Energieversorgung Lesezeit 3 Min.

„Flüssiggasimporte sind derzeit die beste Möglichkeit, russisches Gas zu ersetzen“

Mitte April hat das Bundesfinanzministerium bis zu ​3 Milliarden Euro dafür freigegeben, schwimmende Flüssiggasterminals für Deutschland zu chartern. IW-Energieexperte Malte Küper erklärt, inwiefern diese kurzfristig wirklich helfen können, Deutschland von russischem Erdgas unabhängig zu machen.

Kernaussagen in Kürze:
  • Flüssiggasimporte sind derzeit die beste Möglichkeit, russisches Gas zu ersetzen, meint IW-Energieexperte Malte Küper.
  • Zwar wird Fracking in Deutschland nach wie vor kategorisch abgelehnt – trotzdem ist Deutschland, nach Meinung des Ökonom, auf Frackinggas aus den USA angewiesen, um schnellstmöglich von russischer Energie unabhängig zu werden.
  • Die Politik müsse dennoch auch den Ausbau von Wind- und Solaranlagen, Wasserstofferzeugung und elektrische Wärmepumpen energisch vorantreiben.
Zur detaillierten Fassung

Kann Deutschland mit schwimmenden LNG-Terminals die Abhängigkeit von russischem Gas reduzieren?

Ja. Flüssiggasimporte sind derzeit die beste Möglichkeit, russisches Gas zu ersetzen. Da Länder wie Norwegen bereits bei hoher Auslastung liefern und in den Niederlanden in diesem Jahr die Gasförderung enden soll, konzentrieren sich die europäischen Bemühungen gerade besonders auf LNG. Deutschland hat bisher jedoch kein eigenes Terminal und stationäre Flüssiggasterminals werden erst in einigen Jahren einsatzbereit sein: Brunsbüttel soll 2026 in Betrieb gehen, die Standorte Wilhelmshaven und Stade sind noch in der Diskussion. Deshalb sind die mobilen Varianten so wichtig.

Im Interview: IW-Energieexperte Malte Küper; Foto: IW Medien Was ist das zentrale Problem, vor dem Deutschland mit Blick auf die Gasversorgung aktuell steht?

Das Szenario eines Lieferstopps steht weiterhin im Raum. Sollte es dazu kommen, bräuchten wir sofort Ersatz für das russische Gas. Um es deutlich zu sagen: Die Gasversorgung für den nächsten Winter wäre dann nicht gesichert, auch wenn private Haushalte sich zunächst als „geschützte Kunden“ weniger Sorgen machen müssten. Betroffen wäre vor allem die Industrie. Da sind die schwimmenden LNG-Terminals die schnellste Lösung – auch wenn es diese nicht wie Sand am Meer gibt.

Es stimmt: Während Fracking in Deutschland bisher kategorisch abgelehnt wird, sind wir jetzt auf Frackinggas aus den USA angewiesen, um schnellstmöglich von russischer Energie unabhängig zu werden.

Dass wir aber nicht nur auf mobile Terminals setzen, ist ebenfalls verständlich und ein klares Signal an Länder wie die USA oder Katar. Wenn wir in Europa mehr LNG aus diesen Ländern importieren wollen, muss es sich für die dortigen Produzenten auch lohnen, in neue Anlagen zu investieren.

LNG ist letztlich auch Erdgas und wird in Ländern wie den USA oft mittels Fracking gefördert, eine höchst umstrittene Methode. Haben wir den Umwelt- und Klimaschutz aus dem Blick verloren?

Es stimmt: Während Fracking in Deutschland bisher kategorisch abgelehnt wird, sind wir jetzt auf Frackinggas aus den USA angewiesen, um schnellstmöglich von russischer Energie unabhängig zu werden. Hinzu kommt, dass LNG aufgrund der Umwandlung und des Transports im Vergleich zum Pipelinegas in der Regel höhere Emissionen verursacht. Aber welche Alternativen hätten wir, um nicht in eine Unterversorgung zu geraten?

Auf lange Sicht brauchen wir aber ohnehin Maßnahmen, die uns unabhängig machen von fossilen Energieträgern. Es hindert uns also trotz der benötigten LNG-Terminals niemand daran, Wind- und Solaranlagen, Wasserstofferzeugung und elektrische Wärmepumpen umso energischer auszubauen – das „Osterpaket“ der Bundesregierung geht in die richtige Richtung.

Ist es richtig, dass die Bundesregierung so viel Geld ausgibt, um die Folgen der hohen Energiepreise abzumildern? So nimmt sie doch den Druck, individuelles Verhalten anzupassen, zum Beispiel weniger Auto zu fahren.

Gerade einkommensschwache Haushalte, die besonders unter den hohen Kosten leiden und häufig keine Alternativen haben, sollten entlastet werden. Auch Härtefälle bei Unternehmen, die sich aufgrund der aktuellen Preise in ihrer Existenz gefährdet sehen, sollten nicht ignoriert werden.

Grundsätzlich verdeutlichen die hohen Preise aber die derzeitige Knappheit von Gas und Öl und der Verbrauch sollte in der jetzigen Situation natürlich nicht zusätzlich angereizt werden. Staatliche Hilfen sollten daher temporär und besser gezielt als mit der Gießkanne beschlossen werden.

Das könnte Sie auch interessieren

Meistgelesene