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Skeptischer Blick über den Atlantik

Der protektionistische Kurs von US-Präsident Donald Trump verunsichert die deutsche Wirtschaft. Zwar konnten die Ausfuhren in die USA zuletzt noch leicht zulegen. Doch ein großer Teil der Firmen in Deutschland geht davon aus, dass der Handelskonflikt zwischen Europa und den Vereinigten Staaten weiter eskalieren wird. Dies würde die deutsche Konjunktur zusätzlich belasten.

Kernaussagen in Kürze:
  • Fast 44 Prozent der Unternehmen in Deutschland rechnen damit, dass sich der Handelsstreit zwischen der EU und den USA weiter verschärfen wird
  • Die Skepsis ist bei den unternehmensnahen Dienstleistern – dazu zählen Logistikbetriebe, Unternehmensberater und Marketingfirmen – besonders groß.
  • In den Wirtschaftsdaten spiegelt sich der Handelskonflikt bislang nur bedingt wider. Das liegt vor allem an der starken US-Konjunktur, von der deutsche Unternehmen momentan profitieren.
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Schon seit seinem Amtsantritt droht US-Präsident Trump, die Welthandelsordnung über den Haufen zu werfen. In den Streit mit der EU ist zuletzt zwar ein wenig Ruhe eingekehrt – im Juli kündigte die US-Regierung an, die Verhandlungen über ein transatlantisches Freihandelsabkommen wieder aufnehmen zu wollen.

Doch Trump bleibt unberechenbar, zumal die künftige Mehrheit der Demokraten im US-Repräsentantenhaus nichts daran ändert, dass der Präsident in der Handelspolitik viele Entscheidungen in Eigenregie treffen kann.

Entsprechend groß dürfte die Verunsicherung diesseits des Atlantiks bleiben. Sie zeigt sich auch in den Antworten von rund 1.100 Unternehmen, die vom Institut der deutschen Wirtschaft und der IW Consult zum Handelskonflikt mit den USA befragt wurden (Grafik):

Fast 44 Prozent der Unternehmen in Deutschland rechnen damit, dass sich der Handelsstreit zwischen der EU und den USA weiter verschärfen wird – lediglich 34 Prozent sind explizit nicht dieser Ansicht.

So viel Prozent der Unternehmen in Deutschland halten folgende Szenarien hinsischtlich der US-Außenpoltik für wahrscheinlich Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Besonders pessimistisch sind Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern – 48 Prozent von ihnen gehen davon aus, dass der Konflikt in Zukunft eskaliert. Schaut man auf die einzelnen Branchen, ist die Skepsis bei den unternehmensnahen Dienstleistern – zu dieser Kategorie zählen unter anderem Logistikbetriebe, Unternehmensberater und Marketingfirmen – besonders groß: Von ihnen erwarten fast 47 Prozent eine Verschärfung des Handelsstreits.

Ein großer Teil der deutschen Firmen fürchtet, dass der Handelsstreit zwischen Europa und den USA weiter eskalieren wird.

Spiegelbildlich dazu sind insgesamt nur rund 33 Prozent der befragten Firmen der Meinung, dass sich die EU und die USA doch noch auf ein Handelsabkommen verständigen können. Mehr als 41 Prozent äußern sich diesbezüglich skeptisch. Von den Betrieben mit weniger als 50 Mitarbeitern halten sogar fast 49 Prozent ein Scheitern der Verhandlungen für wahrscheinlich. Aber auch unter den unternehmensnahen Dienstleistern ist der Anteil der Skeptiker mit gut 44 Prozent überdurchschnittlich hoch.

Etwas zuversichtlicher sind die Befragten, wenn es um die Zukunft der Welthandelsorganisation (WTO) geht: Nur 25 Prozent der deutschen Unternehmen gehen davon aus, dass die USA der WTO den Rücken kehren werden. Von jenen Unternehmen, die eigene Produktionsstätten in den Vereinigten Staaten haben, glauben dies sogar nur 16 Prozent.

Ansonsten weichen die Antworten der Betriebe, die über Niederlassungen in den USA verfügen oder dorthin exportieren, allerdings kaum vom Durchschnitt aller befragten Firmen ab – die überwiegend pessimistischen Einschätzungen ziehen sich quer durch alle Unternehmensgruppen.

Firmen profitieren noch von starker US-Konjunktur

Dabei schlägt sich der transatlantische Handelskonflikt bislang nur begrenzt in den tatsächlichen Wirtschaftsdaten nieder. Dies liegt vor allem an der starken Konjunktur in den USA, von der auch die deutschen Unternehmen profitieren:

Im zweiten Quartal 2018 legte das US-amerikanische Bruttoinlandsprodukt (BIP) gegenüber dem Vorquartal um 1 Prozent zu – das war das höchste Quartalswachstum seit fast vier Jahren.

Zusätzlich befeuert von der expansiven Fiskalpolitik Trumps, wurde die US-Wirtschaft sowohl von der Binnennachfrage als auch vom Außenhandel angetrieben.

Im dritten Quartal wuchs das US-BIP mit 0,8 Prozent allerdings etwas schwächer. Vor allem führen die Handelskonflikte dazu, dass die US-Unternehmen zurückhaltender investieren – ihre Anlageinvestitionen sind zum ersten Mal seit Ende 2015 geschrumpft. Die Warenimporte der USA legten dagegen in den Monaten Juli bis September 2018 weiterhin kräftig zu.

Dies begünstigt auch die deutschen Exporteure – der große Boom ist jedoch vorbei (Grafik):

In den ersten acht Monaten des Jahres 2018 sind die deutschen Warenausfuhren in die USA gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum um 2,2 Prozent gestiegen – ein Jahr zuvor lag die Wachstumsrate allerdings noch bei fast 5 Prozent.

Veränderung der Warenausfuhren deutscher Unternehmen in die USA von Januar bis August gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum in Prozent Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Vor allem die Hersteller von Investitionsgütern bekommen die schwächere Investitionskonjunktur in den USA bereits zu spüren. So hat sich das Exportwachstum der Produzenten von Maschinen und elektrischen Ausrüstungen im Vergleich zu 2017 mehr als halbiert. Die deutschen Automobilhersteller mussten von Januar bis August 2018 sogar einen Rückgang ihrer US-Ausfuhren um 6,5 Prozent hinnehmen.

Vieles spricht dafür, dass die Unsicherheit über die künftige Handelspolitik der USA den deutschen Unternehmen das Exportgeschäft weiter erschweren wird. Sollten zudem die Auseinandersetzungen zwischen den USA und China weiter eskalieren, dürfte auch das in der hiesigen Wirtschaft Spuren hinterlassen. Der Sachverständigenrat hat seine Prognose für das deutsche Wirtschaftswachstum 2019 bereits auf 1,5 Prozent gesenkt – und als einen Grund dafür den Handelsstreit mit den USA genannt.

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