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Die Sprache ist der Schlüssel zur Integration

Schüler mit Migrationshintergrund erzielen in schulischen Leistungsvergleichen oft schlechtere Ergebnisse als Kinder deutscher Eltern. Zu den wesentlichen Ursachen zählt, dass sie erst relativ spät eine Betreuungseinrichtung besuchen und ihre sprachlichen Defizite deshalb nicht früh genug behoben werden. Staat und Schulen müssen deshalb für noch mehr und bessere Förderangebote sorgen.

Kernaussagen in Kürze:
  • Schüler mit Migrationshintergrund erzielen in schulischen Leistungsvergleichen oft schlechtere Ergebnisse als Kinder deutscher Eltern.
  • Viele Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund besuchen erst spät eine Betreuungseinrichtung und können daher nicht von einer frühen Sprachförderung profitieren.
  • Um die sprachlichen Defizite zu beseitigen, sollten Grundschulen mit vielen Migranten noch deutlich stärker gefördert werden.
Zur detaillierten Fassung

Deutschland ist ein Einwanderungsland. Fast 24 Prozent der Bevölkerung hatten im Jahr 2017 einen Migrationshintergrund – das heißt, die betreffenden Personen selbst oder mindestens ein Elternteil besitzen nicht oder nicht von Geburt an die deutsche Staatsangehörigkeit. Bei den bis zu 20-Jährigen betrug der Anteil fast 36 Prozent, bei den unter Fünfjährigen sogar 39 Prozent.

Für den Bildungserfolg ist dies oft kein gutes Vorzeichen. Selbst von jenen 25- bis 44-Jährigen mit Migrationshintergrund, die in Deutschland geboren wurden und hier ihren kom-pletten Bildungsweg durchlaufen haben, besitzen nur rund 15 Prozent einen akademischen Abschluss – gegenüber 26 Prozent der Gleichaltrigen ohne Migrationshintergrund. Zugleich haben von Letzteren weniger als 12 Prozent keinen berufsqualifizierenden Abschluss; von den in Deutschland geborenen 25- bis 44-Jährigen mit Migrationshintergrund dagegen gut 31 Prozent.

Dieses Gefälle zeichnet sich schon in den ersten Bildungsjahren ab und schlägt sich in den schulischen Leistungen nieder (Grafik):

Von den Jugendlichen mit Migrationshintergrund wiesen 2015 im PISA-Test etwa 30 Prozent nur geringe Kenntnisse in Lesen, Mathematik und den Naturwissenschaften auf – von den 15-Jährigen ohne Zuwanderungserfahrung in der Familie schnitten nur etwas mehr als 10 Prozent so schlecht ab.

So viel Prozent der 15-Jährigen in Deutschland erreichten von den sechs Kompetenzstufen im PISA-Test höchstens Stufe 1 bzw. mindestens Stufe 5 Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Dabei ist den Vätern und Müttern dieser Kinder deren Bildungserfolg keineswegs egal. Eltern mit Migrationshintergrund wünschen sich für ihren Nachwuchs sogar häufiger die Hochschulreife und wären seltener mit einem Hauptschulabschluss zufrieden als Eltern ohne Migrationshintergrund, die einen vergleichbaren Bildungsstand haben.

Grundschulen mit vielen Migrantenkindern müssen noch stärker vom Staat gefördert werden, um Sprachdefizite zu verringern.

Das Problem ist aber, dass relativ viele zugewanderte Väter und Mütter selbst nur niedrige Bildungsabschlüsse haben und wenig verdienen, sodass es ihnen oft schwerfällt, ihre Kinder umfassend zu fördern –beispielsweise indem sie sie ein Instrument lernen lassen.

Weniger Migrantenkinder in Betreuungseinrichtungen

Zudem leben Familien mit Migrationshintergrund häufig in der Nähe anderer Familien aus ihren Herkunftsländern. Dies kann den Anreiz verringern, in sehr gute Kenntnisse der deutschen Sprache zu investieren. Umso bedenklicher ist es, dass viele Kinder aus diesen Familien erst spät eine Betreuungseinrichtung besuchen und daher nicht von einer frühen Sprachförderung profitieren:

Im Jahr 2017 gingen deutschlandweit nur 20 Prozent der unter Dreijährigen mit Migrationshintergrund in eine Kindertageseinrichtung – gegenüber 40 Prozent ihrer deutschen Altersgenossen.

Auch bei den drei- bis unter sechsjährigen Migrantenkindern war die Betreuungsquote mit 84 Prozent niedriger als bei Kindern ohne Migrationshintergrund (98 Prozent).

Folglich sind die sprachlichen Lücken oft noch groß, wenn die Kinder in die Grundschule kommen. Sie müssen dann versuchen, die Defizite auszugleichen. Das Engagement ist bereits groß (Grafik):

Mehr als 77 Prozent aller Grundschulen fördern die Deutschkenntnisse der Kinder aus Migrantenfamilien über den normalen Unterricht hinaus.

So viel Prozent der Grundschulen in Deutschland führten im Jahr 2016 folgende Fördermaßnahmen ein Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Zudem kümmern sich Paten oder Mentoren um die Förderung dieser Kinder. Allerdings sollten diese Fördermaßnahmen weiter ausgebaut werden – vor allem in Grundschulen mit vielen Migranten. Immerhin betrug 2016 in fast einem Viertel der Grundschulen der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund mehr als 40 Prozent.

Staat muss Betreuungsinfrastruktur verbessern

Diese Schulen benötigen besondere finanzielle Unterstützung. Einige Bundesländer handeln bereits entsprechend. So erfasst Hamburg die Schülerzusammensetzung mithilfe eines Index, der die sozialen Rahmenbedingungen einer Schule widerspiegelt. Je herausfordernder diese sind, desto mehr Geld gibt es zum Beispiel für Sprachförderung. Solche Finanzierungskonzepte wären deutschlandweit sinnvoll.

Darüber hinaus muss der Staat nicht nur die Betreuungsinfrastruktur weiter ausbauen. Vätern und Müttern mit Migrationshintergrund sollte auch – etwa mithilfe der Jugendämter – noch stärker vermittelt werden, welchen Nutzen der Besuch einer Kita für ihren Nachwuchs hätte. Die oft komplexen Antragsverfahren für Betreuungsplätze sollten vereinfacht werden.

Nicht zuletzt gilt es, die Sprachförderangebote zu erweitern. Für Lehrer sollte das Fachwissen, das sie brauchen, um Kinder mit Migrationshintergrund adäquat fördern zu können, verpflichtend in die Ausbildung integriert werden.

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