Fremdpersonal als Schub für die Digitalisierung
In rund jedem vierten Unternehmen in Deutschland waren im Jahr 2021 Solo-Selbständige oder Werkvertragsmitarbeiter von anderen Firmen tätig. Die Unternehmen profitieren vor allem davon, dass das Fremdpersonal schnell für kurzfristig anfallende Aufgaben verfügbar ist. Zudem bringen die Externen oft spezielles Know-how mit – nicht zuletzt im Bereich digitaler Technologien.
- Gut ein Viertel der vom IW befragten Unternehmen setzte im Jahr 2021 Solo-Selbstständige, freie Mitarbeiter und/oder Werkvertragsmitarbeiter aus Fremdfirmen ein.
- Mehr als drei Viertel der Unternehmen, die Solo-Selbstständige beschäftigten, taten das, weil sie vorübergehend zusätzliche Mitarbeiter benötigten und dieses Fremdpersonal schnell verfügbar war.
- Die Unternehmen setzen das Fremdpersonal unter anderem im IT-Bereich ein, etwa um KI-Systeme einzuführen oder Cloud-Services zu implementieren.
Wenn in der Wissenschaft oder den Medien über Solo-Selbstständige gesprochen wird, geht es meistens um ihren Status im Arbeitsleben – unter anderem beim Thema Scheinselbstständigkeit – oder ihre soziale Absicherung, zum Beispiel mit Blick auf die Rente. Eine andere relevante Frage wird dagegen selten erörtert: Welchen Beitrag leisten diese und ähnliche Erwerbsformen zum wirtschaftlichen Fortschritt in Deutschland?
Um hier ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen, hat das Institut der deutschen Wirtschaft im Rahmen des IW-Personalpanels die Unternehmen in Deutschland zu ihrem Einsatz von Fremdpersonal befragt. Ein erster Blick auf die Ergebnisse zeigt, dass externe Arbeitskräfte in den hiesigen Betrieben gern gesehen sind (Grafik):
Insgesamt setzte gut ein Viertel der befragten Unternehmen im Jahr 2021 Solo-Selbstständige, freie Mitarbeiter und/oder Werkvertragsmitarbeiter aus Fremdfirmen ein.
Allein mehr als 20 Prozent der Firmen holten sich Solo-Selbstständige und freie Mitarbeiter auf Werk- und Dienstvertragsbasis ins Haus. Von den Unternehmen mit mindestens 250 Beschäftigten taten dies sogar fast 38 Prozent.
Gut ein Viertel der Unternehmen in Deutschland setzte im Jahr 2021 Solo-Selbstständige, freie Mitarbeiter und/oder Werkvertragsmitarbeiter aus Fremdfirmen ein.
Diese Zahlen einzuordnen, ist mangels früherer Vergleichswerte nicht einfach, bezieht sich die Befragung doch auf das Jahr 2021 – also ein stark von der Coronapandemie geprägtes Jahr, in dem viele wirtschaftliche Aktivitäten eingeschränkt waren und Unternehmen ihre (Arbeits-)Prozesse auch räumlich anders organisieren mussten. Insofern bleibt offen, ob der hier ermittelte Einsatz von Fremdpersonal ein normales Niveau widerspiegelt oder durch den Pandemieeffekt verzerrt ist.
Know-how-Bedarf und Verfügbarkeit als Einsatzmotive
Unabhängig davon zeigt die Befragung, dass die Unternehmen klare Motive für den Einsatz der externen Arbeitskräfte haben. Die Kostensenkung zählt bei den meisten nicht dazu – so wollte nur knapp ein Drittel der Firmen, die zuletzt Solo-Selbstständige oder Werkvertragsbeschäftigte eingesetzt haben, dadurch die Arbeitskosten reduzieren. Der Mehrzahl der Befragten geht es um andere Aspekte (Grafik):
Mehr als drei Viertel der Unternehmen, die im Jahr 2021 Solo-Selbstständige beschäftigten, taten das, weil sie vorübergehend zusätzliche Mitarbeiter benötigten und dieses Fremdpersonal schnell verfügbar war.
Auch für den Einsatz von Werkvertragsbeschäftigten waren dies die meistgenannten Gründe.
Ein wichtiges Motiv ist zudem, dass das Fremdpersonal spezifisches Know-how mitbringt, das im Unternehmen nicht im benötigten Maß vorhanden ist.
Einsatz in der Produktion und im IT-Bereich
Wo das Fachwissen der externen Arbeitskräfte benötigt wird, lässt sich aus deren Einsatzgebieten ablesen. Ein Schwerpunkt ist die Produktion – rund die Hälfte der Unternehmen, die Solo-Selbstständige beziehungsweise Werkvertragsmitarbeiter beschäftigen, nennen die Fertigungslinien als Einsatzgebiet. Als Motiv führen die Firmen besonders häufig die schnelle Verfügbarkeit des Fremdpersonals an – vermutlich werden die externen Spezialisten also vor allem dann benötigt, wenn neue Verfahren etabliert oder Störungen behoben werden sollen.
Hohe Relevanz hat Fremdpersonal auch im IT-Bereich:
Rund 39 Prozent der Unternehmen, die Solo-Selbstständige einsetzen, benötigen diese für IT-Dienstleistungen.
Bezogen auf die Werkvertragsmitarbeiter ist der Anteil mit 28 Prozent zwar etwas niedriger. Strategische Bedeutung haben aber beide Gruppen. Denn neben dem Einsatzmotiv, spezifisches Know-how für das Unternehmen verfügbar zu machen und (IT-)Prozesse zu verbessern, sollen die externen Fachkräfte die Firmen auch dabei unterstützen, Digitalisierungsvorhaben und Innovationen umzusetzen. Und:
Eine statistische Analyse der Befragungsergebnisse spricht für die Hypothese, dass das Fremdpersonal viele Unternehmen erst dazu befähigt, die Digitalisierung in gewünschtem Maße voranzutreiben.
Tatsächlich haben Unternehmen, die Fremdpersonal einsetzen, in den zwei Jahren vor der Befragung signifikant mehr Digitalisierungstechnologien implementiert als Firmen ohne externe Mitarbeiter.
Im Einzelnen erhöht der Einsatz von Solo-Selbstständigen vor allem die statistische Wahrscheinlichkeit, dass ein Unternehmen in jüngster Zeit Systeme der künstlichen Intelligenz oder Verfahren einer erweiterten virtuellen Realität eingeführt hat. Offenbar holen sich die Unternehmen also hochspezialisierte externe Anbieter ins Haus, um diese in der Wirtschaft noch wenig verbreiteten Technologien nutzen zu können.
Werkvertragsbeschäftigte von Fremdfirmen kamen dagegen zuletzt vor allem zum Einsatz, um Cloud-Services, digitale Vertriebswege oder Big-Data-Analysen zu implementieren. Bei diesen bereits etwas reiferen Digitalisierungstechnologien hat sich ein Markt für spezialisierte Firmen mit fest angestellten Mitarbeitern etabliert. Diese werden dann im Rahmen von Werkverträgen für andere Unternehmen tätig.