Interview: „Eine Flat Tax bietet viele Vorteile“
Erbe und Schenkungen werden in Deutschland progressiv besteuert. Wie hoch die Abgaben sind, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Warum ein für alle einheitlicher Steuersatz eine bessere Lösung wäre, erläutert Martin Beznoska, Senior Economist für Finanz- und Steuerpolitik im Institut der deutschen Wirtschaft.
- Obwohl die Einnahmen aus der Erbschaftsteuer im Vergleich zu anderen Steuerarten eher unbedeutend sind, ist der bürokratische Aufwand sehr hoch.
- IW-Steuerexperte Martin Beznoska schlägt deshalb einen für alle einheitlichen Steuersatz vor. Eine solche Flat Tax wäre unkompliziert, unbürokratisch und würde die Finanzämter entlasten.
- Auch mit Blick auf Betriebsvermögen würde Beznoska eine Flat Tax begrüßen. Sie böte mehr Transparenz und gleichzeitig mehr Sicherheit für die Erblasser.
Über die Erbschaft- und Schenkungsteuer wird seit Jahren immer wieder diskutiert. Warum?
Die Debatte um diese Steuer ist emotional enorm aufgeladen. Viele finden es ungerecht, wenn Erbende leistungslos Vermögen erhalten, und fordern noch höhere Steuersätze. Vererbende haben aber natürlich ein großes Interesse daran, möglichst viel ihres über die Jahre verdienten – und damit bereits besteuerten – Vermögens in der Familie zu halten.
In diesem Spannungsfeld ist die aktuelle Erbschaft- und Schenkungsteuer der kleinste gemeinsame Nenner – mit jeweils an die Höhe des vererbten Vermögens und den Verwandtschaftsgrad gekoppelten Freibeträgen und Steuersätzen.
Ein Problem der gesetzlichen Ausgestaltung ist die kalte Progression. Mit starr festgesetzten Freibeträgen und Grenzen für die Steuersätze steigt die reale Steuerlast für die Bürger mit der Inflation. Um mehr Einnahmen zu generieren, vergisst die Politik das aber gerne. Damit die ursprünglich angedachte Steuerlast gleich bleibt, müssten die Grenzen regelmäßig an die Preisentwicklung angepasst oder direkt dynamisch daran gekoppelt werden.
Wäre es darüber hinaus nicht gerechter, wenn alle Erben in gleichem Maße besteuert würden – unabhängig vom Verwandtschaftsverhältnis?
Die Orientierung am Verwandtschaftsgrad ist historisch gewachsen und sagt natürlich nicht zwingend etwas darüber aus, wie nahe jemand einer Person steht. Grundsätzlich spricht deshalb nichts gegen einen einheitlichen Steuersatz für alle, eine sogenannte Flat Tax. Das würde auch der Kontroverse um die Steuer Wind aus den Segeln nehmen und die Akzeptanz in der Gesellschaft erhöhen.
Eine Flat Tax wäre unkompliziert, unbürokratisch und würde die Finanzämter entlasten.
Zudem ist aktuell der bürokratische Aufwand sowohl für die Vererbenden als auch für die Finanzämter hoch, obwohl die Einnahmen aus der Erbschaftsteuer im Vergleich zu anderen Steuerarten eher unbedeutend sind. Eine Flat Tax von beispielsweise 10 Prozent wäre unkompliziert, unbürokratisch und würde die Finanzämter entlasten.
Vererbtes Betriebsvermögen kann unter bestimmten Auflagen um bis zu 100 Prozent von der Steuer verschont werden. Wird hier gegenüber Privatvermögen mit zweierlei Maß gemessen?
Wenn Betriebsvermögen zu stark besteuert werden, können schnell Arbeitsplätze verloren gehen. Im schlimmsten Fall müssen Betriebe sogar dichtmachen. Das führt gesamtwirtschaftlich zu Wertschöpfungsverlust und kann nicht gewollt sein. Vor allem für den Fortbestand von regional verankerten Familienunternehmen sind Verschonungsmöglichkeiten wichtig und richtig.
Aber: Diese Regelungen sind kompliziert und die Auflagen relativ hart. Die Coronapandemie hat gezeigt, wie schwer es für Unternehmen ist, in einer mehrjährigen Krise etwa die Bedingung der konstanten Lohnsumme aufrechtzuerhalten. Deswegen wäre eine Flat Tax auch mit Blick auf Betriebsvermögen wünschenswert. Sie böte mehr Transparenz und gleichzeitig mehr Sicherheit für die Erblasser, die sich so keine Sorgen machen müssten, dass unter Umständen nachträglich Steuern auf ihr Erbe anfallen. Ein pauschaler Freibetrag für Betriebsvermögen – der sich zum Beispiel nach der Zahl der Beschäftigten richtet – sollte trotzdem beibehalten werden, um den Weiterbetrieb kleiner und mittelgroßer Unternehmen nicht zu gefährden.