Der Informationsdienst
des Instituts der deutschen Wirtschaft

Der Informationsdienst
des Instituts der deutschen Wirtschaft

Unternehmen Lesezeit 3 Min.

Betriebszugehörigkeit: Lange im Betrieb

Deutschlands Beschäftigte arbeiten oft viele Jahre für denselben Arbeitgeber. Allerdings haben einige Faktoren einen erheblichen Einfluss darauf, wie lange die Treue zur Firma im Durchschnitt hält.

Kernaussagen in Kürze:
  • Knapp elf Jahre sind Arbeitnehmer in Deutschland beim selben Arbeitgeber tätig, seit 25 Jahren hat sich an diesem Durchschnitt wenig geändert.
  • Die Betriebszugehörigkeit hängt allerdings stark von der Betriebsgröße sowie der Branche und der Qualifikation der Mitarbeiter ab.
  • Durch Corona dürfte sich die Dauer der Betriebszugehörigkeit noch einmal erhöht haben.
Zur detaillierten Fassung

Kaum Festangestellte, immer weniger stabile Beschäftigungsverhältnisse und Arbeitnehmer, die wie Nomaden von Unternehmen zu Unternehmen ziehen müssen, um ihre Familien überhaupt irgendwie über die Runden zu bringen: Mit der Realität hat all das in Deutschland nichts zu tun – selbst wenn dieses Bild des deutschen Arbeitsmarktes immer wieder von einigen Interessengruppen und Medien gezeichnet wird.

In Wahrheit befindet sich die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit hierzulande seit vielen Jahren auf einem gleichbleibend hohen Niveau. Das belegen die Daten des Sozio-oekonomischen Panels, für das alljährlich rund 30.000 Personen repräsentativ befragt werden (Grafik):

Die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit in Deutschland betrug 2019 knapp elf Jahre und lag damit auf fast demselben Niveau wie 25 Jahre zuvor.

Durchschnittliche Betriebszugehörigkeit von Beschäftigten in ausgewählten Branchen in Jahren Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Zwischenzeitlich war der Wert zwar bis auf 11,5 Jahre geklettert, doch der Rückgang am aktuellen Rand hat erfreuliche Gründe: Bis zur Corona-Pandemie brummte der deutsche Arbeitsmarkt, die Erwerbstätigenquote legte kontinuierlich zu und die vielen neuen Beschäftigten drückten den Schnitt bei der Betriebszugehörigkeit – ein rein statistischer Effekt.

Knapp elf Jahre waren Beschäftigte 2019 in Deutschland beim selben Arbeitgeber beschäftigt, die Unterschiede zwischen einzelnen Branchen sind allerdings groß.

Dessen ungeachtet ist die Betriebszugehörigkeit von verschiedenen Faktoren abhängig:

Branche. Die Beschäftigungsdauer in Deutschland unterscheidet sich von Branche zu Branche erheblich. Mit einer durchschnittlichen Zugehörigkeit von 17,5 Jahren sind Mitarbeiter des Kredit- und Versicherungswesens besonders treue Angestellte, dicht gefolgt von Beschäftigten der öffentlichen Verwaltung und der Sozialversicherungen, die ihrem Arbeitgeber im Mittel 16,4 Jahre die Treue halten. Am anderen Ende des Rankings findet sich das Gastgewerbe. Hier hielten Angestellte 2019 im Schnitt nur etwas mehr als fünf Jahre beim selben Arbeitgeber durch.

Große Firma, lange Treue

Unternehmensgröße. Je größer die Firma, desto länger bleiben die Angestellten an Bord (Grafik):

In Firmen mit weniger als 20 Mitarbeitern lag die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit bei rund acht Jahren. In Firmen mit mehr als 2.000 Angestellten waren es fast 13 Jahre.

So viele Jahre arbeiteten Beschäftigte im Jahr 2019 im Durchschnitt bereits bei derselben Firma Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Erklärt werden können diese Größenunterschiede unter anderem damit, dass kleine Firmen oftmals Start-ups sind, die einfach noch nicht besonders lange existieren. Großkonzerne gibt es dagegen meist schon viele Jahre – und sie bieten intern oft erhebliches Entwicklungspotenzial.

Qualifikation. Setzt man das Qualifikationsniveau ins Verhältnis zur durchschnittlichen Betriebszugehörigkeit, zeigt sich ein auf den ersten Blick überraschender Befund (Grafik):

Personen mit mittlerer Qualifikation wie Fachschul- oder Meisterabschluss bleiben mit über 14 Jahren am längsten in einem Unternehmen.

So viele Jahre waren Mitarbeiter mit dieser Qualifikation im Jahr 2019 durchschnittlich bei demselben Unternehmen tätig Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Jene ohne Abschluss wechseln am häufigsten, was sich damit erklären lässt, dass sie von Konjunkturschwankungen am stärksten betroffen sind.

Auch Akademiker wechseln oft

Doch auch Universitätsabsolventen am anderen Ende der Skala kommen im Schnitt auf weniger als neun Jahre in einem Unternehmen. Das liegt unter anderem an den vielen befristeten Stellen im Wissenschaftsbetrieb, aber auch daran, dass Hochqualifizierte durch die langwierige Ausbildung schlicht weniger Berufsjahre zur Verfügung haben als andere Personengruppen.

Im europäischen Kontext ist Deutschland übrigens relativ unauffällig, wie aus Zahlen der OECD für 2020 hervorgeht (Grafik):

Während die Betriebszugehörigkeit in den nordeuropäischen Staaten tendenziell kürzer ist und in den südeuropäischen Staaten etwas länger, liegt Deutschland mit Frankreich nah am europäischen Durchschnitt von elf Jahren.

Durchschnittliche Betriebszugehörigkeit von Beschäftigten in Jahren in ausgewählten EU-Staaten im Jahr 2020 Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Warum Corona die Betriebszugehörigkeit erhöht

Infolge der Corona-Pandemie dürften die Durchschnittswerte bei der Betriebszugehörigkeit vorerst eher steigen als sinken – und zwar aus drei Gründen:

1. Arbeitnehmer wechseln in Krisen seltener den Job als in wirtschaftlich guten Zeiten.

2. Wenn Firmen Mitarbeiter entlassen müssen, trifft es häufig zuerst jene, die noch nicht lange dabei sind.

3. In der Krise gibt es vielerorts weniger Einstellungen, die den Durchschnittswert reduzieren.

Auch das Kurzarbeitergeld in Deutschland und anderen EU-Staaten war und ist darauf ausgelegt, Mitarbeiter in den Betrieben zu halten. Und viele Firmen in Deutschland tun ohnehin alles in ihrer Macht Stehende, um zu verhindern, dass ihnen die angesichts des demografischen Wandels knappen Fachkräfte verloren gehen.

Das könnte Sie auch interessieren

Meistgelesene