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Der letzte Ausweg führt nach Norwegen

Nachdem das britische Parlament die Brexit-Vereinbarung mit der EU abgelehnt hat, gibt es offenbar nur noch eine realistische Alternative zu einem No-Deal-Szenario – das sogenannte Norwegen-Plus-Modell. Allerdings müssen dann beide Seiten Zugeständnisse machen.

Kernaussagen in Kürze:
  • Momentan sieht es so aus, als würde Großbritannien ohne ein Abkommen aus der EU austreten – eine Lösung, an der beide Seiten im Grunde kein Interesse haben.
  • Ein möglicher Ausweg aus der festgefahrenen Situation wäre das sogenannte Norwegen-Plus-Modell: Die Briten könnten dadurch künftig zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gehören.
  • Um dieses Modell umsetzen zu können, müssten allerdings beide Seiten Zugeständnisse machen.
Zur detaillierten Fassung

Obwohl sich die Brexit-Befürworter vor allem wirtschaftliche Vorteile von einem EU-Austritt Großbritanniens versprochen haben, diktiert eine politische Frage die Verhandlungen mit der EU: Es geht darum, ob es zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem – nach dem Brexit – Nicht-EU-Mitglied Nordirland eine harte Grenze gibt oder nicht.

Diese wäre nach dem Austritt nötig, um den Binnenmarkt vor Zollbetrug und Schmuggel zu schützen. Nur: Weder Großbritannien noch die EU wollen diese Grenze, denn sie könnte den fragilen Frieden auf der Grünen Insel ernsthaft gefährden.

Weil das britische Parlament bisher leider nur gesagt hat, was es nicht will, läuft derzeit alles auf einen No-Deal-Brexit hinaus – obwohl auch das weder Großbritannien noch die EU wollen. Auch die deutschen Unternehmen sehen Zöllen und anderen Folgen eines harten Brexits mit Sorge entgegen (Grafik):

Rund drei Viertel der Unternehmen in Deutschland fürchten, dass ihre Exporte nach Großbritannien bei einem harten Brexit „stark negativ“ oder „eher negativ“ betroffen wären.

Diese Auswirkungen auf Exporte sowie Beschäftigung und Produktion erwarten deutsche Unternehmen, wenn es einen harten Brexit gibt Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Ein möglicher Ausweg aus der festgefahrenen Situation wäre das sogenannte Norwegen-Plus-Modell: Wie die Isländer und Norweger könnten die Briten künftig zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gehören. Damit hätten sie weiterhin zollfreien Zugang zum Binnenmarkt, müssten allerdings die Freizügigkeit für EU-Arbeitnehmer beibehalten.

Das Norwegen-Plus-Modell könnte den drohenden No-Deal-Brexit abwenden. Dazu müssten aber sowohl das Vereinigte Königreich als auch die EU Zugeständnisse machen.

EWR-Mitglieder können zwar Freihandelsabkommen abschließen, das aber macht Kontrollen an den EU-Grenzen nötig. Hier kommt das „Plus“ im Norwegen-Modell ins Spiel: Großbritannien hätte nicht nur Zugang zum Binnenmarkt, sondern bliebe auch in der Zollunion, sodass es an der nordirischen Grenze keine Zollkontrollen gäbe.

Allerdings dürften die Briten als Mitglied einer Zollunion keine eigenen Freihandelsabkommen schließen. Wenn die EU den Briten ein bisschen entgegenkommen will, könnte sie ihnen zusagen, bei künftigen Verhandlungen über solche Abkommen die Interessen des Königreichs zu berücksichtigen.

Zunächst sollte Brüssel jedoch abwarten, was das britische Parlament macht. Da sich die Briten aber offenbar nur unter dem Druck eines drohenden No-Deal-Ausstiegs zu einer Entscheidung durchringen können, darf jetzt keine Verlängerung der Verhandlungen in Aussicht gestellt werden. Auch in der Grenzfrage sollte die EU nicht nachgeben.

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