Interview Lesezeit 2 Min.

„Ost? West? Das sind bloß Himmelsrichtungen“

Händedesinfektion gehört in Corona-Zeiten längst zum Alltag. Aber machen wir das auch richtig? Das Start-up „Heyfair“ aus Jena, Thüringen, hat ein Produkt entwickelt, mit dem Fehler bei der Händehygiene sichtbar werden. Die Gründer Robert Hellmundt und Alexander Döpel über pinke Hände und ihre ostdeutsche Herkunft.

Kernaussagen in Kürze:
  • Robert Hellmundt und Alexander Döpel haben ihr Start-up in Jena gegründet.
  • Thüringen sei ein gutes Bundesland, um ein Unternehmen zu gründen. Das liege an den vielen Hochschulen, die Spitzenforschung betreiben und Leute hervorragend ausbilden, sagen sie.
  • Die Gründer kritisieren aber, dass es noch zu wenige Großkonzerne mit ostdeutschen Stammsitzen gibt.
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Wie würden Sie Ihre Produktidee in 30 Sekunden zusammenfassen?

Döpel: Unser Desinfektionsmittel für die Hände macht Hygienefehler sichtbar, indem es korrekt gereinigte Stellen kurzzeitig pink einfärbt. So kann man sofort erkennen, ob man sich die Hände richtig desinfiziert oder Hautpartien ausgelassen hat.

Und für ein solches Produkt gibt es einen Markt?

Hellmundt: Unsere Zielgruppe sind professionelle Anwender in Kliniken, Altenpflegeeinrichtungen, Hilfsorganisationen oder Arztpraxen.

Thüringen ist ein gutes Bundesland, um ein Unternehmen zu gründen. Das liegt an den vielen Hochschulen, die Spitzenforschung betreiben und Leute hervorragend ausbilden.

Dort arbeiten Profis. Die sollten doch eigentlich wissen, wie man sich die Hände desinfiziert …

Döpel: Ein Blick auf die Zahlen der Krankenhausinfektionen beweist leider das Gegenteil.

Ist das Produkt denn schon auf dem Markt?

Hellmundt: Noch ist es ein Prototyp, Anfang 2022 peilen wir eine Pilotphase in Kliniken an. Bereits im Markt sind wir mit „SteriCoach“, einem Schulungsprodukt, mit dem korrektes Desinfizieren trainiert werden kann. Und mit „SoapiCoach“, einem Trainingsprodukt für richtiges Händewaschen, haben wir gerade eine Kooperation mit dem Klinikkonzern Asklepios gestartet.

Start-ups wie Heyfair vermutet man eher in den typischen Gründerhochburgen, also beispielsweise in Berlin oder München. Sie haben bewusst in Jena gegründet. Warum?

Robert Hellmundt und Alexander Döpel haben gemeinsam das Start-up "Heyfair" gegründet; Foto: IW Medien Hellmundt: Thüringen ist ein gutes Bundesland, um ein Unternehmen zu gründen. Das liegt an den vielen Hochschulen, die Spitzenforschung betreiben und Leute hervorragend ausbilden, sodass ein Pool an potenziellen Mitarbeitern vorhanden ist. Hier passiert einfach viel, das junge Leute den Mut fassen lässt, eigenen Ideen nachzugehen. Es gibt viele Business Angels und Risikokapitalgeber, Wettbewerbe und Gründerveranstaltungen, auf denen man seine Ideen und Produkte präsentieren und Kontakte knüpfen kann.

Döpel: Wir haben uns das schon genau angesehen: Was bietet Berlin, was bietet München? Aber gepasst hat es hier in Jena für uns am besten, es gab keinen Grund woanders hinzugehen.

30 Jahre deutsche Einheit – welche Rolle spielt das Ost-West-Thema noch für Ihre Generation?

Hellmundt: Im Alltag? Keine. Ost, West, das sind bloß Himmelsrichtungen für mich.

Döpel: Als die DDR aufhörte zu existieren, war ich noch im Kindergarten. Thüringen ist meine Heimat, ja, aber Ost- und Westdeutschland, das ist mir zu kleines Karo. Ich begreife mich selbst viel eher als Europäer.

Hellmundt: Es ist auch nicht so, als würden wir schräg angesehen oder als Exoten bestaunt, weil wir ein Start-up mit Sitz in Thüringen sind.

Also alles eitel Sonnenschein in Ost wie West?

Döpel: Das vielleicht noch nicht. Ein Beispiel: Wir haben beide Kommunikationsdesign in Weimar an der Bauhaus-Universität studiert. Dort hatten wir nicht einen ostdeutschen Professor. Das fanden wir schon merkwürdig.

Hellmundt: Großkonzerne mit ostdeutschen Stammsitzen gibt es immer noch viel zu wenige. Und auch Spitzenmanager stammen noch viel zu selten aus Ostdeutschland. Woran auch immer das liegen mag.

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