Brexit: Die Rechnung für die Briten
Trotz der jüngsten Gegenwehr des britischen Parlaments hält Premier Boris Johnson bislang anscheinend an seinem Ziel fest, das Vereinigte Königreich am 31. Oktober aus der EU zu führen – ob mit oder ohne Abkommen. Die anderen EU-Staaten sind allerdings wenig geneigt, von den bereits getroffenen Vereinbarungen abzuweichen. Darin geht es auch um viel Geld.
- Dem zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich ausgehandelten Austrittsabkommen zufolge müssten die Briten bis 2064 zwischen 40 und 45 Milliarden Euro an die EU zahlen.
- Die größten Posten sind die britischen Beiträge zum EU-Haushalt und die Zahlungen zu mehrjährigen Programmen der EU.
- Wenn es am 31. Oktober zu einem No-Deal-Brexit käme, wären all diese finanziellen Regelungen hinfällig. Das Verhältnis zwischen EU und Vereinigten Königreich wäre dann aber stark belastet.
Boris Johnson hat zwar mehrfach geäußert, dass sich sein Land im Fall eines No-Deal-Brexits an keine Zahlungsverpflichtungen gebunden fühle. Bislang jedoch hat sich die EU von diesen Drohungen nicht beeindrucken lassen und beharrt auf dem ausgehandelten Abkommen.
In der darin enthaltenen Finanzregelung sind keine fixen Beträge vereinbart worden, sondern eine Methode, nach der die gegenseitigen finanziellen Verpflichtungen berechnet werden.
Auf dieser Basis hat die britische Regierung die Kosten des Brexits berechnet – für das zunächst vorgesehene Austrittsdatum Ende März 2019 (Grafik):
Insgesamt müsste das Vereinigte Königreich bis zum Jahr 2064 zwischen 40 und 45 Milliarden Euro an die EU zahlen – der Großteil dieses Betrags wäre bis 2026 fällig.
Zum einen geht es dabei um die britischen Beiträge zum EU-Haushalt. Diese werden so berechnet, als ob die Briten noch bis Ende 2020 EU-Mitglied wären – angesetzt werden 17 bis 18 Milliarden Euro.
Dem zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich ausgehandelten Austrittsabkommen zufolge müssten die Briten bis 2064 zwischen 40 und 45 Milliarden Euro an die EU zahlen.
Zum anderen steuert das Vereinigte Königreich seinen Anteil zu mehrjährigen Programmen der EU bei – zum Beispiel im Rahmen der Kohäsionspolitik. Diese Zahlungen werden zum Teil erst nach 2020 fällig. Bis 2026 könnte das die Briten bis zu 23 Milliarden Euro kosten.
Darüber hinaus stehen noch kleinere Verpflichtungen auf der Rechnung, die sich aber über einen deutlich längeren Zeitraum erstrecken – unter anderem die Pensionszahlungen an frühere EU-Beschäftigte.
All diese finanziellen Regelungen wären zunächst hinfällig, wenn es am 31. Oktober zu einem No-Deal-Brexit käme. Zahlt London dann tatsächlich nichts mehr, müssten die 27 übrigen Mitgliedsstaaten die Lücke schließen, da die EU aufgrund der mehrjährigen Haushaltsplanung ihre Ausgaben nicht kurzfristig reduzieren kann.
Für den Rest des Jahres 2019 würden der EU ohne die britischen Zahlungen knapp 1,6 Milliarden Euro im Budget fehlen, 2020 wäre eine Lücke von 9,5 Milliarden Euro zu stopfen.
Deutschland müsste dann im kommenden Jahr voraussichtlich 2,4 Milliarden Euro zusätzlich in den EU-Haushaltstopf einzahlen.
Würde dieses Szenario Realität, wären die Verhandlungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU-27 über ein künftiges Abkommen massiv belastet. Der Streit könnte sogar vor einem internationalen Gericht landen.