Die Handelsgiganten
Obwohl das Verhältnis zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten derzeit von Verunsicherung geprägt ist, pflegen beide Seiten intensive Handelsbeziehungen miteinander. Während das Weltwirtschaftswachstum lahmt, konnte Deutschland seine Exporte in die USA 2019 sogar nochmals steigern – und auch die Vereinigten Staaten verkauften mehr Waren in die Bundesrepublik.
- Trotz der Handelskonflikte ist der Warenhandel zwischen Deutschland und den USA im Jahr 2019 weiter expandiert.
- Die Vereinigten Staaten konnten ihre Güterexporte nach Deutschland im Jahr 2019 um fast 7 Milliarden Euro auf rund 71 Milliarden Euro steigern.
- Deutsche Unternehmen verkauften 2019 Waren im Wert von fast 119 Milliarden Euro in die Vereinigten Staaten. Damit sind die USA Deutschlands wichtigster Exportpartner.
Die transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen waren schon mal entspannter. Ein kurzer Rückblick: Seit der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten im November 2016 liegt das geplante Freihandels- und Investitionsschutzabkommen TTIP auf Eis. Statt Handelshemmnisse abzubauen, führte Trump im Frühjahr 2018 Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte ein, die auch für europäische Hersteller gelten. Im Gegenzug verhängte die EU – in deren Zuständigkeit die Handelspolitik der europäischen Mitgliedsstaaten fällt – milliardenschwere Vergeltungszölle auf einzelne US-Rohstoffe und -Waren, unter anderem auf Whiskey und Harley-Davidson-Motorräder.
Im Oktober 2019 erlaubte die Welthandelsorganisation (WTO) zudem, dass die USA Strafzölle in Höhe von 7,5 Milliarden Dollar gegen die EU erheben dürfen, weil diese den europäischen Flugzeughersteller Airbus unzulässig subventioniert hatte. Ob Brüssel umgekehrt bald dasselbe tun darf, weil die USA Boeing ungerechtfertigt unterstützt haben, prüft die WTO derzeit.
Die EU-Staaten sind der größte Exportmarkt für die Vereinigten Staaten. Das Handelsvolumen, das die USA nach China ausführt, beträgt nicht mal ein Drittel der US-Exporte in die EU.
Und dann gibt es da noch den Streit um die Besteuerung großer Digitalkonzerne. Frankreich, Österreich, Italien und einige andere europäische Länder hatten eine Digitalsteuer für nicht physisch vor Ort präsente Konzerne wie Amazon, Apple und Google geplant. Nachdem Trump vergangenen Dezember mit Gegenzöllen von 100 Prozent auf Handtaschen, Käse und Champagner aus Frankreich gedroht hatte, verzichtet die Regierung in Paris nun bis Ende 2020 darauf, die Digitalsteuer einzuziehen. Im Gegenzug hat Trump zugesagt, neue OECD-Regeln für die Besteuerung der digitalen Welt zu unterstützen.
Es gibt tatsächlich einen triftigen Grund, die transatlantischen Handelskonflikte nicht eskalieren zu lassen (Grafik):
Zwar sind die Vereinigten Staaten mit einem jährlichen Bruttoinlandsprodukt (BIP) von knapp 21 Billionen Dollar die größte Wirtschaftsnation der Welt, doch gleich danach folgt die EU mit einem BIP von 15,9 Billionen Dollar.
Hinzu kommt, dass die EU-Staaten der größte Exportmarkt für die Vereinigten Staaten sind: Im Jahr 2018 haben US-Unternehmen Waren und Dienstleistungen im Wert von insgesamt 2.510 Milliarden Dollar exportiert, davon gingen 575 Milliarden Dollar in die EU. Zum Vergleich: Nach China führten die USA im selben Jahr mit einem Handelsvolumen von 179 Milliarden Euro nicht mal ein Drittel so viel aus.
Und auch als Lieferant ist Europa für die Vereinigten Staaten elementar. Im Jahr 2018 gingen EU-Waren und -Dienstleistungen im Wert von 684 Milliarden Dollar in die USA, während China Güter und Dienstleistungen im Wert von 558 Milliarden Dollar dorthin exportierte.
USA sind Deutschlands wichtigster Exportpartner
Besonders intensiv sind die deutsch-amerikanischen Handelsbeziehungen. Betrachtet man nur die Warenströme, sind die USA für Deutschland der wichtigste Exportpartner weltweit (Grafik):
Im Jahr 2019 verkauften deutsche Unternehmen Waren im Wert von annähernd 119 Milliarden Euro an die Vereinigten Staaten – rund 5 Milliarden Euro mehr als 2018.
Auch amerikanische Unternehmen konnten zuletzt trotz der transatlantischen Handelskonflikte ihre Warenausfuhren nach Deutschland steigern. US-Firmen setzten 2019 hierzulande mehr als 71 Milliarden Euro mit Exportgütern um, fast 7 Milliarden Euro mehr als 2018.
Dass der deutsch-amerikanische Handel weiter zulegen konnte, hat mehrere Gründe. So wuchs die US-Wirtschaft 2019 mit 2,3 Prozent noch recht kräftig, wobei dies vor allem auf die Steuersenkungen für US-Unternehmen zurückgeführt wird, die Trump zu Beginn seiner Amtszeit veranlasste. Im laufenden Jahr dürfte die amerikanische Wirtschaft allerdings etwas an Schwung verlieren und nur noch um 2 Prozent zulegen, für 2021 prognostiziert der Internationale Währungsfonds für die USA aktuell lediglich noch ein BIP-Wachstum von 1,7 Prozent.
Ein Fünftel der deutschen Exportgüter in die USA sind Kraftfahrzeuge
Die deutsche Exportwirtschaft hat zudem davon profitiert, dass Trump seine angekündigten Autozölle bislang nicht eingeführt hat. Seit fast zwei Jahren droht der US-Präsident damit, Import-Pkws mit einem Strafzoll von 25 Prozent zu belegen – derzeit beträgt der Zollsatz 2,5 Prozent. Das würde vor allem die deutschen Autobauer treffen, denn rund ein Fünftel der deutschen Exportgüter in die USA sind Kraftfahrzeuge.