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Berufswahl auch eine Frage der Persönlichkeit

Frauen und Männer bevorzugen oft unterschiedliche Berufe. Daran hat sich auch in den vergangenen Jahren kaum etwas verändert. Ein Grund für diese weitgehende berufliche Trennung ist offenbar, dass den Geschlechtern unterschiedliche Dinge wichtig sind.

Kernaussagen in Kürze:
  • Frauen und Männer bevorzugen nach wie vor oft unterschiedliche Berufe – Frauen arbeiten im Dienstleistungsbereich, Männer sind technisch orientiert.
  • Zum Teil ist dies mit unterschiedlichen persönlichen Präferenzen zu erklären, so ist es Frauen in vielen Fällen wichtig, im Beruf für andere da zu sein.
  • Um die Geschlechtersegregation bei der Berufswahl aufzubrechen, müssen junge Menschen besser über berufliche Alternativen informiert werden.
Zur detaillierten Fassung

Und es bewegt sich – nichts. Seit vielen Jahren entscheiden sich junge Frauen bevorzugt für Dienstleistungsberufe und werden zum Beispiel Lehrerin, Krankenpflegerin oder Verkäuferin, während Männer technische Berufe bevorzugen. Dies ist keineswegs nur eine gefühlte Wahrheit, wie Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) beispielhaft belegen:

Im Jahr 2017 waren in Deutschland etwa 80 Prozent aller Erwerbstätigen in den Gesundheitsberufen sowie aller nicht wissenschaftlichen Lehrkräfte Frauen – seit 2003 haben sich diese Anteile kaum geändert.

Dagegen ist und war teils nicht mal jeder zehnte Erwerbstätige in den Bau- und Metallberufen weiblich.

Am meisten Bewegung gab es in der Gruppe der „Sonstigen Wissenschaftler und verwandte Berufe“, zu denen zum Beispiel Juristen, Sozialwissenschaftler und Unternehmensberater zählen – dort stieg der Frauenanteil von gut 39 Prozent im Jahr 2003 auf knapp 55 Prozent im Jahr 2017.

Gesundheits-, Verkaufs- und pädagogische Berufe sind in Deutschland fest in Frauenhand – und das seit vielen Jahren unverändert.

Die Frage, warum die Geschlechter nach wie vor häufig unterschiedliche, stereotype Berufswege gehen, ist wissenschaftlich schwer zu beantworten. Vor allem lässt sich die Rolle, die gesellschaftliche Normen und Erwartungen dabei spielen, kaum eindeutig ermitteln. Mithilfe des SOEP ist es aber zumindest möglich zu klären, inwieweit die Vertretung von Männern und Frauen in geschlechtstypischen Berufsgruppen mit unterschiedlichen individuellen Präferenzen zusammenhängt.

Persönliche Präferenzen beeinflussen die Jobwahl

So legen Studien zufolge Männer tendenziell mehr Wert darauf, einen gut entlohnten Job zu haben. Und auch aus der repräsentativen Haushaltsbefragung im Rahmen des SOEP geht hervor, dass es für einen größeren Teil der Männer wichtig oder sehr wichtig ist, sich etwas leisten zu können. Zugleich ist dieser Anteil bei denjenigen Männern und Frauen etwas höher, die sich für einen männertypischen Job entschieden haben – verglichen mit jenen, die in einem frauentypischen Beruf arbeiten.

Ein noch deutlicheres Bild ergibt sich, wenn es um die Bedeutung uneigennützigen Verhaltens geht. Die Vermutung liegt nahe, dass die Bedeutung des Aspekts, für andere da zu sein, mit der Präferenz für Dienstleistungsberufe – zum Beispiel in der Kranken- und Altenpflege – korreliert. Und tatsächlich (Grafik):

Für mehr als 42 Prozent der Frauen, die in einem frauentypischen Beruf arbeiten, ist es sehr wichtig, für andere da zu sein. Bei Frauen in männertypischen Berufen beträgt dieser Anteil weniger als 37 Prozent.

Für so viel Prozent der Befragten, die im Jahr 2016 in frauen- bzw. männertypischen Berufen arbeiteten, war es sehr wichtig, im Beruf für andere da zu sein Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Berufstätige Männer messen altruistischem Verhalten in der Regel eine etwas geringere Bedeutung bei, doch auch bei ihnen zeigt sich ein deutlicher Unterschied je nachdem, ob sie sich für einen männer- oder einen frauentypischen Beruf entschieden haben.

Generell zeigen die SOEP-Ergebnisse, dass persönliche Präferenzen einen Einfluss darauf haben können, wie stark Frauen und Männer in geschlechtertypischen Berufsgruppen vertreten sind. Zwar führen Berufswechsel im Laufe des Erwerbslebens tendenziell dazu, die geschlechterbezogenen Unterschiede etwas abzubauen, doch im Großen und Ganzen passen die Werte, die Männern und Frauen wichtig sind, offenbar zu den traditionellen Berufswegen.

Nun ist grundsätzlich eine Entscheidung für oder gegen einen Beruf zu respektieren, die aufgrund persönlicher Präferenzen getroffen wird. Es könnte sich allerdings anbieten, künftigen Berufseinsteigern mehr Informationen über berufliche Alternativen an die Hand zu geben – etwa bezüglich Verdienstmöglichkeiten, Karrierechancen, Tätigkeitsprofilen und Arbeitsbedingungen. Damit könnten sowohl junge Frauen als auch Männer ein noch breiteres Wissen über verschiedene Berufe in ihre Entscheidung einbeziehen und sich möglicherweise weniger von Traditionen und Normen leiten lassen.

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