Steuerpolitik Lesezeit 4 Min.

Vermögensteuer: Eine kontraproduktive Idee

Manch einer sieht in einer Steuer auf Vermögen das Allheilmittel gegen Ungleichheit und soziale Schieflagen in Deutschland. Gerade in Wahlkampfzeiten gewinnt die Steuer deshalb immer wieder Unterstützer. Doch mehrere Gründe sprechen gegen sie – vor allem die Investitionsfähigkeit und -tätigkeit von Unternehmen würde erheblich leiden.

Kernaussagen in Kürze:
  • Immer wieder liebäugeln Politiker mit einer Vermögensteuer, doch die würde sich gravierend negativ auf die Investitionsfähigkeit und -tätigkeit von Firmen auswirken.
  • Eine IW-Beispielrechnung zeigt: Eine Vermögensteuer von 1 Prozent würde den Gewinn des Unternehmens um 8 Prozent reduzieren; das Geld fehlt diesem dann für Investitionen.
  • Eine Vermögensteuer würde die Ungleichheit der Vermögensverteilung zudem nicht nennenswert reduzieren und wäre außerdem extrem schwer zu erheben, weil es nahezu unmöglich ist, Vermögen exakt zu beziffern.
Zur detaillierten Fassung

Die Vermögensteuer ist tot, lang lebe die Vermögensteuer: In Deutschland ist die umstrittene Steuer nämlich nicht abgeschafft, sie wird seit 1997 nur nicht mehr erhoben. Grund für das Aussetzen ist, dass Immobilien bei der Vermögensberechnung nicht mit dem Marktwert erfasst wurden, was dem Gleichheitsgrundsatz zuwiderlief.

Tatsächlich ist die Vermögensbewertung seit jeher die Krux einer jeden Form der Vermögensteuer. Das fängt schon bei einem Aktiendepot an, dessen Wert sich zwischen Stichtag und Steuerbescheid erheblich verändern kann – in beide Richtungen.

Vieles spricht gegen eine Vermögensteuer; vor allem belastet sie Gewinne so stark, dass die Investitionsfähigkeit der Unternehmen erheblich leidet.

Noch schwieriger verhält sich die Sache bei Betriebsvermögen. So ist es nahezu unmöglich, den Wert eines kleinen oder mittelständischen Unternehmens halbwegs präzise zu schätzen. Und selbst der Wert von Firmen, die an der Börse notiert sind, ist nicht frei von Abhängigkeiten:

Niedrigzinsphasen treiben Aktienkurse auf dem Papier in die Höhe, weil sich Zinspapiere wie Anleihen als alternative Anlageform kaum noch lohnen.

Im Ergebnis ist es also schwer, Vermögen exakt zu beziffern. Deshalb gehen Experten davon aus, dass der Aufwand, der damit verbunden ist, die Steuergrundlage zu erheben und den Anforderungen des Fiskus Rechnung zu tragen, bis zu 20 Prozent der Einnahmen aus einer Vermögensteuer betragen kann – inklusive zu erwartender Rechtsstreitigkeiten.

Vermögensteuer steht in einigen Wahlprogrammen

Nichtsdestotrotz haben sich Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke und die SPD Pläne für eine neue respektive wiederbelebte Vermögensteuer ins Wahlprogramm geschrieben.

Und das, obwohl ein weiteres Argument gegen eine entsprechende Steuer noch schwerer wiegt als jenes der problematischen Vermögensermittlung: Keine Steuer ist investitions- und wirtschaftsfeindlicher, wie es das IW in einer neuen Studie formuliert.

Das Institut zeigt anhand einer Beispielrechnung, wie gravierend sich schon eine Vermögensteuer in Höhe von lediglich 1 Prozent auf Investitionen auswirken würde (Grafik):

Eine Vermögensteuer von 1 Prozent auf den Unternehmenswert kann dazu führen, dass Firmen über 10 Prozent weniger von ihrem für Investitionen angesparten Gewinn zur Verfügung haben als ohne eine entsprechende Steuer.

Beispielrechnung zu den Auswirkungen einer Vermögensteuer in Höhe von 1 Prozent im Falle einer Kapitalgesellschaft, wenn der Gewinn für spätere Investitionen angespart werden soll Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Zugrunde liegt der Rechnung das Szenario einer Kapitalgesellschaft mit einem Alleingesellschafter, der neben seiner Firma über kein weiteres Vermögen verfügt. Die Firma erzielt einen Vorsteuergewinn von 500.000 Euro und würde davon 31,1 Prozent an Ertragsteuern – also Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Solidaritätszuschlag – abführen. Den verbleibenden Gewinn in Höhe von knapp 345.000 Euro würde die Firma sparen, um ihn später zu investieren, beispielsweise in neue Maschinen.

Aus 1 Prozent Steuer werden 8 Prozent weniger Gewinn

Laut Bewertungsgesetz ist eine Firma mit 500.000 Euro Gewinn rund 4,8 Millionen Euro wert. Bei einem Freibetrag von 1 Million Euro und einer – angenommenen – Vermögensteuer von 1 Prozent summiert sich diese auf mehr als 38.000 Euro; hinzu kommen Abgeltungsteuer und Soli. Das Ergebnis:

Statt fast 345.000 Euro Gewinn bleiben nur knapp 293.000 Euro übrig, die Gesamtabgabenbelastung des von der Kapitalgesellschaft erzielten Gewinns steigt von 31,1 auf 41,5 Prozent.

Auch andere Beispielrechnungen des IW kommen zu einem ähnlichen Ergebnis – wenn etwa der Gewinn nicht einbehalten, sondern ausgeschüttet wird, oder im Fall eines Einzelunternehmens statt einer Kapitalgesellschaft:

In allen Fällen führt eine Vermögensteuer von 1 Prozent zu einem Rückgang des Gewinns um mindestens rund 8 Prozent.

Das würde den Wirtschaftsstandort Deutschland erheblich unattraktiver machen und Investitionen würden wahrscheinlich verstärkt im Ausland erfolgen.

Vermögensteuer gefährdet andere Steuereinnahmen

Hinzu kommt, dass sehr wohlhabende Personen ihr Vermögen vor einer Vermögensteuer in Sicherheit bringen würden – in der Fachsprache ist hier von der „Elastizität der Bemessungsgrundlage“ die Rede. Und selbst wenn ebendiese Elastizität sehr moderat mit minus 0,25 veranschlagt wird, könnte das im Ergebnis zu einem Verlust an Steueraufkommen in Höhe von 40 Prozent im Vergleich zum vorher erwarteten Betrag führen. Schließlich sind es schon heute die wohlhabendsten Bundesbürger, die den überwiegenden Teil der Steuern zahlen.

Schließlich spricht noch ein weiterer Punkt gegen die Wiederbelebung der Vermögensteuer: Sie ist laut Simulationsrechnungen keineswegs in der Lage, die Vermögensungleichheit in Deutschland nennenswert zu verringern.

So würde eine Vermögensteuer mit den in den Beispielberechnungen zugrunde gelegten Annahmen den Gini-Koeffizienten – eine Messgröße der Ungleichheit – selbst nach zehn Jahren um nicht einmal 1 Prozent reduzieren.

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