Europäischer Profifußball Lesezeit 4 Min.

Pandemie belastet Finanzen der Fußballvereine

Die europäische Fußball-Saison 2021/22 hat begonnen. Nach einer Spielzeit, die fast ausschließlich ohne Zuschauer in den Stadien stattfinden musste, freuen sich die Klubs über die Rückkehr der Fans – wenn auch nur in reduziertem Umfang. Denn die Vereine benötigen die Ticketeinnahmen dringender denn je.

Kernaussagen in Kürze:
  • Seit Beginn der Corona-Pandemie entgingen den europäischen Profifußball-Vereinen aufgrund fehlender Ticketverkäufe, Mindereinnahmen im Sponsoring und einem Erlösrückgang bei den Übertragungsrechten mehr als 8 Milliarden Euro.
  • Die finanzielle Lage vieler Teams ist zwar bedenklich, alle deutschen Vereine erhielten aber ihre Lizenz für die angelaufene Saison.
  • Dass die Vereine sparen müssen, zeigt sich vor allem im Rückgang der Transferausgaben.
Zur detaillierten Fassung

Nach der Europameisterschaft ist vor der Bundesliga: Nur einen Monat nach dem Sieg der italienischen Mannschaft gegen die englische Auswahl im EM-Finale hat Titelverteidiger Bayern München gegen Borussia Mönchengladbach die Bundesliga-Saison 2021/22 eröffnet.

Rückkehr der Fans in die Stadien

Während die vergangene Spielzeit coronabedingt fast ausschließlich vor leeren Rängen stattfand, dürfen nun wieder Zuschauer in die Arenen, je nach Bundesland und Inzidenzwert aber nur bis zu einer bestimmten Auslastung der Stadionkapazitäten. Ein Grund zum Aufatmen für die Profiklubs, denn viele sind wegen ausbleibender Einnahmen während der Pandemie in finanzielle Schwierigkeiten geraten.

Durch die Corona-Pandemie entgehen den europäischen Profifußball-Vereinen mehr als 8 Milliarden Euro an Einnahmen. Das wirkt sich negativ auf Umsätze und Transferausgaben aus.

Der europäische Fußballverband UEFA schätzt, dass den Vereinen in Europa allein durch fehlende Ticketverkäufe in diesem Jahr insgesamt 4 Milliarden Euro entgehen. Dazu kommen Mindereinnahmen im Sponsoring von 2,7 Milliarden Euro und ein Erlösrückgang bei den Übertragungsrechten von weiteren 1,4 Milliarden Euro, sodass sich die ausbleibenden Einnahmen insgesamt auf mehr als 8 Milliarden Euro summieren.

Einen Teil davon können die Vereine durch Sparmaßnahmen auffangen, zu Umsatzeinbrüchen kommt es dennoch (Grafik):

Die UEFA rechnet für 2020 mit einem Rückgang des Gesamtumsatzes im europäischen Profifußball von rund 10 Prozent.

Gesamtumsatz im europäischen Profifußball in Milliarden Euro Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Der Umsatz wäre damit zum ersten Mal rückläufig: Ohne die Pandemie hätten die Zeiten des stetigen Wachstums – zwischen 1999 und 2019 stieg der Gesamtumsatz im Jahresdurchschnitt um rund 8 Prozent – laut dem Verband ihre Fortsetzung gefunden, das Coronavirus hat diesen Lauf aber zumindest vorerst beendet.

Betrachtet man die einzelnen Ligen und Teams genauer, zeigt sich ein differenziertes Bild:

Seit dem Ausbruch der Pandemie mussten insgesamt 46 Klubs aus ersten oder zweiten europäischen Ligen Insolvenz anmelden, wurden aufgrund wirtschaftlicher Probleme von den Ligen ausgeschlossen oder zogen ihre Teilnahme am Spielbetrieb freiwillig zurück.

Betroffen waren allerdings meist osteuropäische Vereine, Mannschaften aus den Top Five – die Ligen in England, Spanien, Deutschland, Frankreich und Italien – sucht man in der Liste vergeblich.

Heikle Phase im ersten Lockdown

Danach sah es nicht immer aus: Als im März und April 2020 der Ball pandemiebedingt ruhte und nicht klar war, wann und unter welchen Auflagen der Spielbetrieb wieder starten kann, meldeten beispielsweise 13 der 36 deutschen Profimannschaften, dass ihnen noch in der Saison die Insolvenz drohe, wenn die Einnahmen noch länger ausblieben.

Da aber relativ schnell ein umfassendes Corona-Testsystem rund um Spieler und Betreuer aufgebaut wurde und die Spiele ohne Zuschauer wieder stattfinden konnten, erreichten die Vereine zumindest die dringend benötigten Einnahmen aus der Fernsehvermarktung und den damit zusammenhängenden Sponsoringgeldern.

Die finanzielle Lage vieler Teams ist zwar weiterhin bedenklich, alle deutschen Vereine erhielten im Frühjahr von der Deutschen Fußball Liga (DFL) aber ihre Lizenz für die anstehende Saison. Bereits im Herbst müssen die angeschlagenen Klubs der DFL jedoch nachweisen, dass sie die erhobenen Auflagen erfüllt haben. So darf sich beispielsweise das negative Eigenkapital nicht erhöhen.

Rückläufige Transferausgaben

Damit wird hohen Transferinvestitionen und Spielergehältern ein Riegel vorgeschoben. Im Vergleich zu den meisten anderen Top-Ligen in Europa haushalten die Bundesligisten diesbezüglich aber ohnehin bedachter:

Deutsche Klubs bezahlen – berechnet auf alle Angestellten eines Vereins – im Schnitt 54 Prozent ihres Umsatzes für Gehälter, so wenig wie keine andere große Liga.

In der englischen Premier League und der spanischen Primera Division sind es knapp über 60 Prozent, in Italien und Frankreich gehen sogar rund drei Viertel des Umsatzes für Gehälter drauf.

Dass die Vereine sparen müssen, zeigt sich auch an den Spielertransfers. Gegenüber 2019 wechselten im Sommer 2020 ein Fünftel weniger Spieler vor Ende ihrer Vertragslaufzeit das Team. Besonders stark nahmen gezahlte Ablösesummen jenseits der 10-Millionen-Euro-Marke ab. In der Summe gaben die europäischen Klubs deutlich weniger Geld aus (Grafik):

Im Vergleich zum Vorjahr bezahlten die Vereine im Sommer 2020 rund 2,5 Milliarden Euro weniger für neue Spieler – ein Rückgang von fast 40 Prozent.

Gesamtausgaben der europäischen Profifußball-Vereine für Spielertransfers in Millionen Euro Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Ein ähnliches Bild zeigte sich im Januar dieses Jahres: Während des Winter-Transferfensters nahmen die Vereine weniger als die Hälfte des Geldes in die Hand, was in den Vorjahren gezahlt wurde. Auch in der aktuell noch laufenden Transferphase halten sich die meisten Teams weiter zurück, rund drei Wochen vor der Deadline beliefen sich die gesamten Ausgaben für Spielerkäufe erst auf 2,6 Milliarden Euro.

Ob die Sparsamkeit der Vereine auf dem Transfermarkt und bei den Spielergehältern von Dauer sein wird, bleibt abzuwarten. Immerhin lagen bereits drei Ablösesummen über dem teuersten Transfer der Vorsaison: dem Wechsel des deutschen Nationalspielers Kai Havertz für 80 Millionen zum FC Chelsea.

Sicher ist aber: Der Ball wird wieder rollen – ob mit oder ohne Fans in den Stadien.

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