Energiewende Lesezeit 3 Min.

Der Windkraft geht die Puste aus

Die kürzlich beschlossene Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) soll den Ausbau der regenerativen Energien voranbringen. Weil im aktuellen Entwurf aber viele Fragen unbeantwortet bleiben, könnte auch das Gegenteil der Fall sein.

Kernaussagen in Kürze:
  • Während Solarstrom aus Altanlagen ab dem kommenden Jahr zum Marktpreis weiter eingespeist wird, sucht man in der aktuellen EEG-Novelle vergebens nach einer Anschlusslösung für Windanlagen.
  • Der geplante Ausbau der Windkraft an Land wird zwischen 2020 und 2029 hinter den Nettozubau der vergangenen Jahre zurückfallen.
  • Auch Besitzer von Photovoltaikanlagen können ihren Überschussstrom künftig nicht mehr so einfach ins öffentliche Netz einspeisen – sie sollen Strom für den Eigenbedarf in diesem Fall zum teuren deutschen Strompreis einkaufen.
Zur detaillierten Fassung

Seit 20 Jahren sichert das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) den Betreibern von Solar- und Windanlagen eine feste Einspeisungsvergütung. Im kommenden Jahr werden nun zum ersten Mal Anlagen aus der Förderung fallen, da diese nur für 20 Jahre garantiert ist.Die Erwartungen an eine EEG-Novelle waren entsprechend hoch. Doch nachdem Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier Mitte September seinen Reformentwurf vorlegte, herrschte bei vielen Anlagenbetreibern Ernüchterung:

Während Solarstrom aus Altanlagen ab dem kommenden Jahr zum Marktpreis weiter eingespeist wird, sucht man in dem Gesetzentwurf vergebens nach einer Anschlusslösung für Windanlagen.

Dabei plant die Bundesregierung, dass 65 Prozent des deutschen Strombedarfs bis 2030 aus erneuerbaren Quellen stammen sollen. Und gerade die Windkraft ist Deutschlands Zugpferd bei der Energiewende: Windenergie erbrachte im vergangenen Jahr den größten Anteil an der deutschen Stromerzeugung.

Es gibt also erheblichen Nachbesserungsbedarf: Erstens stehen auf geeigneten Flächen viele alte, ineffiziente Windräder. Es wäre sinnvoll, sie durch effizientere zu ersetzen – in dem Gesetzentwurf findet man dazu allerdings nichts. Zweitens sind schnellere und einfachere Verfahren notwendig, um den weiteren Ausbau der Windenergie an Land voranzutreiben. Dadurch könnten auch alte Anlagen einfacher durch modernere ersetzt werden. Doch noch immer kämpfen die Betreiber mit Genehmigungsstaus bei den Behörden und einer Klageflut vonseiten der Naturschützer und Anwohner.

Und drittens sehen die Neuerungen zwar vor, mit einer sogenannten Südquote den Bau von Windanlagen in Süddeutschland voranzutreiben. Doch es ist fraglich, ob das ausreicht. Denn die gesteckten Ausbauziele sind viel zu gering. Die Zahl der Windenergieanlagen an Land wird nur um etwa ein Drittel wachsen, da gleichzeitig auch alte Anlagen voraussichtlich abgerissen werden, weil deren EEG-Förderung ausläuft und sich dadurch ihr Betrieb nicht mehr lohnt. Zum Vergleich:

Die Zahl der Photovoltaikanlagen soll bis 2030 verdoppelt werden, der Bestand an Windrädern auf See soll um das Anderthalbfache steigen.

Bis 2030 wird Deutschland netto sogar ein Drittel weniger Windräder im Binnenland aufstellen als in den vergangenen zehn Jahren. Die Windenergie an Land wird dadurch ausgebremst (Grafik):

Der geplante Ausbau der Windkraftkapazität an Land wird zwischen 2020 und 2029 sogar hinter den Nettozubau der vergangenen Jahre zurückfallen.

Zusätzliche Erzeugungskapazität in Gigawatt Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Auch wenn der Entwurf positive Signale in Richtung Energiewende sendet – zum Beispiel die geplante Gewinnbeteiligung der Kommunen am Ausbau der Windenergie –, besteht nach wie vor großer Handlungsbedarf. Denn die Gesetzesvorlage legt auch dem Ausbau der Solarenergie Steine in den Weg. Bislang haben Besitzer von Photovoltaikanlagen nicht nur davon profitiert, dass sie günstig grünen Strom für den Eigenbedarf produzieren konnten – der Überschussstrom wurde auch problemlos in das öffentliche Netz eingespeist und mit dem EEG vergütet.

Photovoltaik-Anlagen könnten unattraktiv werden

Mit der vorgeschlagenen EEG-Novelle erhalten Photovoltaik-Kleinanlagen, die im nächsten Jahr aus der EEG-Förderung fallen, zwar eine Anschlusslösung für die nächsten sieben Jahre. Allerdings wird der eingespeiste Strom künftig nur noch mit dem Marktwert vergütet, der abzüglich der Vermarktungskosten in den vergangenen Jahren bei gut 3 Cent pro Kilowattstunde lag. Und: Wenn Anlagenbesitzer ihren Strom einspeisen möchten, müssen sie das künftig mit dem kompletten Strom tun. Sie dürfen also nichts selbst verbrauchen und müssten deshalb den Strom für ihren Eigenbedarf zum teuren deutschen Strompreis einkaufen, der mehr als 30 Cent pro Kilowattstunde beträgt.

Eine Ausnahme gibt es zwar, sie klingt aber auch nicht gerade verlockend: Wollen Anlagenbesitzer nur einen Teil ins Stromnetz einspeisen, brauchen sie intelligente Stromzähler, deren Anschaffung und Betrieb zusätzliche Kosten verursacht.Eine weitere Änderung könnte den Zubau von Solarenergie ebenfalls ausbremsen: Schon ab einer Erzeugung von 100 Kilowattstunden müssen Dachanlagen ab 2025 an Ausschreibungen teilnehmen. Darunter fallen zwar keine kleineren Wohngebäude, wohl aber gewerbliche Fertigungshallen. Da der Eigenverbrauch auch hier untersagt ist, werden auch Unternehmen in Zukunft nicht mehr von ihrem günstigen Eigenstrom profitieren können. Dies wird den Ausbau der Solarenergie nicht gerade beflügeln.

Das könnte Sie auch interessieren

Meistgelesene