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Metall- und Elektro-Industrie Lesezeit 4 Min.

Brexit: Vorbereitung dringend empfohlen

Ob weicher Brexit oder gar kein Abkommen – der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU wird den grenzüberschreitenden Handel für die Unternehmen der M+E-Industrie spürbar verändern. Vor allem ein harter Brexit könnte die Situation im März 2019 schlagartig verschärfen – die Betriebe sollten sich jetzt auf den Ernstfall vorbereiten.

Kernaussagen in Kürze:
  • Noch immer ist nicht klar, wie die Handelsbeziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich nach dessen Austritt aus der Staatengemeinschaft Ende März 2019 aussehen werden.
  • Die exportorientierten deutschen M+E-Unternehmen sollten sich deshalb auf alle möglichen Szenarien gut vorbereiten.
  • Wichtige Themen sind die Gültigkeit von Verträgen, verlängerte Lieferzeiten und die Arbeitserlaubnis für Beschäftigte im Ausland.
Zur detaillierten Fassung

Mitte November sei Schluss, sagte Michel Barnier, Brexit-Beauftragter der EU-Kommission, unlängst im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Gemeint sind die Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien über ein Handelsabkommen nach dem Brexit. Zwar tritt das Vereinigte Königreich erst am 29. März 2019 offiziell aus der Staatengemeinschaft aus, ein gemeinsames Ergebnis der Gespräche zwischen Großbritannien und der Kommission müsste aber noch von allen nationalen Regierungen der EU-Länder abgesegnet werden. Das braucht Zeit. Nur mit einem Abkommen würde auch eine 21-monatige Übergangsphase starten, in der rechtliche Details zu klären sind und der neu geordnete Handel schrittweise etabliert werden kann. Im schlimmsten Fall sind aber in gut einem halben Jahr von einem auf den anderen Tag die Grenzen Großbritanniens dicht.

Viel Handel mit Großbritannien

Da derzeit noch völlig unklar ist, wie die Handelsbeziehungen zwischen den Briten und der künftigen EU-27 aussehen werden, müssen sich deutsche Unternehmen sowohl auf einen weichen als auch auf einen harten Brexit intensiv vorbereiten. Das gilt insbesondere für die exportorientierte M+E-Industrie, denn sie ist geschäftlich eng mit dem Vereinigten Königreich verbunden (Grafik):

Im Jahr 2017 exportierten die deutschen M+E-Unternehmen Waren im Wert von 53,8 Milliarden Euro nach Großbritannien.

Exporte der deutschen M+E-Industrie im Jahr 2017 in Milliarden Euro Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Das Vereinigte Königreich lag damit auf Platz vier der wichtigsten Handelspartner.

Und die Geschäfte laufen weiterhin gut. Im ersten Halbjahr 2018 betrug der exportierte Warenwert 27,2 Milliarden Euro. Mit rund 13 Milliarden Euro war die Autoindustrie der mit Abstand größte Exporteur, gefolgt vom Maschinenbau mit etwa 4,7 Milliarden Euro.

Die deutschen M+E-Unternehmen sollten sich auf einen möglichen harten Brexit gut vorbereiten und schon heute rechtliche Fragen klären.

Importe von der Insel spielen für die M+E-Betriebe ebenfalls eine große Rolle. Für knapp 10,1 Milliarden Euro kauften sie in den ersten sechs Monaten des Jahres dort ein. Die Unternehmen müssen sich nun fragen: Was kann nach dem 29. März 2019 auf uns zukommen?

Verträge. Wenn neue Verträge – etwa mit britischen Zulieferern – geschlossen werden, sollten die Unternehmen die möglichen Auswirkungen des Brexits berücksichtigen, zum Beispiel fehlende Produktzulassungen und Zölle. In vielen Betrieben gibt es bereits langfristige vertragliche Vereinbarungen mit Partnern auf der Insel. Inwieweit diese auch nach dem Austritt der Briten noch Gültigkeit haben und ob Probleme schon heute durch ergänzende Regelungen vermieden werden können, sollten die Unternehmen rechtlich prüfen lassen.

Lieferfristen. Die Experten sind sich einig, dass ein ungeordneter Brexit zunächst einmal zu Chaos an den Grenzen führen wird. Waren werden wieder auf beiden Seiten kontrolliert. Die Einschränkungen betreffen sowohl den Straßengüter- als auch den Luftverkehr.

Unternehmen müssen daher ihre Lieferfristen im Auge behalten und gegebenenfalls anpassen. Das gilt sowohl für Exporteure als auch für Importeure. Auch hier ist eine rechtliche Prüfung sinnvoll. Zu klären ist, ob bei Lieferverzug Vertragsstrafen drohen.

Des Weiteren müssen die Unternehmen Ressourcen für das Erstellen und Verwalten von Zollanmeldungen einplanen.

Lagerbestand. Intensive Kontrollen an den Grenzen sind vor allem für jene Unternehmen ein Problem, die „just in time“ arbeiten. Von den M+E-Branchen betrifft dies den Fahrzeugbau am stärksten. Betriebe sollten sich überlegen, ob sie ihre Lagerbestände deutlich erhöhen. Das verursacht zwar auf der einen Seite zusätzliche Kosten, auf der anderen Seite sichert die Maßnahme aber die fortlaufende Produktion.

Bürokratie. Viele Firmen entsenden Mitarbeiter ins Ausland, zum Beispiel zur Montage von Maschinen oder zu deren Wartung. Nach dem Brexit können die Beschäftigten nicht mehr ohne Weiteres ins Vereinigte Königreich einreisen. Bei langfristigen Aufenthalten werden womöglich Arbeitsvisa benötigt. Auch hier können sich Betriebe informieren und im Ernstfall frühzeitig die entsprechenden Papiere und Genehmigungen beantragen.

Neben den kurzfristigen Effekten wird der Brexit auch langfristig Folgen für die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich haben, und das wird sich auch auf die Investitionsbereitschaft auswirken.

In den vergangenen Jahren hat die deutsche Industrie ihre Direktinvestitionen im Vereinigten Königreich deutlich erhöht (Grafik):

Das Verarbeitende Gewerbe investierte im Jahr 2016 gut 20,8 Milliarden Euro im Vereinigten Königreich, 2010 waren es erst 14,2 Milliarden Euro.

Investitionen deutscher Unternehmen im Vereingten Königreich in Millionen Euro Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Die M+E-Industrie hat einen großen Anteil an diesen Kapitalflüssen, das gilt vor allem für drei Branchen: Die Betriebe des Maschinenbaus investierten 2016 knapp7,3 Milliarden Euro, die Autoindustrie folgte mit 7 Milliarden Euro, und die Hersteller von elektrischen Ausrüstungen wendeten gut 3,4 Milliarden Euro auf.

Da Investitionen in der Regel langfristig geplant sind, dürfte der offene Ausgang der Verhandlungen zwischen den Briten und der EU die Investitionsbereitschaft zurzeit eher bremsen. Der Brexit könnte für Unternehmen aber auch Vorteile bieten, zum Beispiel durch eine Abwertung des Pfunds gegenüber dem Euro.

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