Landtagswahl Lesezeit 4 Min.

Bayern – eine weiß-blaue Erfolgsgeschichte

Am 14. Oktober wird im Freistaat ein neuer Landtag gewählt. Wäre die Wirtschaftslage das entscheidende Kriterium, hätten die Bayern kaum einen Grund, gegen die amtierende Regierung in München zu stimmen. Denn das Bundesland liegt bei vielen Wachstums- und Wohlstandsindikatoren in Deutschland vorn.

Kernaussagen in Kürze:
  • Bayern hat sich ökonomisch in den vergangenen Jahren sehr gut entwickelt. Von 2010 bis 2017 ist das Bruttoinlandsprodukt um mehr als 18 Prozent gewachsen.
  • Auch die Beschäftigtenzahlen sind im Süden der Republik zuletzt überdurchschnittlich stark gestiegen. Mit einer Arbeitslosenquote von 3,2 Prozent herrschte in Bayern 2017 quasi Vollbeschäftigung.
  • Die bayerische Politik räumt dem Thema Bildung einen hohen Stellenwert ein – mit Erfolg. Im Bildungsmonitor 2018 des Instituts der deutschen Wirtschaft erreichte der Freistaat den dritten Platz.
Zur detaillierten Fassung

Den aktuellen Umfragen zufolge droht der Christlich-Sozialen Union (CSU), die in Bayern seit Jahrzehnten meist allein regiert, bei der Landtagswahl ein herber Dämpfer. Offensichtlich sind viele Bürger unzufrieden mit der Politik – wobei sie in Sachen Wirtschaft kaum etwas zu meckern haben. Denn einer repräsentativen Umfrage zufolge bewerten 58 Prozent der Bayern ihre eigene wirtschaftliche Situation als gut oder sehr gut – gegenüber 53 Prozent der Deutschen insgesamt. Zudem meinen 47 Prozent der Menschen an Main, Isar und Donau, dass die Wirtschaft im Freistaat besser laufe als anderswo in Deutschland. In den anderen Bundesländern liegt dieser Wert im Schnitt nur bei 40 Prozent.

Und ihr Gefühl trügt die Bayern keineswegs – viele ökonomische Kennziffern belegen die weiß-blaue Erfolgsstory (Grafik):

Von 2010 bis 2017 ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Bayerns um mehr als 18 Prozent gewachsen – mit knapp 46.000 Euro liegt die Wirtschaftsleistung je Einwohner inzwischen rund 16 Prozent über dem deutschen Durchschnitt. Vergleich der wirtschaftlichen Kennzahlen Bayerns mit dem bundesweiten Durchschnitt Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Die privaten und öffentlichen Investitionen erreichten zuletzt 23,4 Prozent des BIP – so viel wie nirgendwo sonst in Deutschland. Damit sind gute Voraussetzungen gegeben, dass die bayerische Wirtschaft auf Wachstumskurs bleibt.

Niedrige Arbeitslosenquote

Auch die Beschäftigtenzahlen sind im Süden der Republik zuletzt überdurchschnittlich stark gestiegen und mit einer Arbeitslosenquote von nur noch 3,2 Prozent herrschte in Bayern 2017 quasi Vollbeschäftigung. Die hohe Wirtschaftskraft füllt darüber hinaus die öffentlichen Kassen: Im vergangenen Jahr erzielten das Land Bayern und seine Gemeinden einen Finanzierungsüberschuss von gut 5,6 Milliarden Euro – Nordrhein-Westfalen kam als Zweitplatzierter nicht mal auf einen halb so hohen Wert.

Bayern steht ökonomisch gut da. Mit knapp 46.000 Euro liegt die Wirtschaftsleistung je Einwohner rund 16 Prozent über dem deutschen Durchschnitt.

Um zu verstehen, warum der Standort Bayern so glänzend dasteht, lohnt sich ein Blick zurück. Nach dem Zweiten Weltkrieg siedelten Firmen wie Siemens und Audi aus der sowjetisch besetzten Zone nach Bayern um. Zugleich nahm das Land fast zwei Millionen Vertriebene aus dem Osten auf. Die bayerische Regierung erklärte der damaligen Besatzungsmacht USA, dass Bayern die Industriejobs brauche, um die einheimische Bevölkerung und die Neuankömmlinge zu ernähren. Die Amerikaner sahen daraufhin von größeren Demontagen ab und die bayerische Industrie konnte schnell an die Produktion der Vorkriegszeit anknüpfen.

Bayern stark im Bildungssektor

Am meisten machten den Firmen damals die hohen Energiepreise zu schaffen – die heimische Wasserkraft stieß an ihre Kapazitätsgrenzen und der Zukauf von Steinkohle war teuer. Aus der Not eine Tugend machend, konzentrierten sich die Unternehmen auf Produkte am Ende der industriellen Wertschöpfungskette – wie zum Beispiel Elektronik –, die statt viel Energie vor allem Know-how benötigen. Weil die Industrie folglich viele Fachkräfte brauchte, investierte Bayern stark in den Bildungssektor – so verdoppelte sich die Zahl der staatlichen Universitäten von 1962 bis 1978 auf zehn.

Bis heute räumt die bayerische Politik dem Thema Bildung einen hohen Stellenwert ein – mit Erfolg. Im Bildungsmonitor 2018 des Instituts der deutschen Wirtschaft erreicht der Freistaat von allen Bundesländern den dritten Rang (siehe: „Bildungsmonitor: Kaum noch Fortschritte“). Im Bereich berufliche Bildung liegt Bayern sogar ganz vorn. Und das System lässt nur wenige Kinder zurück:

Den aktuellsten Zahlen von 2016 zufolge bleiben in Bayern nur 5 Prozent der Schulabgänger ohne Abschluss, das ist bundesweit der zweitniedrigste Wert.

Damit aus Wissen auch Wertschöpfung entsteht, fördert die bayerische Staatsregierung derzeit in 17 themenbezogenen Netzwerken – sogenannten Clustern – die Zusammenarbeit von Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen. Der Dialog der klugen Köpfe aus Theorie und Praxis soll am Ende Innovationen hervorbringen, die das künftige Wachstum der Wirtschaft sichern. Die Themen der Cluster reichen von Digitalisierung über Energie und Gesundheit bis zur Mobilität.

Schon heute mangelt es den Entwicklern in den bayerischen Unternehmen nicht an Ideen (Grafik):

Im Jahr 2017 wurden aus Bayern 278 Patente je 100.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldet. Patentanmeldungen je 100.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Jahr 2017 nach Bundesländern Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Damit lag Bayern hinter Baden-Württemberg auf Rang zwei aller Bundesländer – mit deutlichem Vorsprung auf das drittplatzierte Niedersachsen.

Die Voraussetzungen für weitere Erfolge „made in Bayern“ sind also gut. Dennoch ist unterm weiß-blauen Himmel keineswegs alles perfekt, auch nicht aus Sicht der Wirtschaft. Beispielsweise lässt die Digitalisierung in den mittelständischen Unternehmen laut den Industrie- und Handelskammern (IHK) in Bayern zu wünschen übrig. Die Kammern fordern die künftige Regierung in München daher unter anderem auf, die Informations- und Kommunikationsinfrastruktur weiter auszubauen. Dies halten die IHK auch im Hinblick auf die „Arbeit 4.0“, also die Digitalisierung des gesamten Arbeitslebens, für notwendig. Zwar waren Ende 2017 immerhin 80,1 Prozent der privaten Haushalte in Bayern mit einem Breitbandanschluss mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde ausgestattet – doch ausgerechnet bei diesem zukunftsweisenden Indikator blieb das Land einen Tick hinter dem Bundesdurchschnitt von 80,5 Prozent zurück.

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