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Pkw-Stellplätze: Neubau am Bedarf orientieren

Regionale Verordnungen verpflichten Bauherren in Deutschland, beim Bau neuer Wohnimmobilien eine bestimmte Zahl an Pkw-Stellplätzen zu schaffen. Die Vorgaben sind allerdings oft weit vom tatsächlichen Bedarf entfernt.

Kernaussagen in Kürze:
  • In vielen Bundesländern müssen Bauträger für Pkw-Stellplätze sorgen, wenn sie neue Wohnimmobilien errichten.
  • Der tatsächliche Bedarf ist allerdings häufig ein ganz anderer als der vorgeschriebene und hängt von Aspekten wie Haushaltstyp, Wohnort und ÖPNV-Anbindung ab.
  • Die politischen Vorgaben für neue Parkplätze sollten sich deshalb deutlich stärker am tatsächlichen Bedarf orientieren als bislang, sodass Bauträger passgenau Stellplätze planen können.
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Früher war alles besser? Für die Reichsgaragenordnung von 1939 gilt das nicht unbedingt, wie eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft im Auftrag der BPD Immobilienentwicklung GmbH zeigt. Die Verordnung wirkt in vielen Bundesländern bis heute nach und führt dazu, dass Bauträger für Pkw-Stellplätze sorgen müssen, wenn sie neue Wohnimmobilien errichten.

Das Grundanliegen von damals ist nachvollziehbar und es ist verständlich, dass die Politik nach wie vor auf entsprechende Regelungen setzt. Schließlich sind Parkplätze mancherorts rar und die Situation würde sich zuspitzen, wenn mit einem Neubau zwar weitere Autos, aber keine neuen Stellplätze hinzukämen.

Die politischen Vorgaben für neue Parkplätze sollten sich deutlich stärker am tatsächlichen Bedarf orientieren als bislang.

Das Problem: Die Vorgaben sind nicht ausreichend nach dem Standort der Gebäude sowie anderen Merkmalen differenziert – der tatsächliche Bedarf ist häufig ein ganz anderer als der vorgeschriebene. Das führt mitunter zu unnötigen Kosten:

Im Durchschnitt ist bei Angeboten von Neubauwohnungen ein Tiefgaragenstellplatz mit einem Preisaufschlag von etwa 10 Prozent auf den Kaufpreis verbunden.

Die Studie des IW verdeutlicht, wie unterschiedlich die Stellplatzbedarfe in Wirklichkeit sind und wovon sie abhängen:

Haushaltstyp. Die Art des Haushalts ist zentral für die Zahl der von ihm benötigten Stellplätze (Grafik):

Junge Haushalte bis 35 Jahre brauchen im Schnitt lediglich 0,85 Parkplätze, Familien mit Kindern dagegen 1,73.

So viele Pkw besaß der jeweilige Haushaltstyp in Deutschland in der entsprechenden Region im Jahr 2017 durchschnittlich Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Wohnort. Wichtig ist außerdem, wo eine Immobilie steht. Denn in Metropolen besitzen deutlich weniger Menschen ein eigenes Auto als auf dem Land, entsprechend unterschiedlich ist der Bedarf für Stellplätze.

Hinzu kommt, dass es in Großstädten mittlerweile vielerorts Carsharing-Angebote gibt, bei denen man sich einen Pkw mit vielen anderen teilt und so leichter auf ein eigenes Fahrzeug verzichten kann.

In städtischen Gebieten kann auch das Fahrrad oder E-Bike ein Auto deutlich leichter ersetzen als auf dem Land – so denn die Radinfrastruktur passt.

ÖPNV. Wo Pendler problemlos mit Bus und Bahn zur Arbeit kommen und der öffentliche Personennahverkehr auch für alle anderen Bedarfe umfassend ausgebaut ist, ist ein eigenes Auto ebenfalls eher verzichtbar.

Die IW-Studie verweist auf verschiedene Aspekte, die den privat finanzierten Parkplatzbedarf beeinflussen können. So ist Parken ein ökonomisches Gut, für das Menschen durchaus bereit sind, Geld zu zahlen. Wenn nun aber der Staat beispielsweise am Straßenrand in Städten Parkplätze kostenlos anbietet statt gegen eine Gebühr, verhindert das einen angemessenen Preis für private Stellplätze. Schlimmstenfalls führt es sogar zum unerwünschten „Falschparken“ (Grafik):

In den deutschen Innenstädten parkten 11 Prozent der im Jahr 2022 vom ADAC befragten Personen ihr Fahrzeug am Straßenrand, obwohl sie über einen eigenen Stellplatz verfügten.

So viel Prozent der Autos wurden im Jahr 2022 von ihren Besitzern im Wohnumfeld an diesen Orten abgestellt Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Das ist auch insofern misslich, weil ein entsprechendes Verhalten dazu führt, dass zum einen deutlich mehr Fläche als nötig versiegelt wird und zum anderen Immobilienpreise unnötig steigen.

Bedarf an Stellplätzen besser planen und gezielt reduzieren

Letztlich sollten sich die politischen Vorgaben für neue Parkplätze aus all diesen Gründen deutlich stärker an den tatsächlichen Bedarfen orientieren als bislang. Bauträger können dafür oft auf langjährige Erfahrungswerte zurückgreifen oder gezielt Marktforscher beauftragen und so passgenau Stellplätze planen.

Politisch Verantwortliche können gleichzeitig ihren Teil dazu beitragen, den Bedarf an Stellplätzen dauerhaft zu reduzieren – durch bessere ÖPNV- und Sharing-Angebote sowie mehr Raum für Fahrräder. Aber auch, indem die Kosten für einen Parkplatz generell nicht von der Allgemeinheit getragen werden müssen, sondern von demjenigen, der ihn nutzt – egal, ob sich dieser Platz nun am Straßenrand, auf dem eigenen Grundstück oder in einer Tiefgarage befindet.

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