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Der reiche König Fußball

In sehr vielen Ländern ist Fußball der Volkssport Nummer eins, doch seit den 1990er Jahren kratzt die zunehmende Kommerzialisierung an diesem Image. Vor allem in Europa spielt das Geld durch TV-Verträge und externe Investoren inzwischen eine dominierende Rolle. Die Entwicklung hat auch Auswirkungen auf Welt- und Europameisterschaften.

Kernaussagen in Kürze:
  • Fußball ist heute ein Multimillionengeschäft – Blaupause für die extreme Kommerzialisierung des Sports war die Gründung der Premier League 1992 in England.
  • Die Bundesligavereine erzielten in der Saison 2016/2017 einen Umsatz von mehr als 4 Milliarden Euro.
  • Eine wichtige Einnahmequelle für Vereine und Verbände sind die Übertragungsrechte: Für die WM 2018 in Russland zahlten ARD und ZDF 218 Millionen Euro.
Zur detaillierten Fassung

Hans-Georg „Katsche“ Schwarzenbeck hat im Fußball alles erreicht: Europameister 1972, Weltmeister 1974, dreimal gewann er den Europapokal der Landesmeister mit dem FC Bayern München, dazu sechs deutsche Meisterschaften und drei DFB-Pokale.

Ausgesorgt hatte er nach seiner Karriere dennoch nicht, denn das große Geld gab es in den 1970ern im Fußball nicht – Schwarzenbeck leitete nach seinem Abgang einen Schreibwarenladen und verdiente sich so seine Brötchen.

Heutzutage ist das Bild ein völlig anderes. Fußball ist zu einem Multimillionengeschäft geworden. Spieler, die bei Weitem nicht die sportliche Vita von Schwarzenbeck vorweisen, bekommen von ihrem Verein ein siebenstelliges Jahressalär. Die Topstars der Bundesliga liegen mit ihrem Gehalt jenseits der 10-Millionen-Euro-Grenze.

Auch wenn zuvor schon Millionensummen für Verwertungsrechte gezahlt wurden, lässt sich die rasante Entwicklung im Fußball seit den 1990er Jahren mit einem ganz konkreten Ereignis verbinden:

Im Jahr 1992 spalteten sich in England fünf große Vereine von der Football League ab und gründeten die Premier League.

Dem Vorbild von Manchester United, Tottenham Hotspur, dem FC Liverpool, dem FC Arsenal und dem FC Everton folgten weitere Klubs. Der Pay-TV-Sender Sky erwarb damals die Fernsehrechte an der neuen Liga, wodurch die Vereine plötzlich deutlich mehr Geld zur Verfügung hatten. Der Sender profitierte im Gegenzug durch stark wachsende Abo-Zahlen. Diese Synergie bildete die Blaupause für die Kommerzialisierung des Fußballs.

Fußball ist heutzutage ein Multimillionengeschäft. Entscheidender Schritt hin zur Kommerzialisierung war die Gründung der englischen Premier League 1992.

Mittlerweile sind in vielen Staaten gewaltige Summen im Umlauf: Für die Übertragungsrechte der Premier League von 2016 bis 2019 zahlten die Fernsehsender in England zusammen umgerechnet 6,9 Milliarden Euro. Außerdem haben Oligarchen wie Chelsea-Besitzer Roman Abramowitsch oder Scheichs wie Nasser Al-Khelaifi, Besitzer von Paris Saint-Germain, mit hohen Transfer- und Gehaltsausgaben zusätzlich Geld in den Markt gepumpt.

Sendungen mit den höchsten Einschaltquoten in Deutschland im Jahr 2016 Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Die Bundesliga hängt finanziell ein Stück zurück. Hauptgrund ist die in Deutschland geltende 50+1-Regel. Sie besagt, dass kein Investor mehr als 49 Prozent der Anteile eines Clubs innehaben darf. Dennoch:

Die Vereine der Ersten und Zweiten Bundesliga machten in der Saison 2016/17 einen Umsatz von mehr als 4 Milliarden Euro.

Auch wenn ein Teil der Fans die wachsende Kommerzialisierung kritisch sieht, tut sie der weltweiten Beliebtheit des Sports keinen Abbruch. Das gilt nicht nur auf Vereinsebene, sondern auch für die Nationalmannschaften.

Fußball zieht Millionen vor die Fernseher

In Deutschland führen Übertragungen der DFB-Elf regelmäßig die Liste der meistgesehenen Sendungen an (Grafik):

Knapp 30 Millionen Menschen sahen im Juli 2016 das EM-Halbfinale zwischen Deutschland und Frankreich.

Viele weitere Spiele der Europameisterschaft – auch ohne deutsche Beteiligung – landeten ebenfalls in der Spitzengruppe. Erfolgreichste Nicht-Sportsendung war übrigens ein Münsteraner Tatort – mit lediglich 13,3 Millionen Zuschauern.

Da die sportlichen Großereignisse ein breites Publikum erreichen, sind die Übertragungsrechte für TV-Anstalten besonders interessant. Der Weltfußballverband FIFA beziffert die Zuschauerzahl beim WM-Finale 2014 auf eine Milliarde. Entsprechend lässt er sich nach dem Grundprinzip von Angebot und Nachfrage ordentlich entlohnen (Grafik):

ARD und ZDF zahlen für die Übertragungsrechte der WM in Russland 218 Millionen Euro.

Ausgaben von ARD und ZDF für die Übertragungsrechte der Fußball-Weltmeisterschaften seit 2006 Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Die Kosten sind aber nicht nur für die Fernsehanstalten hoch, auch die Ausrichtung einer EM oder WM verschlingt viel Geld. Gastgeber Russland hat mehr als 10 Milliarden Euro in den Neu- und Umbau der Stadien sowie in die Infrastruktur investiert. Eine WM muss sich ein Land also auch leisten können.

Die Dominanz und Glorifizierung des Fußballs wirkt inzwischen weit über den Sport hinaus. So sponsern Unternehmen die Vereine mit Millionen, um vom starken Image des Fußballs zu profitieren. Auf diese Weise lassen sich positive Assoziationen wecken: Das Münchener Stadion sagt nicht jedem etwas, die Allianz-
Arena dagegen schon.

Auch Politiker nutzen den Fußball gern und oft, um Sympathie und Rückhalt in der Bevölkerung zu erhalten. Berühmt ist zum Beispiel der Kabinenbesuch von Angela Merkel beim DFB-Team bei der WM 2010. Oder aktuell der Fototermin des türkischen Präsidenten Erdogan mit den türkischstämmigen Nationalspielern Gündogan und Özil, der hierzulande für viel Kritik sorgte.

In Panama erklärte Präsident Juan Carlos Varela im vergangenen Jahr den 11. Oktober sogar zum Nationalfeiertag – es war der Tag nach der erstmaligen WM-Qualifikation seines Landes.

 

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