Tarifverhandlungen: Ganz schön konfliktfreudig
In den ersten drei Monaten des laufenden Jahres wurden die Tarifverhandlungen deutlich konfliktreicher geführt als im Vorjahr. An der Tendenz dürfte auch der am Wochenende gefundene Kompromiss im öffentlichen Dienst wenig ändern.
- In den ersten drei Monaten des laufenden Jahres wurden die Tarifverhandlungen deutlich konfliktreicher geführt als im Vorjahr.
- Am konfliktreichsten ging es mit einer Konfliktintensität von 28 Punkten im öffentlichen Dienst zu.
- Im April werden die Verhandlungen im Einzelhandel, im Groß- und Außenhandel sowie in der Süßwarenindustrie aufgenommen. Auch hier dürften die Verhandlungen nicht ohne Konflikte ablaufen.
Kaum haben sich Bund, Kommunen und Gewerkschaften in der Nacht von Samstag auf Sonntag auf mehr Geld für die 2,5 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst geeinigt, streikt das Sicherheitspersonal am Flughafen Berlin Brandenburg. Erst drei Tage zuvor hatten Arbeitsniederlegungen bei der Deutschen Bahn zu bundesweiten Zugausfällen geführt. Und auch dies war nicht der erste Streik in diesem Frühjahr. Gefühlt gab es in den vergangenen Monaten jede Woche wegen Arbeitsniederlegungen größere Beeinträchtigungen. Aber ist das wirklich so?
Die Konfliktintensität der Tarifverhandlungen im ersten Quartal 2023 war höher als im Jahr 2022.
Eine IW-Auswertung für die acht Branchen, die bislang verhandelt haben, zeigt: Die Summe der in Tarifverhandlungen genutzten Konflikthandlungen war im ersten Quartal 2023 höher als im Durchschnitt des Vorjahres (Grafik):
Mit 8,9 Punkten übertraf die Konfliktintensität zwischen Januar und März 2023 die des Vorjahres um das 1,7-Fache.
Am konfliktreichsten ging es mit einer Konfliktintensität von 28 Punkten im öffentlichen Dienst zu (Grafik). Hier gab es neben zwei Streikdrohungen nach jeder der drei Verhandlungsrunden Streikaufrufe mit entsprechenden Warnstreikwellen. Nach den gescheiterten Tarifverhandlungen sorgte eine Schlichtung schließlich am vergangenen Wochenende für eine Einigung: Sie sieht steuer- und abgabenfreie Sonderzahlungen von insgesamt 3.000 Euro in mehreren Stufen vor sowie ein Lohnplus in Form eines Sockelbetrags von 200 Euro ab März 2024 mit anschließend 5,5 Prozent mehr Lohn. Die Vertragslaufzeit soll 24 Monate betragen.
Auch bei der Deutschen Post, in der Textilindustrie sowie in der Papierverarbeitenden Industrie haben sich die Parteien inzwischen geeinigt. Andernorts schwelen die Konflikte dagegen weiter: Noch im April werden die Verhandlungen im Einzelhandel, im Groß- und Außenhandel sowie in der Süßwarenindustrie aufgenommen. Aufgrund der hohen Lohnforderungen werden wohl auch diese Verhandlungen nicht konfliktfrei vonstattengehen.