Gesetzliche Rentenversicherung Lesezeit 2 Min.

Grundsicherung statt Grundrente

Die SPD will bei ihrer Respekt-Rente auf eine Bedürftigkeitsprüfung verzichten. Damit würden jedoch bis zu 80 Prozent der Rentenaufstockungen an Menschen gehen, die diese Zuschläge gar nicht nötig haben.

Kernaussagen in Kürze:
  • Die SPD will bei der von ihr geforderten Respekt-Rente auf eine Bedürftigkeitsprüfung verzichten.
  • Ohne eine Bedürftigkeitsprüfung würden im Fall der Respekt-Rente aber rund 80 Prozent der Aufstockungen an Rentner gehen, die gar nicht bedürftig sind.
  • Eine Möglichkeit, um der Lebensleistung Rechnung zu tragen, wäre ein Freibetrag im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung.
Zur detaillierten Fassung

Die Lebensleistung der Menschen würdigen und zugleich die Altersarmut bekämpfen – das sind die Ziele aller Rentenreformen, die derzeit diskutiert werden. Das grundsätzliche Problem dabei ist: Während die gesetzliche Rente nur eine von mehreren persönlichen Einkommensquellen im Alter ist, müssen bei der Frage „Arm oder nicht arm?“ alle Einkommensquellen eines Haushalts berücksichtigt werden.

Wenn also jemand allein aufgrund seiner niedrigen gesetzlichen Rente als unterstützungswürdig erscheint, gleichzeitig aber durch zusätzliche Einkommen oder Vermögen hinreichend versorgt ist, droht eine Aufstockung ohne Bedürftigkeitsprüfung ein Loch zu stopfen, das es gar nicht gibt.

Knackpunkt Bedürftigkeit

Die Respekt-Rente von Sozialminister Hubertus Heil (SPD) ist so ein Fall. Sie soll gesetzlich Versicherten mit mindestens 35 Beitragsjahren eine Aufstockung gewähren, sofern ihre Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) zuvor deutlich unterdurchschnittlich waren. Die Crux dabei: Heil will diesen Zuschlag ohne Bedürftigkeitsprüfung gewähren.

Was das für die Zahl der vermeintlich Bedürftigen bedeuten würde, hat das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) einmal für das Jahr 2016 durchgerechnet (Grafik):

Wird allein die gesetzliche Rente herangezogen und keine Mindestbeitragszeit vorgegeben, erscheinen fast 47 Prozent aller GRV-Rentner unterstützungsbedürftig; werden alle persönlichen Einkommen einbezogen, sind es noch 22 Prozent – und wird zudem der Haushaltskontext berücksichtigt, bleiben nur noch rund 9 Prozent.

Anteil der Rentner, die im Jahr 2016 ein Alterseinkommen unterhalb der Bedürftigkeitsschwelle hatten Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Ohne eine Bedürftigkeitsprüfung würden also rund 80 Prozent der Aufstockungen an Rentner gehen, die gar nicht bedürftig sind – die Vermögensverhältnisse noch nicht mitgerechnet. Deutlich weniger Rentner würden profitieren, wenn, wie von Heil geplant, der Respekt-Zuschlag erst ab 35 Beitragsjahren gezahlt wird. Deshalb hilft das Konzept aber denen nicht, die es besonders nötig haben.

Ohne eine Bedürftigkeitsprüfung würde die Respekt-Rente von Sozialminister Hubertus Heil (SPD) hauptsächlich Rentner unterstützen, die gar nicht bedürftig sind.

Ein Freibetrag im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung von zum Beispiel monatlich 200 Euro könnte der Lebensleistung eher Rechnung tragen. Dieses Geld dürfen die Betroffenen neben der allgemeinen Grundsicherung vom eigenen Einkommen behalten. Damit würden fast 99 Prozent der ursprünglich als unterstützungsbedürftig definierten Ruheständler bessergestellt.

Durch den Rost fallen damit aber immer noch jene, die aus Scham den Gang zum Amt scheuen. Statt an der Rentenschraube zu drehen, sollte der Gesetzgeber sein Augenmerk also eher darauf richten, die Prüfung so zu gestalten, dass sie als weniger beschämend empfunden wird.

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