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Infektionsherd Arbeitsplatz?

In der Debatte um Lockerungen wird oft auf die Infektionsgefahren auf der Arbeit hingewiesen. Zwar liegt die Inzidenzrate der Erwerbstätigen tatsächlich leicht über dem Bevölkerungsdurchschnitt. Die Zahl der Krankmeldungen ist jedoch im Jahr 2020 stabil geblieben.

Kernaussagen in Kürze:
  • Trotz der Pandemie sind die monatlichen Krankmeldungen 2020 in etwa auf dem Niveau der Vorjahre geblieben.
  • Nur im März 2020 gab es einen sprunghaften Anstieg der Krankmeldungen – innerhalb von zwei Monaten sanken die Zahlen aber wieder.
  • Die wenigen Krankmeldungen ab Mai 2020 könnten damit auch das Ergebnis der Vorkehrungen der Arbeitgeber sein, die zur Eindämmung des Infektionsgeschehens beigetragen haben.
Zur detaillierten Fassung

Obwohl die Corona-Pandemie das vergangene Jahr fest im Griff hatte, sind die monatlichen Krankmeldungen 2020 in etwa auf dem Niveau der Vorjahre geblieben. Zwar gab es im März einen deutlichen Anstieg, innerhalb von zwei Monaten sanken die Zahlen aber wieder (Grafik):

Sogar in den Herbst- und Wintermonaten 2020 war der Krankenstand der bei den Betriebskrankenkassen Versicherten nicht höher als 2019.

Krankgemeldete in Prozent aller beschäftigten Mitglieder der Betriebskrankenkassen Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Der sprunghafte Anstieg im März, als sich im Durchschnitt 6,7 Prozent der Beschäftigten pro Tag krankgemeldet haben, lässt sich vor allem damit erklären, dass sich Arbeitnehmer beim Verdacht auf eine Atemwegserkrankung telefonisch krankschreiben lassen konnten. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch kaum Testmöglichkeiten, sodass die Krankschreibung den bestmöglichen Infektionsschutz bot.

Die tieferen Werte ab Mai lassen wiederum vermuten, dass Lockdown sowie Abstands- und Hygieneregeln das Infektionsgeschehen positiv beeinflusst haben. Damit kann zumindest die Frage gestellt werden, ob neben der Inzidenzrate nicht auch andere Aspekte in die Entscheidungsfindung für Lockerungen einfließen sollten.

Obwohl die Corona-Pandemie das vergangene Jahr fest im Griff hatte, sind die monatlichen Krankmeldungen 2020 in etwa auf dem Niveau der Vorjahre geblieben.

Zwar liegt die Inzidenzrate bei den Erwerbstätigen zwischen 15 und 60 Jahren derzeit leicht über dem Bevölkerungsdurchschnitt. Allerdings zeigen diese Zahlen nicht, ob sich die Betroffenen auf der Arbeit, dem Arbeitsweg oder im privaten Umfeld infiziert haben.

Die niedrigen Krankmeldungen ab Mai 2020 könnten schließlich auch das Ergebnis der Vorkehrungen der Arbeitgeber sein, die zur Eindämmung des Infektionsgeschehens beigetragen haben.

Anderenfalls müsste sich ein erhöhtes Infektionsrisiko der Arbeitnehmer auch im Krankenstand niederschlagen.

Natürlich können auch die Homeoffice-Regeln den niedrigen Krankenstand erklären. Doch nur ein Teil der Belegschaften kann davon profitieren. In der Industrie dürften viele Tätigkeiten Präsenz erfordern. Dort zeigen sich aber keine atypischen Entwicklungen. Nur das Baugewerbe weist einen leicht erhöhten Krankenstand aus. Wenig überraschend ist dagegen, dass im Gesundheits- und Sozialwesen relativ viele Beschäftigte krankgemeldet sind, da sie oft im Brennpunkt des Geschehens stehen.

Ein stärkerer Fokus auf den Schutz der Hochbetagten und die Beschleunigung der Impfungen sollten weitere Lockerungen ermöglichen. Denn vor allem Handel, Verkehr und Gastgewerbe sind wirtschaftlich stark angeschlagen. Auch die Industrie und Unternehmensdienste hinken dem Vorkrisenniveau noch immer deutlich hinterher.

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