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Chinas Kauflaune lässt nach

Firmenübernahmen und Beteiligungen durch chinesische Investoren führen hierzulande vermehrt zu Unbehagen und Abwehrreaktionen. Dabei spielt die Bundesrepublik als Zielland chinesischer Investitionen im internationalen Vergleich keine besonders große Rolle. Zudem waren die chinesischen Einkaufsaktivitäten zuletzt sogar rückläufig.

Kernaussagen in Kürze:
  • Mit insgesamt 44 Firmenbeteiligungen oder Übernahmen markierte das Jahr 2016 die bisherige Höchstzahl chinesischer Investitionen in Deutschland.
  • Die Volksrepublik investierte in den vergangenen Jahren besonders häufig in deutsche Firmen aus dem Maschinenbau- und Automobilsektor.
  • Seit 2018 sind chinesische Investitionen in Deutschland aber wieder rückläufig, was auch an den Verschärfungen der deutschen Außenwirtschaftsordnung liegt.
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Industriesupermacht, Technologieführer und Welthandelspartner – China mangelt es zurzeit nicht an ehrgeizigen Zielen. Spätestens zu ihrem 100-jährigen Jubiläum im Jahr 2049 will die Volksrepublik zur Weltspitze gehören. Dafür plant und denkt China groß, zum Beispiel mit dem Einkauf von Know-how durch Firmenübernahmen und Beteiligungen – auch in Deutschland. Doch chinesische Investitionen stoßen hierzulande auf immer größere Skepsis. Denn es wird befürchtet, dass durch Staatseingriffe wichtiges Know-how aus Deutschland abfließt und die Bundesrepublik dadurch technologisch von der Volksrepublik abhängig wird.

Dabei spielt Deutschland als Zielland chinesischer Investitionen im internationalen Vergleich eine eher untergeordnete Rolle.

Im Jahr 2017 flossen mehr als 57 Prozent aller chinesischen Direktinvestitionen nach Hongkong, knapp 12 Prozent entfielen auf den europäischen Kontinent und gut 4 Prozent auf die USA.

Der Anteil chinesischer Direktinvestitionen in Deutschland lag bisher im niedrigen einstelligen Prozentbereich.

Überhaupt haben chinesische Aktivitäten in der deutschen Wirtschaft erst in den vergangenen Jahren zugenommen. Bis 2010 spielten Investitionen aus der Volksrepublik hierzulande überhaupt keine Rolle. Zwischen 2011 und 2015 waren jährlich 23 bis 29 Beteiligungen und Übernahmen mit jeweils mehr als 10 Prozent der Stimmanteile zu verzeichnen. Einen deutlichen Anstieg gab es dagegen 2016 (Grafik):

Insgesamt 44 chinesische Beteiligungen und Übernahmen wurden 2016 in Deutschland gezählt.

Chinesische Übernahmen und Beteiligungen in Deutschland Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Zwar wird nicht immer bekannt, wie viel Geld die chinesischen Investoren in die Hand nehmen, die höchsten veröffentlichten Werte summierten sich 2016 jedoch auf 11 Milliarden Euro und 2017 auf gut 12 Milliarden Euro. Mit Blick auf die Branchenverteilung konzentrieren sich die Investitionen aus dem Reich der Mitte vor allem auf Unternehmen aus dem Maschinenbau und der Automobilindustrie (Grafik).

127 der 271 chinesischen Übernahmen und Beteiligungen in Deutschland fanden in den vergangenen Jahren im Maschinenbau- und Automobilsektor statt.

Zahl chinesischer Übernahmen und Beteiligungen zwischen 2010 und 2019 nach Branchen in Deutschland Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Damit ist die Sorge, die Volksrepublik könnte der Bundesrepublik durch Firmenübernahmen in deren Schlüsselbranchen industriell das Wasser abgraben, nicht ganz unberechtigt.

Allerdings fließt seit 2018 wieder deutlich weniger chinesisches Geld in deutsche Firmen: 2019 entsprachen die Investitionen nur noch einem Wert von 1,3 Milliarden Euro.

Chinesische Beteiligungen verhindert

Doch nicht nur in Deutschland, auch weltweit sind chinesische Investitionen seit 2018 wieder rückläufig. Dazu beigetragen haben sowohl die Unsicherheiten im Zuge der Handelsstreitigkeiten als auch regulatorische Verschärfungen innerhalb und außerhalb Chinas. Darunter fallen auch die Anpassungen der deutschen Außenwirtschaftsordnung in den Jahren 2017 und 2018, die den Erwerb deutscher Unternehmen durch ausländische Investoren erschweren sollen. Auf Initiative der Bundesrepublik setzte auch die EU im vergangenen Jahr erstmals einen rechtlichen Rahmen für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen.

Deutschland und die europäische Staatengemeinschaft sollten ihre wirtschaftliche Bedeutung nutzen, um faire Wettbewerbsbedingungen mit China auszuhandeln.

Dadurch wurden einige geplante chinesische Beteiligungen und Übernahmen verhindert. So musste sich die KfW Bankengruppe 2018 beim Netzbetreiber 50Hertz beteiligen, um dem geplanten Einstieg eines chinesischen Staatskonzerns zuvorzukommen. Auch der Verkauf des Geschäftsfelds Locomotives der Vossloh AG an eine Tochtergesellschaft der China Railway Rolling Stock Corporation im vergangenen Jahr liegt immer noch zur Prüfung im Bundeswirtschaftsministerium. Bei dieser vergleichsweise kleinen Übernahme wird befürchtet, dass dem chinesischen Unternehmen der Einstieg in den europäischen Transportmarkt eröffnet wird.

Die deutschen Bemühungen, den chinesischen Einfluss gering zu halten, werden Chinas Streben nach der Weltspitze allerdings kaum bremsen können – zumal sich ein Ende des Handelskonflikts anbahnt, wodurch chinesische Unternehmen wieder vermehrt in Kauflaune kommen könnten. Auch das Mammut-Infrastrukturprojekt der neuen Seidenstraße verdeutlicht Chinas wirtschaftliche Ambitionen. Deutschland und die europäische Staatengemeinschaft sollten daher ihre wirtschaftliche Bedeutung besser nutzen, um faire Wettbewerbsbedingungen mit China auszuhandeln, anstatt sich weiter abzuschotten.

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