftseinbruch infolge des Putschversuchs von 2016 bereits überwunden war, hielt die Regierung an ihrem expansiven Kurs fest und verteilte vor der Präsidentschaftswahl vom Juni 2018 sogar noch weitere teure Geschenke.

So wurden 750.000 befristete Stellen im öffentlichen Dienst in dauerhafte Arbeitsplätze umgewandelt, ein Rentenbonus von zweimal 1.000 Lira gewährt und die Energiepreise gedeckelt. Zudem führt der Staat die 2016 begonnene sehr expansive Kreditvergabepolitik fort, unter anderem über einen Fonds, der zwischen 85 und 100 Prozent der Bankenkredite an kleinere und mittlere Unternehmen absichert.

Diese Befeuerung der Wirtschaft hat die Verschuldung der Banken sowie der Industrie- und Dienstleistungsfirmen wachsen lassen. Und diese Schulden sind oft in ausländischer Währung notiert:

Die Unternehmen außerhalb des Finanzsektors sitzen auf Fremdwährungsschulden von fast 340 Milliarden Dollar – sind aber gegen das Risiko einer Abwertung der türkischen Lira kaum abgesichert.

Die türkische Zentralbank hat allerdings zu geringe Währungsreserven, um für den Kampf gegen die Abwertung der Lira gut gerüstet zu sein. Zudem sperrt sich Präsident Erdogan gegen die Zinserhöhungen, die nötig wären, um die Inflation in Schach zu halten.

Die Türkei kann die Krise aber nur bewältigen, wenn die Staatsführung die Unabhängigkeit der Zentralbank wieder zweifelsfrei sichert. Zudem gilt es, die Subventionen zu beschneiden und die Kreditförderung zu stoppen.

All dies ist nötig, um die überhitzte Wirtschaft abzukühlen und das Leistungsbilanzdefizit zu verringern – auch wenn die mit 11 Prozent schon heute hohe Arbeitslosenquote dadurch wohl weiter steigen wird. Gegebenenfalls sollte die türkische Führung nicht zögern, den Internationalen Währungsfonds um Hilfe zu bitten.

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