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Duale Ausbildung: Digitale Leerstelle

Unternehmen tun einiges, um ihre Auszubildenden auf die Digitalisierung in der Arbeitswelt vorzubereiten. Häufig geschieht dies jedoch noch wenig strategisch. Auch die Berufsschulen müssten aus Sicht der Betriebe noch nachlegen.

Kernaussagen in Kürze:
  • In der dualen Berufsausbildung ist die Digitalisierung noch nicht präsent genug: Neun von zehn deutschen Unternehmen nutzen zwar mindestens eine digitale Technologie, mit der Digitalisierung der Ausbildung haben sich aber erst zwei Drittel der Betriebe beschäftigt.
  • Problematisch ist auch, dass viele Unternehmen gar nicht beurteilen können, ob digitale Inhalte ausreichend in den Berufsschulen berücksichtigt werden.
  • Die im IW-Personalpanel befragten Firmen befürworten es größtenteils, dass vorhandene Ausbildungsberufe inhaltlich modernisiert und Zusatzqualifikationen geschaffen werden.
Zur detaillierten Fassung

Die Digitalisierung ist in fast allen Betrieben in Deutschland längst ein Megathema – wenn auch auf ganz unterschiedlichen Niveaus: Manche Firmen haben gerade mal eine eigene Homepage mit Angabe einer E-Mail-Adresse im Netz, andere vernetzen bereits ihren Maschinenpark über das Internet oder bauen sogar ihr gesamtes Geschäftsmodell auf digitalen Technologien auf.

Doch in der dualen Berufsausbildung ist die Digitalisierung bisher weniger präsent, wie eine Umfrage des IW zeigt:

Neun von zehn Unternehmen setzen mindestens eine digitale Technologie ein. Doch mit der Digitalisierung in der Ausbildung haben sich bislang nur gut zwei Drittel aller Betriebe in Deutschland beschäftigt.

Vor allem in vielen kleinen Unternehmen ist die Rolle der Digitalisierung in der dualen Berufsausbildung noch kein Thema – dabei bringen gerade Auszubildende häufig eine hohe Affinität für digitale Technologien mit. Tatsächlich werden die meisten Veränderungen in puncto Digitalisierung in der Ausbildung durch Ideen und Erfahrungen der Auszubildenden angestoßen (Grafik):

Die Generation der Digital Natives hat schon in mehr als der Hälfte der Unternehmen Veränderungen im Bereich der Digitalisierung der Berufsausbildung angestoßen. So viel Prozent der im IW-Personalpanel befragten Unternehmen berücksichtigen die Digitalisierung in dieser Form in ihrem Ausbildungsengagement Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Die Firmen könnten dieses Engagement noch systematischer nutzen. So ließe sich zum Beispiel das berufliche Wissen der erfahrenen Fachkräfte mit dem digitalen Know-how der Azubis in altersgemischten Teams verknüpfen. Auf diese Weise profitieren beide Seiten – und letztlich der gesamte Betrieb.

Digitalisierung der Berufsschulen mit Fragezeichen versehen

Und wie sieht es mit der Einbindung der Berufsschulen in dieses Thema aus? Schließlich ist die duale Berufsausbildung weltweit ein Vorzeigemodell, weil sie Theorie und Praxis gekonnt miteinander verbindet und die jungen Leute eine umfassende berufliche Handlungskompetenz erlangen.

Tatsächlich sagen jedoch viele Unternehmen, dass sie gar nicht beurteilen können, ob beispielsweise die Zahl der Lehrkräfte und deren digitale Kompetenzen sowie die technische Ausstattung der Berufsschulen ausreichend sind oder nicht. Ein Grund dafür könnte der mangelnde Austausch zwischen den dualen Ausbildungspartnern sein.

Über digitale Medien können sich neue Wege der Kooperation ergeben, die die Zusammenarbeit zwischen den betrieblichen und schulischen Akteuren intensivieren.

Fest steht, dass vor dem Hintergrund der Digitalisierung vermehrt in die Infrastruktur investiert werden muss, um eine zeitgemäße Ausbildung an den Berufsschulen gewährleisten zu können. Sowohl das betriebliche Ausbildungspersonal als auch die Lehrer an beruflichen Schulen sollten außerdem in Sachen Medienkompetenz weitergebildet werden. Denn über digitale Medien können sich neue Wege der Kooperation ergeben, die die Zusammenarbeit zwischen den betrieblichen und schulischen Akteuren intensivieren.

Ausbildungsinhalte bedürfen der Modernisierung

Großen Modernisierungsbedarf sehen die ausbildenden Unternehmen auch für die Strukturen der Ausbildung. Das ist zwar nichts Ungewöhnliches, da Ausbildungsberufe regelmäßig auf ihre Aktualität überprüft werden. Neu ist jedoch, dass die Digitalisierung nicht einzelne Berufe betrifft, sondern Auswirkungen auf alle Berufe hat. Das führt bei vielen Unternehmen zu Reformwünschen (Grafik):

Sieben von zehn Unternehmen möchten, dass angesichts der Digitalisierung neue Zusatzqualifikationen in der Berufsausbildung geschaffen und vorhandene Ausbildungsberufe modernisiert werden. So viel Prozent der im IW-Personalpanel befragten Unternehmen befürworten diese Reformen, um die Ausbildungsberufe besser an die Anforderungen der Digitalisierung anzupassen Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Lediglich drei von zehn Betrieben sehen einen Bedarf an neuen Ausbildungsberufen.

Zusatzqualifikationen sowie die Modernisierung der vorhandenen Ausbildungsberufe haben den Vorteil, dass eine Umsetzung zeitnah möglich ist: Die Ausbildungsordnungen der industriellen Metall- und Elektroberufe beispielsweise wurden zum Beginn des Ausbildungsjahres 2018 im sogenannten „Agilen Verfahren“ neu geordnet und es wurden optionale Zusatzqualifikationen eingeführt.

Bislang gehören vor allem große und technologieintensive Unternehmen zu den Vorreitern der Digitalisierung in der betrieblichen Ausbildung, während kleinere und mittlere Unternehmen einen großen Orientierungs- und Unterstützungsbedarf aufweisen. Über alle Betriebsgrößen hinweg wünscht sich etwa ein Drittel aller Unternehmen Unterstützung bei der Festlegung geeigneter Lehr- und Lernmethoden sowie bei der Auswahl von relevanten Ausbildungsinhalten. Dies deutet auch auf einen großen Bedarf zur weiteren Qualifizierung des betrieblichen Ausbildungspersonals hin.
   

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