Lohnpolitik Lesezeit 2 Min.

Mit einer Reform raus aus der Minijob-Falle?

Die Bundesregierung will die geringfügige Beschäftigung sowie den Einkommensbereich oberhalb der Minijob-Grenze neu regeln. Das soll Anreize reduzieren, in einem Minijob zu verharren.

Kernaussagen in Kürze:
  • Die Bundesregierung will die Minijob-Grenze anheben und flexibilisieren – künftig soll sie bei dem Betrag liegen, der sich bei einer Arbeitszeit von zehn Wochenstunden aus dem gegebenen Mindestlohn ergibt.
  • Indem die Sozialversicherungsbeiträge im Einkommensbereich oberhalb der Minijob-Grenze reformiert werden, sollen zudem Anreize reduziert werden, mit dem Einkommen unterhalb der Grenze zu verbleiben.
  • Für Arbeitgeber könnten Beschäftigungsverhältnisse im unteren Übergangsbereich allerdings an Attraktivität verlieren, da der Arbeitgeberbeitrag in diesem Bereich mit der Reform steigen soll.
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Beim aktuellen Mindestlohn von 9,82 Euro können Arbeitnehmer rund zehneinhalb Stunden in der Woche arbeiten, ohne damit die Geringfügigkeitsgrenze von 450 Euro monatlich zu überschreiten – mit einem Mindestlohn von 12 Euro, wie er zum 1. Oktober 2022 eingeführt werden soll, wären es nur noch etwas mehr als achteinhalb Stunden. Wer im Minijob-Segment bleiben will, müsste also seine Arbeitszeit reduzieren.

Aus diesem Grund will die Bundesregierung die Minijob-Grenze anheben und flexibilisieren. Künftig soll sie bei dem Betrag liegen, der sich bei einer Arbeitszeit von zehn Wochenstunden aus dem gegebenen Mindestlohn ergibt – bei 12 Euro wären das 120 Euro pro Woche oder rund 520 Euro im Monat. Stiege der Mindestlohn weiter, würde automatisch auch die Minijob-Grenze angehoben.

Indem sie die Sozialversicherungsbeiträge im Einkommensbereich oberhalb der Minijob-Grenze reformiert, will die Bundesregierung Anreize reduzieren, mit dem Einkommen unterhalb der Grenze zu verbleiben.

Zusätzlich sollen die Sozialversicherungsbeiträge im sogenannten Übergangsbereich neu geregelt werden. Das ist der Einkommensbereich oberhalb der Minijob-Grenze bis zu einem Einkomen von derzeit 1.300 Euro brutto, in dem die Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung ermäßigt sind („Midijobs“). Diese Grenze soll auf 1.600 Euro steigen, die Arbeitnehmerbeiträge gleichzeitig sinken.

Die Idee dahinter: Beim Überschreiten der Minijob-Grenze soll es keinen Nettoeinkommensverlust mehr geben. Denn im Status quo stecken geringfügig Beschäftigte bisweilen in der Minijob-Falle (Grafik):

Aktuell verdienen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mit 451 Euro Bruttoentgelt netto rund 47 Euro weniger als geringfügig Beschäftigte mit 450 Euro brutto.

So viele Euro netto im Monat verdienen Beschäftigte in Deutschland mit diesem Bruttoentgelt Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Das soll die Reform verhindern und so Anreize reduzieren, mit dem Einkommen unterhalb der Minijob-Grenze zu verbleiben. Im Gegenteil: Es kann sogar attraktiver werden, in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu wechseln, schließlich haben Arbeitnehmer in Midijobs schon bei geringen Beiträgen Anspruch auf die Leistungen der Sozialversicherung.

Risiken der Reform

Den Übergangsbereich auf bis zu 1.600 Euro auszuweiten, könnte allerdings unerwünschte Nebeneffekte mit sich bringen: Für Arbeitnehmer mit Gehältern knapp oberhalb der Grenze entsteht der Anreiz, ihre Arbeitszeit so zu reduzieren, dass sie noch in den Übergangsbereich fallen – dann würde ein Teil des geringeren Lohns durch die Ermäßigung des Sozialversicherungsbeitrags kompensiert.

Für Arbeitgeber verlieren zudem Beschäftigungsverhältnisse im unteren Übergangsbereich an Attraktivität, da der Arbeitgeberbeitrag in diesem Bereich mit der Reform steigen soll. Das könnte im schlechtesten Fall zu einer geringeren Arbeitskräftenachfrage führen.

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