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„Den Ausbau der Erneuerbaren sollten alle Steuerzahler mitfinanzieren“

Energieversorgung kostet Geld. Insbesondere Kraftwerke und Anlagen werden nur gebaut, wenn der Staat für die Finanzierung sorgt – mit dem Geld der Steuerzahler. Nur bei den erneuerbaren Energien ist es anders: Für deren Ausbau zahlen bislang allein die Stromkunden. IW-Umweltökonom Thilo Schaefer hinterfragt dieses Finanzierungsmodell und plädiert für einen Umbau.

Kernaussagen in Kürze:
  • Dass die Kosten für den Ausbau erneuerbarer Energien nur auf die Stromkunden umgelegt werden, hält IW-Umweltökonom Thilo Schaefer für falsch. Er plädiert dafür, dass die Mittel künftig aus dem Bundeshaushalt kommen.
  • Ein Grund: Die aktuelle Förderung mittels EEG-Umlage macht den Strom so teuer, dass beispielsweise E-Autos mit Blick auf die Unterhaltskosten nicht attraktiv sind.
  • Die Haushaltsfinanzierung würde Stromkunden angesichts steigender Kosten für fossile Brennstoffe durch höhere CO2-Preise entlasten.
Zur detaillierten Fassung

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sammelt seit 20 Jahren die EEG-Umlage bei allen Stromverbrauchern ein, um damit die staatlich festgelegten Einspeisevergütungen für Strom aus erneuerbaren Energien wie Solarenergie und Windkraft an die Anlagenbetreiber auszuzahlen. Genauer gesagt: die Differenz zwischen dem Marktpreis für Strom und der Höhe der Vergütung. Inzwischen werden auf diesem Wege etwa 25 Milliarden Euro im Jahr von den Stromkunden zu den Betreibern der Stromerzeugungsanlagen bewegt. Seit mehreren Jahren liegt die EEG-Umlage zwischen 6 und 7 Cent pro Kilowattstunde Strom. Besonders stromintensive Unternehmen zahlen einen reduzierten Satz, damit sie im internationalen Wettbewerb nicht benachteiligt werden.

Die Milliarden aus der EEG-Umlage werden von den Übertragungsnetzbetreibern verteilt, sodass diese Mittel nicht durch einen staatlichen Haushalt fließen. Mit diesem Kniff wurde bei der Einführung des EEG vermieden, dass die europäische Beihilfenkontrolle in das Gesetz eingreift. Die Brüsseler Wettbewerbshüter achten darauf, dass es nicht zu einer einseitigen und möglicherweise wettbewerbswidrigen Begünstigung einzelner Unternehmen kommt.

Eine Steuerfinanzierung künftiger EEG-Anlagen entlastet die deutschen Stromkunden deutlich und ist deshalb gut fürs Klima.

Damit unterliegen die enormen Summen für den Ausbau der erneuerbaren Energieerzeugungsanlagen aber auch keiner unmittelbaren parlamentarischen Kontrolle. Ausgaben aus dem Bundeshaushalt müssen dagegen vom Parlament beschlossen werden. Und finanziert werden sie von allen Steuerzahlern. Werden beispielsweise neue Straßen gebaut, werden nicht nur die Autofahrer zur Kasse gebeten, sondern alle Steuerzahler. Das gilt ebenso für die Förderung anderer Energieträger wie Steinkohle oder Atomkraft, deren Kosten der Steuerzahler trägt.

Warum aber werden die Kosten für den Ausbau der Erneuerbaren nur auf die Stromkunden umgelegt? Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass dies verursachergerecht wäre, denn wer mehr Strom verbraucht, zahlt auch mehr EEG-Umlage. Es macht jedoch keinen Unterschied, ob der Strom aus fossilen Energieträgern, Kernkraft oder aus erneuerbaren Energiequellen erzeugt wird. Daher trifft die EEG-Umlage nicht nur die konventionelle CO2-intensive Stromerzeugung, denn schließlich zahlen die Stromkunden die Umlage auch für jenen Anteil, der erneuerbar erzeugt wird. Thilo Schaefer ist Leiter des Kompetenzfelds Umwelt, Energie, Infrastruktur; Foto: IW Medien

Hinzu kommt, dass nicht nur die hohen Kosten der EEG-Umlage, sondern auch steigende Netzentgelte den Strompreis tendenziell in die Höhe treiben, während andere Energieträger in den vergangenen Jahren vergleichsweise preisstabil waren. Obwohl der Anteil der Erneuerbaren am Stromverbrauch im Jahr 2019 auf mehr als 40 Prozent gestiegen ist und die CO2-Emissionen der Stromerzeugung dadurch deutlich zurückgegangen sind, ist der Wechsel auf Strom als Energieträger preislich unattraktiv. Die höheren Kosten für den Kauf einer Wärmepumpe oder eines Elektroautos rentieren sich angesichts hoher Stromkosten bisher nur sehr langsam. Daher fördert die EEG-Umlage den Ausbau der Erneuerbaren, erschwert durch höhere Strompreise allerdings auch die Nutzung des grünen Stroms als klimafreundliche Alternative in allen Sektoren.

In ihrem Klimapaket hat die Bundesregierung deshalb angekündigt, die EEG-Umlage zu senken, um die Stromkunden zu entlasten und den Umstieg auf den Energieträger Strom attraktiver zu machen. Die angekündigte Senkung ist allerdings so niedrig, dass sie gerade einmal den diesjährigen Anstieg der EEG-Umlage ausgleichen, aber die Stromkunden darüber hinaus nicht spürbar entlasten würde.

Das EEG hat für einen massiven Ausbau von Wind- und Sonnenkraft zur Stromerzeugung gesorgt. Doch die Kosten dafür sind immens und erhöhen den Strompreis. Deshalb wäre es besser, die Kosten für zukünftige Anlagen, die sich um eine Förderung bewerben, aus dem Bundeshaushalt zu zahlen, sodass sich alle Steuerzahler an den Kosten des Umbaus der Stromversorgung beteiligen. Dadurch müsste die EEG-Umlage nur noch für die Finanzierung der schon bestehenden Anlagen sorgen und könnte nach und nach auslaufen.

Die Finanzierung aus dem Haushalt hat noch einen weiteren entscheidenden Vorteil: Während die Kosten für fossile Brennstoffe durch höhere CO2-Preise in den nächsten Jahren steigen und die Bürger dadurch belastet werden, würde ein sinkender Strompreis für eine Entlastung sorgen. Dies verstärkt die Anreize für jeden Einzelnen, Brennstoffe wie Öl und Gas dort, wo es möglich ist, durch Strom zu ersetzen. Und durch einen weiter steigenden Anteil der Erneuerbaren an der Stromerzeugung können die Treibhausgasemissionen abgesenkt werden. Eine Steuerfinanzierung künftiger EEG-Anlagen entlastet die deutschen Stromkunden deutlich und ist deshalb gut fürs Klima.

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