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Staat kann private Investitionen ankurbeln

Wenn der Staat Geld in die Hand nimmt, wirkt sich das unmittelbar positiv auf privatwirtschaftliche Aktivitäten und Investitionen aus. Unterm Strich hat der deutsche Staat aber seit Jahrzehnten nicht mehr in seinen Kapitalstock investiert, Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit sind in Gefahr.

Kernaussagen in Kürze:
  • Wenn der Staat investiert, kurbelt das auch die privatwirtschaftlichen Investitionen an.
  • Die IW-Konjunkturumfrage belegt, dass mittelfristig ein Drittel der Firmen mehr investieren würde, wenn der Staat seinerseits merklich mehr Geld in die Hand nähme.
  • Für entsprechende Effekte müssten die öffentlichen Investitionen abzüglich der Kapitalabgänge pro Jahr um rund 45 Milliarden Euro höher ausfallen als derzeit.
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Mit dem Zug zur Arbeit und während der Fahrt E-Mails beantworten oder in der Cloud arbeiten – in der Theorie klingt das nach einem zeiteffizienten und umweltfreundlichen Plan. Doch in der Realität gibt es in Deutschland gleich mehrere Probleme. Kein flächendeckendes schnelles Internet – gerade auf dem Land – ist eines, massive Verspätungen und Zugausfälle bei der Bahn sind ein weiteres.

Würde der Staat in seinen Kapitalstock investieren statt die Infrastruktur verfallen zu lassen, hätte das positive Auswirkungen auf privatwirtschaftliche Investitionen und für den Wirtschaftsstandort Deutschland.

Die Verkehrs- und die digitale Infrastruktur sind Bereiche, in die massiv investiert werden müsste, um den Wohlstand zu sichern. Doch ein Blick in die Daten zeigt:

Schon lange investiert der deutsche Staat unterm Strich nichts mehr in seinen Kapitalstock. Alle Investitionen werden von Kapitalabgängen an anderer Stelle aufgezehrt – also dadurch, dass sich beispielsweise Autobahnstrecken und Eisenbahnbrücken abnutzen oder die Technik in der Breitbandversorgung veraltet.

Deshalb trägt der Staat mittlerweile nichts mehr zum Wachstum des realen Bruttoinlandsprodukts je Arbeitseinheit, also der Produktivität, bei. Somit ist er mitverantwortlich dafür, dass der gesamtwirtschaftliche Produktivitätsanstieg von jahresdurchschnittlich 2 Prozent in den 1990er Jahren auf nur noch 0,9 Prozent in der Dekade ab 2010 zurückgegangen ist.

Dieser Trend ist problematisch. Denn es gibt immer weniger Bürger im erwerbsfähigen Alter. Deshalb muss alles dafür getan werden, die gesamtwirtschaftliche Produktivität zu erhöhen – zum Beispiel, indem in neue Infrastruktur und Maschinen investiert wird. Diese Investitionen blieben zuletzt fast komplett aus. Und das Beschäftigungswachstum der vergangenen Jahre wurde in keiner Weise von einem Aufbau des Kapitalstocks begleitet.

Dabei gibt es nachweislich kurz- und mittelfristige Effekte, wenn der Staat Geld in die Hand nimmt, um etwa Brücken zu sanieren, Glasfaserkabel zu verlegen oder Schienen zu erneuern:

Kurzfristig erhöhen staatliche Investitionen die Nachfrage und damit die konjunkturelle Dynamik.

Mittelfristig verbessern zielgerichtete staatliche Investitionen das allgemeine Leistungsniveau der Volkswirtschaft. Zudem kann das Staatsgeld dazu führen, dass Firmen bereit sind, (mehr) zu investieren.

Das belegt die IW-Konjunkturumfrage unter 2.300 Unternehmen vom Frühjahr 2023 (Grafik):

Kurzfristig geht ein Viertel der Betriebe davon aus, selbst mehr zu investieren, wenn der Staat seinen Kapitalstock erhöht; mittelfristig gilt das sogar für ein Drittel.

So viel Prozent der Unternehmen in Deutschland erwarten durch höhere staatliche Investitionen diesen Effekt auf ihre Geschäftstätigkeit Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Einen besonders starken Effekt staatlicher Investitionen sagen die Unternehmen für die Nachfrage nach eigenen Produkten und Dienstleistungen voraus. Von den Investitionen würden die Betriebe je nach Branche mittelfristig – also ab 2024 – unterschiedlich profitieren (Grafik):

Das Baugewerbe erwartet für sich häufig positive Effekte durch eine höhere Nachfrage nach eigenen Produkten und Dienstleistungen. Industrie und Dienstleistungssektor setzen die Hoffnung indes auf bessere Produktionsbedingungen dank staatlicher Investitionen.

So viel Prozent der Unternehmen dieses Wirtschaftsbereichs erwarten ab 2024 diesen … Effekt auf ihre Geschäftstätigkeit, sollte der Staat mehr investieren Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Es sind zudem vor allem große Firmen, die spürbare Effekte staatlicher Investitionen für die eigene Geschäftstätigkeit prophezeien.

All das zeigt, wie wichtig es ist, dass der Staat seinen Kapitalstock aufbaut. Dafür müssten die öffentlichen Investitionen abzüglich der Kapitalabgänge allerdings pro Jahr um rund 45 Milliarden Euro höher ausfallen als derzeit.

Damit im nächsten Schritt die Privatwirtschaft investiert, sollte die Regierung alles tun, um die Standortfaktoren – allen voran die Produktionskosten im internationalen Vergleich – zu verbessern. Darüber hinaus sollte die Politik das Bildungssystem auf Vordermann bringen und für eine herausragende Innovationsinfrastruktur sorgen. Nur so lässt sich die gesamtwirtschaftliche Produktivität steigern und die Wettbewerbsfähigkeit wahren.

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