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Der Biomarkt boomt

Der Trend zu Bioprodukten ist ungebrochen: Wie schon in den Vorjahren greifen immer mehr Deutsche zu Ökolebensmitteln. Das kommt auch bei den Bauern an – im Schnitt stellten 2019 jeden Tag fünf Landwirte auf Bio um. Trotzdem entwickelt sich die Ökolandwirtschaft nicht schnell genug.

Kernaussagen in Kürze:
  • Im Jahr 2019 wurden mit ökologisch erzeugten Lebensmitteln in Deutschland fast 12 Milliarden Euro umgesetzt – annähernd 10 Prozent mehr als 2018.
  • Obwohl auch immer mehr Bauern auf ökologische Landwirtschaft umsatteln, entwickelt sich der Ökolandbau nicht schnell genug.
  • In den vergangenen Jahren legten die heimischen Öko-Flächen durchschnittlich um 4 Prozent pro Jahr zu, der Umsatz mit Biolebensmitteln stieg aber um fast 9 Prozent.
Zur detaillierten Fassung

Die Zeiten, in denen Bio nur belächelt wurde, sind vorbei. Bioprodukte werden längst nicht mehr nur in Reformhäusern und Naturkostläden verkauft, sondern gehören mittlerweile in jedes Supermarktsortiment. Denn die Deutschen sind bereit, immer mehr Geld für Ökoqualität springen zu lassen (Grafik):

Im Jahr 2019 wurden mit ökologisch erzeugten Lebensmitteln in Deutschland fast 12 Milliarden Euro umgesetzt – annähernd 10 Prozent mehr als 2018. Umsatz mit Biolebensmitteln in Deutschland in Milliarden Euro Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Mit Blick auf den geringen Anteil der Ökowaren am Lebensmittelmarkt, ungefähr 5 Prozent, ist das noch nicht viel. Doch einzelne Produkte konnten 2019 bereits hohe Umsatzanteile erreichen, zum Beispiel Biomehl mit 26 Prozent, Bioeier mit 23 Prozent und Biomilch mit gut 14 Prozent. Weil die Lust auf Bioware bei den Verbrauchern ungebremst ist, satteln auch immer mehr Bauern auf ökologische Landwirtschaft um (Grafik):

Im Jahr 2019 stellten durchschnittlich jeden Tag fünf Bauern ihren Betrieb auf Bio um.

Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Doch auch wenn der Hunger der Bundesbürger auf Bioerzeugnisse für einen kontinuierlichen Zuwachs an entsprechenden Höfen sorgt, ist die Zahl der Agrarbetriebe in Deutschland insgesamt stark zurückgegangen:

Seit 2005 musste in Deutschland im Durchschnitt jede Stunde ein landwirtschaftlicher Betrieb seine Tore für immer schließen.

Dabei handelt es sich oft um kleinere Betriebe. So ist beispielsweise die Zahl der konventionellen Schweinebauern zwischen 2010 und 2019 um mehr als ein Drittel gesunken. Gleichzeitig blieb aber der Bestand an Schweinen nahezu konstant: Denn im selben Zeitraum erhöhte sich die Zahl der Großbetriebe mit 5.000 oder mehr Tieren um zwei Drittel.

Auch die ökologische Fläche ist trotz des Biobooms immer noch überschaubar: Im Jahr 2019 machte sie in Deutschland nur rund 10 Prozent der gesamten Landwirtschaftsfläche aus.

Milliarden für den Agrarsektor

Dass kleine und ökologische Betriebe es schwer haben, liegt auch an der Ausrichtung der EU-Agrarpolitik. Jedes Jahr fließen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) fast 60 Milliarden Euro aus Brüssel in die europäische Landwirtschaft. Davon erhalten die Bauern in der Bundesrepublik rund 6,2 Milliarden Euro.

Die Zahlungen aus dem Agrarhaushalt sollen vor allem die Existenz der europäischen Landwirte sichern. Dieses Argument wird allerdings zunehmend infrage gestellt. Denn keine andere Branche wird in der EU so üppig subventioniert. So sollen nach dem Vorschlag der EU-Kommission zwischen 2021 und 2027 rund 380 Milliarden Euro in den Agrarsektor fließen. Zum Vergleich: Für Binnenmarkt, Innovationen und Digitales sind gerade einmal 187 Milliarden Euro angesetzt.

Hinzu kommt die Kritik am Verteilungssystem. Die Subventionen, so der Vorwurf, werden nach dem Gießkannenprinzip ausgeschüttet: Wer viel Land bewirtschaftet, bekommt viel Geld. Wegen der unterschiedlich großen Betriebe in den EU-Mitgliedsländern gehen deshalb etwa 80 Prozent der Gelder an nur 20 Prozent der Landwirte. In der aktuellen Debatte um die nächste siebenjährige Förderperiode der GAP ab 2021 ist die Flächenprämie neben der Höhe des Agrar-Haushalts einer der Hauptstreitpunkte.

In den vergangenen Jahren legten die heimischen Öko-Flächen durchschnittlich um 4 Prozent pro Jahr zu, der Umsatz mit Biolebensmitteln stieg aber um fast 9 Prozent.

Dazu kommt der Wunsch nach mehr Klimaschutz. Betriebe, die das meiste aus ihren Flächen herausholen müssen, um zu überleben, sind auf Düngemittel und Pestizide angewiesen. Zwar haben die EU-Mitgliedsstaaten den Klimaschutz bereits 2013 in der GAP verankert. Dennoch gibt es bei der Förderung von Klimaschutzmaßnahmen große Unterschiede zwischen den EU-Staaten – und ein konkretes Ziel zur Senkung der Landwirtschaftsemissionen wurde nicht formuliert. Dabei ist der Agrarsektor mit 10 Prozent nach der Energieerzeugung und dem Verkehr der drittgrößte CO2-Verursacher in der Staatengemeinschaft.

In Brüssel wird daher auch diskutiert, die Direktzahlungen stärker an die Einhaltung von Umwelt- und Klimavorschriften zu binden. Dies würde auch den kleineren Betrieben zugutekommen, weil sie die Auflagen meist besser erfüllen können als große, industrielle Unternehmen.

Ökolandbau wächst nicht schnell genug

Da der Stellenwert einer nachhaltigeren Landwirtschaft insgesamt wächst, müsste auch der ökologische Landbau stärker gefördert werden. Denn obwohl der Biolandbau in der EU schon an Bedeutung gewonnen hat, kann die steigende Nachfrage nicht aus der europäischen Produktion gestillt werden. Somit wird ein großer Teil der Biolebensmittel importiert. Dies gilt auch für Deutschland. In den vergangenen Jahren legten die heimischen Öko-Flächen durchschnittlich um 4 Prozent pro Jahr zu, der Umsatz mit Biolebensmitteln stieg jährlich aber um fast 9 Prozent. Auch die Bundesregierung hat sich deshalb für den Ausbau des Ökolandbaus ein ehrgeiziges Ziel gesetzt:

Bis 2030 sollen 20 Prozent der deutschen Landwirtschaftsflächen auf Bio umgestellt werden – damit müsste sich die ökologische Fläche in den nächsten zehn Jahren verdoppeln.

Ohne eine Weichenstellung in der EU-Agrarpolitik wird dieses Ziel allerdings schwer umzusetzen sein.

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