Wirtschaftsporträt Lesezeit 2 Min.

Bremen vor der Wahl

Am 26. Mai bestimmen gut 480.000 Wahlberechtigte im Zwei-Städte-Staat Bremen die Zusammensetzung ihrer neuen Bürgerschaft. Es könnte ein historischer Wahltag werden.

Kernaussagen in Kürze:
  • Am 26. Mai wählt Bremen eine neue Bürgerschaft. Die Wirtschaftslage im Stadtstaat ist ambivalent.
  • Dank der vielen Einpendler ist das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner zwar deutlich höher als im Bundesdurchschnitt.
  • Zugleich sind Arbeitslosigkeit, Armutsgefährdung und Verschuldung an der Weser aber so hoch wie in keinem anderen Bundesland.
Zur detaillierten Fassung

Das Bruttoinlandsprodukt ist ein guter Indikator dafür, wie es den Menschen geht. An dieser Elle gemessen müssten die rund 690.000 Bremer und Bremerhavener eigentlich zufrieden sein (Grafik):

Mit gut 50.000 Euro pro Kopf erwirtschafteten die Bremer 2018 fast 10.000 Euro mehr als im Bundesdurchschnitt – nur die Hamburger waren noch besser. Bremer Wirtschaftsdaten im Vergleich zum Bundesdurchschnitt Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Doch in Bremen, das von der Fläche und der Einwohnerzahl her das kleinste Bundesland ist, ticken die Uhren anders: Trotz der guten Konjunktur – 2018 war das Wirtschaftswachstum höher als in den meisten anderen Bundesländern – leidet Bremen an mehreren, fast chronischen Krankheiten:

Arbeitslosigkeit. Mit 9,8 Prozent hatte Bremen 2018 die mit Abstand höchste Arbeitslosenquote aller Bundesländer. Schon der Abstand zum zweitplatzierten Berlin mit seinen 8,1 Prozent war groß – der Bundesdurchschnitt von 5,2 schier unerreichbar. Ein Grund dafür ist ein anderer Rekord: Mit fast 44 Prozent waren in Bremen 2018 mehr Arbeitslose mindestens ein Jahr lang ohne Job, also langzeitarbeitslos, als in jedem anderen Bundesland.

Armutsgefährdung. In Bremen gab es 2017 mit 23 Prozent mehr Menschen, die weniger als 60 Prozent des Äquivalenzeinkommens zur Verfügung hatten, als in jedem anderen Bundesland. Der Durchschnitt lag bei 15,8 Prozent.

Im Jahr 2017 galten 23 Prozent der Bremer als armutsgefährdet – damit war die Armutsquote höher als in jedem anderen Bundesland.

Schulden. Mit dem Spitzenwert von fast 32.000 Euro pro Kopf war die Verschuldung in Bremen 2018 rund 30-mal höher als in Sachsen.

Hintergrund für die Bremer Misere ist ein unbewältigter Strukturwandel. Einst von Großindustrie geprägt, hat Bremen mittlerweile die meisten Arbeitsplätze in Werften und Stahlbetrieben verloren. Und die vorhandenen Jobs nutzen der Stadt insofern nicht viel, als ein relativ großer Teil von Einpendlern besetzt ist – und die zahlen ihre Steuern nicht in Bremen, sondern an ihrem Wohnort. So wohnten in Bremen 2018 rund 204.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, davon pendelten rund 46.000 in einen anderen Kreis – umgekehrt kamen aber gut 118.000 täglich zur Arbeit nach Bremen.

Eine Rekordserie könnte jedoch bald reißen. Laut Meinungsumfragen liefern sich CDU und SPD ein enges Rennen – gehen die Genossen am 26. Mai nicht als Sieger aus der Wahl hervor, würden sie erstmals seit 1945 nicht den Regierungschef stellen.

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