Mobiles Arbeiten Lesezeit 4 Min.

Das Homeoffice wird bleiben

Seit dem 1. Juli ist die Pflicht zum Homeoffice aufgehoben. Doch angesichts der guten Erfahrungen mit dieser Arbeitsform prüfen viele Unternehmen in Deutschland nun, welche Chancen und Risiken es mit sich bringt, wenn ihre Beschäftigten auch künftig mehr mobil arbeiten.

Kernaussagen in Kürze:
  • Angesichts der guten Erfahrungen während der Corona-Pandemie beschäftigen sich immer mehr Unternehmen mit dem Thema Homeoffice.
  • Als Vorteil des mobilen Arbeitens gilt vor allem die gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
  • Ein bisher unterschätzter Nachteil ist die Gefahr von mehr Cyberattacken.
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Das gelegentliche Arbeiten von zu Hause aus ist zumindest für einen kleinen Teil der Erwerbstätigen schon lange gängige Praxis und hat in den vergangenen Jahren – bereits vor Corona – weiter zugenommen: Laut Statistischem Bundesamt arbeiteten 2019 insgesamt 13 Prozent aller Erwerbstätigen von zu Hause – 7 Prozent taten dies gelegentlich und 6 Prozent verbrachten mindestens die Hälfte ihrer Arbeitszeit im Homeoffice. Logischerweise variierten die Quoten stark, denn in einigen Berufen herrscht nun einmal Anwesenheitspflicht: So praktizierten 2019 nur 1,5 Prozent der Anlagen- und Maschinenbediener sowie 1,6 Prozent der Hilfsarbeitskräfte diese Arbeitsform, während 34 Prozent aller Wissenschaftler und 30 Prozent der Führungskräfte zumindest gelegentlich im Homeoffice arbeiteten.

Gut 40 Prozent der Beschäftigten haben während der Pandemie in Deutschland zumindest gelegentlich im Homeoffice gearbeitet.

Laut dem vom IW erstellten Unternehmensmonitor Familienfreundlichkeit boten im Jahr 2015 rund 16 Prozent der Firmen in Deutschland Telearbeit an, 2018 waren es bereits 22 Prozent. Telearbeit hat der Staat 2016 als fest eingerichtete Arbeitsstätten im Privatbereich des Beschäftigten definiert. Mobiles Arbeiten, also jene Form, bei der die Beschäftigten an beliebigen Orten tätig sind, war 2018 sogar schon in 43 Prozent der Firmen üblich.

Bedingt durch den Zwang, das Pandemie-Präventionsprinzip „Wir bleiben zu Hause“ umzusetzen, haben während der Corona-Krise viele Betriebe auf das Arbeiten von zu Hause aus umgestellt, sofern die Aufgaben, die Technik, der Datenschutz und die Datensicherheit dies ermöglichten:

Gut 40 Prozent der Beschäftigten haben während der Pandemie in Deutschland zumindest gelegentlich im Homeoffice gearbeitet.

Einer Befragung der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen zufolge gab es in den Niederlanden, in Belgien und Finnland mit jeweils fast 60 Prozent die höchsten Homeoffice-Quoten, in Griechenland, Tschechien und Kroatien mit 21 bis 31 Prozent die niedrigsten. Der EU-27-Durchschnitt lag bei 44 Prozent.

Homeoffice, definiert als zeitweiliges mobiles Arbeiten im Privatbereich mit elektronischen oder nicht elektronischen Arbeitsmitteln nach vorheriger Abstimmung mit dem Arbeitgeber, ist laut Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) für rund die Hälfte der Beschäftigten aufgrund ihrer Tätigkeit nicht möglich. Das war auch vor Corona schon so.

Dagegen hat sich der Anteil jener Beschäftigten, die kein Homeoffice praktizieren, obwohl es ihre Aufgaben zulassen würden, stark verringert (Grafik):

Vor Corona konnten 23 Prozent der Beschäftigten in Unternehmen, die Homeoffice anboten, diese Möglichkeit trotz geeigneter Tätigkeit nicht nutzen – Ende April 2021 waren es nur noch 7 Prozent.

So viel Prozent der Beschäftigten in Unternehmen, die Hoemoffice anbieten, konnten Homeoffice in diesem Maße nutzen Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Homeoffice: Vorteile und Nachteile

Der Grund für diese Entwicklung liegt einerseits darin, dass die Bundesregierung das Homeoffice zunächst empfohlen und mit Einführung der Corona-Notbremse 2021 gesetzlich verankert hat. Andererseits stellen immer mehr Unternehmen fest, dass die mobile Arbeitsform besser funktioniert als ursprünglich gedacht – gleichwohl gibt es nicht nur Vorteile, sondern auch Nachteile:

Die Chancen. Für die meisten Betriebe und Beschäftigten stehen neben dem Pandemie-Schutz immer noch die Fragen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie/Ehrenamt/Freizeit als großer Vorteil im Vordergrund, weil das Arbeiten von zu Hause aus – je nach Anforderung an die Erreichbarkeit – eine hohe Zeitsouveränität bietet. Aber auch das Einsparen von Pendelzeit und der geringere CO2-Ausstoß durch weniger Autofahrten sind wichtige Aspekte für Betriebe und Beschäftigte. Und nicht zuletzt erhöht Homeoffice die Zufriedenheit der Mitarbeiter und macht die Unternehmen zu attraktiven Arbeitgebern.

Die Risiken. Nicht unterschätzt werden darf, dass das mobile Arbeiten die Cyberkriminalität erhöht. Rund 8 Prozent der Unternehmen gaben bei einer Befragung im Herbst 2020 an, dass sie sich während der Corona-Krise mit Cyberattacken auseinandersetzen mussten. Großunternehmen waren mit 24 Prozent dreimal so häufig von Angriffen betroffen. Etwa ein Viertel der betroffenen Unternehmen erlitt durch diese Angriffe existenzbedrohende oder sehr schwere Schäden.

Die Zukunft. Was früher alternierende Telearbeit hieß, nämlich der Wechsel von Arbeiten im Büro und von zu Hause aus, nennt sich heute hybride Arbeitsorganisation, also ein Mix von Präsenzarbeit und Homeoffice. Und dies scheint sich aufgrund der notwendigen Flexibilisierung als die neue Normalität der Nach-Corona-Ära herauszustellen. Darauf weisen verschiedene Studien hin, beispielsweise die Covid-19-Betriebsbefragung vom IAB und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Grafik):

Gut zwei Drittel der Betriebe, in denen Homeoffice grundsätzlich möglich ist, wollen Homeoffice nach der Krise im selben Umfang fortsetzen.

So viel Prozent der deutschen Unternehmen, bei denen das Arbeiten von zu Hause aus grundsätzlich möglich ist, wollen Homeoffice nach der Corona-Krise ... Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Knapp ein Fünftel der Betriebe will die Arbeit von zu Hause aus weiter ausbauen und nur 9 Prozent geben an, das Ausmaß reduzieren zu wollen. Als Gründe für den weiteren Ausbau nennen jeweils 73 Prozent der Betriebe die Flexibilität für ihre Beschäftigten und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie; 54 Prozent hoffen, dadurch ihre Attraktivität als Arbeitgeber zu erhöhen. Rund 7 Prozent der Unternehmen wollen durchs Homeoffice Bürofläche einsparen.

Bei den Gründen, die aus Sicht der Unternehmen gegen einen Ausbau des mobilen Arbeitens sprechen, stehen die mangelnde Eignung der Tätigkeiten (63 Prozent), erschwerte Zusammenarbeit (55 Prozent), fehlende technische Ausstattung (30 Prozent) und der Datenschutz (24 Prozent) ganz oben.

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