Video-on-Demand Lesezeit 3 Min.

Immer mehr Streaming-Fans

Auch aufgrund der Ausgangsbeschränkungen infolge der Corona-Pandemie entwickelt sich der Streaming-Markt derzeit sehr dynamisch. Das Institut der deutschen Wirtschaft hat fünf Zukunftstrends für Video-on-Demand identifiziert.

Kernaussagen in Kürze:
  • Das Streamen von Videoinhalten wird immer beliebter, der entsprechende Markt ist hart umkämpft.
  • Für 2020 wird Online-Streaming-Angeboten mit gut 2,4 Milliarden Euro ein Anteil von nahezu 79 Prozent am Gesamtumsatz des Heimvideomarktes prognostiziert.
  • Das Institut der deutschen Wirtschaft hat fünf Zukunftstrends für Video-on-Demand identifiziert, unter anderem, dass vor allem immer mehr ältere Konsumenten Streaming nutzen werden.
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„Die besten Geschichten der Welt. Alle unter einem Dach.“ Mit diesen Worten wirbt Disney+, der neue Streaming-Dienst der Walt Disney Company, auf seiner Internetseite um neue Abonnenten. Mit dem im März 2020 in Deutschland gestarteten Angebot tritt Disney in den hart umkämpften Markt des Video-on-Demand (kurz VoD oder oft einfach nur Streaming genannt) ein.

In den letzten Jahren erfreut sich das Streaming einer immer größeren Beliebtheit, wie Umfragen von Eurostat zeigen (Grafik):

Rund 61 Prozent der befragten 16- bis 74-jährigen EU-Bürger streamten 2018 Videoinhalte online – zwei Jahre zuvor waren es noch 5 Prozentpunkte weniger. So viel Prozent der 16- bis 74-Jährigen schauten im Jahr 2016 bzw. 2018 Videos oder Fernsehsendungen über das Internet Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

In Deutschland stieg der Anteil der Streaming-Fans im gleichen Zeitraum von 62 auf 68 Prozent.

Betrachtet man den gesamten Heimvideomarkt, zu dem auch der Kauf oder Verleih von Filmen und Serien in physischer Form gezählt werden, verdrängt das Streaming zunehmend alle anderen Vertriebsformen (Grafik):

Im Jahr 2018 vereinten Online-Streaming-Angebote 59 Prozent des Umsatzes im Heimvideomarkt auf sich, für 2020 wird mit gut 2,4 Milliarden Euro ein Anteil von nahezu 79 Prozent prognostiziert.

Umsätze in Millionen Euro Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

In dieser Prognose noch gar nicht enthalten ist zudem der Corona-Effekt – schließlich haben viele Menschen zuletzt zwangsläufig mehr Zeit zu Hause verbracht (siehe: Medienkonsum boomt in Corona-Zeiten).

Auf der Basis dieser Entwicklungen hat das Institut der deutschen Wirtschaft fünf Zukunftstrends für Video-on-Demand identifiziert:

1. Die Beliebtheit von Streaming wird weiter zunehmen.

Während des Lockdowns waren Freizeiteinrichtungen weitgehend geschlossen, sodass sich die Konsumenten vermehrt mit VoD-Diensten die Zeit vertrieben haben. Darunter waren auch viele Menschen, die diese Angebote vorher noch gar nicht nutzten. Im ersten Quartal 2020 schlossen beispielsweise 15,8 Millionen Menschen ein neues Abonnement bei Netflix ab, fast doppelt so viele wie im vierten Quartal 2019. Diese Entwicklung wird verstärkt durch den zweiten Trend:

2. Die Verbreitung von Streaming-Modellen wird vor allem bei älteren Konsumenten zunehmen.

Derzeit gilt: Je älter eine Person, desto wahrscheinlicher ist, dass sie kein Abonnement bei einem Streaming-Dienst besitzt. Nur ein Viertel der 18- bis 24-Jährigen in Deutschland hat kein entsprechendes Abo, bei den Bundesbürgern ab 55 Jahren sind es zwei Drittel. Dieses noch recht unerschlossene Kundensegment birgt aber ein hohes Umsatzpotenzial, sodass Anbieter zunehmend mit entsprechend zugeschnittenen Angeboten locken werden.

3. Eine Monopolisierung des Streaming-Marktes wird ausbleiben.

Die Möglichkeit, mehrere Streaming-Abonnements gleichzeitig zu nutzen, trägt dazu bei, dass für den Gesamtmarkt keine Monopolisierung zu erwarten ist. So teilen sich zum Beispiel im US-Streaming-Markt mit Netflix, Amazon, YouTube und Hulu vier Unternehmen rund drei Viertel der Marktanteile, der Rest verteilt sich auf zahlreiche sonstige Anbieter. Zudem ist zu erwarten, dass die Wettbewerber sich über ihre Inhalte weiter voneinander differenzieren, wie es bei den Angeboten von Disney oder Apple bereits der Fall ist.

4. Video-on-Demand wird das klassische Fernsehen verändern.

Dass klassische Fernsehsender ihre Sendungen auch in Mediatheken zur Verfügung stellen, ist bereits üblich. Zunehmend wird dieses Angebot aber durch exklusive Online-Inhalte erweitert, wie es zum Beispiel die ProSiebenSat.1 Media mit ihrem Streaming-Dienst Joyn praktiziert. Dieses Verschmelzen von Fernsehinhalten mit Online-Formaten wird weiter zunehmen, mit einer vollständigen Verdrängung des klassischen Fernsehens ist auf absehbare Zeit allerdings nicht zu rechnen.

5. Die digitale Infrastruktur könnte sich als Flaschenhals erweisen und die weitere Verbreitung von Streaming-Angeboten verlangsamen.

Im Mobilfunkbereich hat sich die übertragene Datenmenge seit 2014 knapp verzehnfacht, im Festnetzsegment ist das Datenvolumen seitdem etwa um das Sechsfache gewachsen. Im gleichen Zeitraum sind die Investitionen in Telekommunikationssachanlagen jedoch nur von 7,4 auf 9,4 Milliarden Euro pro Jahr gestiegen. Die zunehmende Beliebtheit von Streaming-Angeboten stellt die Breitbandinfrastruktur somit vor Herausforderungen: Wenn immer mehr Konsumenten immer mehr Videos in hoher Qualität auch unterwegs sehen wollen, kann sie sich als Engpass erweisen.

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