So gut schützen Unternehmen ihre Beschäftigten
Nachdem es coronabedingt im März 2020 zum ersten Lockdown in Deutschland kam, stellte sich zwangsläufig die Frage, wie sich Ansteckungen am Arbeitsplatz vermeiden lassen. Eine Befragung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) zeigt nun, dass die Betriebe die Corona-Schutzmaßnahmen vorbildlich umgesetzt haben.
- Der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard und die Arbeitsschutzregel sollen dafür sorgen, dass sich Corona-Ansteckungen in den Unternehmen in Deutschland vermeiden lassen.
- So gibt es in mehr als 80 Prozent der Betriebe konkrete Erläuterungen und Unterweisungen zu den jeweiligen Schutzmaßnahmen sowie Hinweise auf die Nies- und Hustenetikette.
- Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin ist erfreut darüber, wie gut der Arbeits- und Infektionsschutz in den Unternehmen umgesetzt worden ist.
Vor Ausbruch der Pandemie Anfang 2020 spielte der Infektionsschutz in den Unternehmen hierzulande kaum eine Rolle. Doch Covid-19 führte zu veränderten Anforderungen an den Schutz am Arbeitsplatz. Das Bundesarbeitsministerium legte im April 2020 einen SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard fest und verlangte darin betriebliche Konzepte für zeitlich befristete Maßnahmen zum Infektionsschutz. Im August 2020 trat dann die Arbeitsschutzregel in Kraft, die den Arbeitsschutzstandard mit konkreteren Schutzmaßnahmen unterlegte. Ziel der Maßnahmen ist es, das Risiko einer Verbreitung der Virusinfektion zu reduzieren, aber gleichzeitig die Funktionsfähigkeit der Betriebe so gut wie möglich aufrechtzuerhalten.
Der Arbeits- und Infektionsschutz ist laut Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin gut in den Unternehmen umgesetzt worden.
Ein BAuA-Forschungsprojekt hat nun ermittelt, wie diese Maßnahmen in der betrieblichen Praxis umgesetzt wurden. Dazu befragte das Forscherteam zwischen September und Dezember 2020 bundesweit 221 Sicherheitsfachkräfte, 95 Unternehmerinnen und Unternehmer, 167 weitere betriebliche Funktionsträger sowie 241 überbetriebliche Fachleute mit Zuständigkeit für mehrere Betriebe, darunter auch Aufsichtspersonen der Unfallversicherungsträger oder des staatlichen Arbeitsschutzes und der Gewerbeaufsicht. 147 der Befragten stammten aus der Industrie, 157 aus dem Gesundheitswesen, die übrigen aus der öffentlichen Verwaltung und dem Handwerk.
Das Forscherteam hat festgestellt, dass der Schutz der Beschäftigten in den Unternehmen eine hohe Priorität hat: In 88 Prozent der berichteten Fälle war der Corona-Arbeitsschutz Chefsache, aber auch Führungskräfte (69 Prozent), Fachkräfte für Arbeitssicherheit (66 Prozent) oder Betriebsärzte (56 Prozent) waren eingebunden. Organisatorisch stellten sich die Unternehmen folgendermaßen auf (Grafik):
Mehr als vier von fünf Betrieben entwickelten spezifische betriebliche Regelungen zum Infektions- und Arbeitsschutz, gut zwei Drittel führten ein besonderes Informationsmanagement ein.
Die Ausbreitung von Covid-19 zwang die Unternehmen dazu, mehr Zeit, Energie und Geld in den Arbeits- und Infektionsschutz zu investieren. Zu diesem Ergebnis kommt auch die repräsentative Studie „Betriebe in der Covid-Krise“ des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), das im August und September 2020 insgesamt 1.556 Betriebe gefragt hat, wie sie den Arbeits- und Infektionsschutz umsetzen. Es zeigte sich, dass sogar 98 Prozent der Unternehmensleitungen direkt an der Umsetzung der Maßnahmen beteiligt sind – also 10 Prozentpunkte mehr als in der BAuA-Befragung. Das IAB sieht in dieser hohen Beteiligung der Geschäftsführung ein wichtiges Signal an die Beschäftigten.
Bei erkennbaren Symptomen dem Arbeitsplatz fernbleiben
Die Befragung zeigt außerdem, dass die Betriebe insgesamt eine Vielzahl der empfohlenen Maßnahmen eingeführt haben – vor allem solche, die Verhaltensregeln etablieren und auf Hygiene und Reinigung abzielen, kurz gesagt: Abstand, Hygiene, Masken und Lüften. Mehr als 80 Prozent der Betriebe geben konkrete Erläuterungen und Unterweisungen zu den jeweiligen Schutzmaßnahmen sowie Hinweise auf die Nies- und Hustenetikette. Zudem werden Beschäftigte angehalten, bei erkennbaren Symptomen dem Arbeitsplatz fernzubleiben. Andere Aspekte der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel werden dagegen deutlich seltener eingesetzt (Grafik):
Nur rund ein Fünftel der Betriebe hat Maßnahmen für besonders schutzbedürftige Beschäftigte und solche zur Berücksichtigung individueller psychischer Belastungen eingeführt.
Da die Arbeitsschutzmaßnahmen nicht für alle Betriebe in gleichem Maße sinnvoll sind, gibt es viele verschiedene Vorgehensweisen. Es ist also wichtig, branchen-, größen- und betriebsspezifische Besonderheiten zu berücksichtigen. Hinsichtlich der Arbeitsschutzmaßnahmen macht es einen großen Unterschied, ob Beschäftigte
- direkten oder indirekten Kunden-/Patientenkontakt haben;
- im Team zusammenarbeiten müssen, zum Beispiel in Großraumbüros, am Fließband oder in Einzelbüros arbeiten;
- gemeinsam in einem Verkehrsmittel fahren müssen, wie Hand- und Müllwerker sowie Polizisten;
- überwiegend von zu Hause aus arbeiten können oder vor Ort präsent sein müssen.
Während das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung anmahnt, dass es künftig darauf ankommen werde, Arbeitsschutz und wirtschaftliche Aktivitäten besser miteinander in Einklang zu bringen, zeigt sich die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin erfreut darüber, wie gut der Arbeits- und Infektionsschutz in den Unternehmen umgesetzt worden ist. Besonders lobt sie die betriebliche Kompetenz und die Motivation, die sogar in der frühen Pandemiephase trotz vieler Unsicherheiten für einen guten Schutz der Beschäftigten sorgten.