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Bei Corona-Hilfen die Treffsicherheit stärker in den Blick nehmen

Die staatlichen Hilfen und das soziale Sicherungssystem haben die finanziellen Folgen der Corona-Pandemie in Deutschland bislang wirksam abgefedert. Im Sinne nachhaltiger Staatsfinanzen muss die Treffsicherheit der Maßnahmen in den kommenden Monaten jedoch stärker in den Blick genommen werden, fordert Martin Beznoska, Co-Autor der neuen IW-Studie zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Einkommensverteilung.

Kernaussagen in Kürze:
  • IW-Ökonom Martin Beznoska attestiert den staatlichen Hilfen und dem Sozialsystem, dass sie die Folgen der Corona-Krise bislang gut abgefedert haben.
  • Er sieht aber Potenzial für mehr Treffsicherheit: Die neue Überbrückungshilfe, die an den Fixkosten ansetzt, sei dafür ein erster Schritt.
  • Mittelfristig muss es für Deutschland aber darum gehen, auf den Wachstumskurs zurückzukehren, denn die Demografie stellt das Land vor weitere große Herausforderungen.
Zur detaillierten Fassung

Um die finanziellen Folgen für private Haushalte und Unternehmen abzufedern, hat die Bundesregierung seit dem Frühjahr 2020 eine Vielzahl sozial- und finanzpolitischer Maßnahmen beschlossen. Neben dem vereinfachten Zugang zur Grundsicherung und der Stärkung des Kurzarbeitergelds wurden umfangreiche Überbrückungshilfen, Darlehen sowie vergünstigte Kredite bereitgestellt.

Gerade für jene Branchen, die der Lockdown besonders hart trifft, sollte der Staat seine Maßnahmen nachbessern

Außerdem wurden die Mehrwertsteuer temporär gesenkt und ein Kinderbonus ausgezahlt, um die Nachfrage zu stabilisieren. So konnten ein rasanter Anstieg der Arbeitslosigkeit und eine Welle von Unternehmensinsolvenzen fürs Erste vermieden werden.

Die Ergebnisse der Simulationsanalyse des IW zeigen, dass die Maßnahmen in Verbindung mit den bereits bestehenden Instrumenten des deutschen Sozialstaats wirksam waren:

Kurzarbeitergeld gleicht Einkommensverluste aus

Die Auswirkungen auf das verfügbare Einkommen der privaten Haushalte waren zwar spürbar und in einzelnen Fällen trotz der Maßnahmen erheblich, aber über die gesamte Bevölkerung deutlich abgeschwächt im Vergleich zu den Veränderungen der Markteinkommen. Vor allem das Kurzarbeitergeld gleicht treffsicher Einkommensverluste aus.

Martin Beznoska ist Senior Economist für Finanz- und Steuerpolitik im Institut der deutschen Wirtschaft; Foto: IW Medien Gerade in jenen Branchen, die besonders unter den Auswirkungen des neuerlichen Lockdowns leiden – also beispielsweise in der Gastronomie, der Veranstaltungs- und Reisebranche – könnte der Staat jedoch nachbessern:

Da der Lockdown jetzt noch einmal deutlich verschärft wurde und sein Ende nicht absehbar ist, ist die Idee einer an den Fixkosten ansetzenden Überbrückungshilfe III ein Schritt in die richtige Richtung.

Konkret: Um den Verwaltungsaufwand so gering wie möglich zu halten, sollten große Fixkostenkomponenten wie Miete/Pacht, Zinsen und Versicherungsbeiträge erstattet werden – auf Nachweis und mit einem Risikoaufschlag versehen. Letzterer würde für Selbstständige wie ein Kurzarbeitergeld wirken und unverschuldet in Not geratene Personen besser auffangen.

Nach der Krise Staatsfinanzen konsolidieren

Und danach? Bald soll ein Impfstoff in Deutschland verfügbar sein. Somit besteht Hoffnung, dass mittelfristig ein Ende der Einschränkungen möglich ist. Dann gilt es, die fiskalischen Defizite zurückzufahren, also beispielsweise krisenbedingte Mehrausgaben wieder zu reduzieren und temporäre steuerliche Begünstigungen zurückzunehmen.

Zudem ist es zentral, dass Deutschland möglichst schnell auf den Beschäftigungs- und Wachstumspfad von vor der Krise zurückkehrt. Die dann wieder anziehenden Steuereinnahmen könnten die Konsolidierung unterstützen.

Nach der Corona-Krise ist vor der Demografie-Krisen

Wenn das gelingt, sind die in der Krise aufgebauten Schulden verkraftbar und die deutsche Schuldenstandsquote kann – ohne Steuererhöhungen wohlgemerkt – erneut unter die Maastricht-Grenze von 60 Prozent fallen, die vor der Krise im Jahr 2019 erstmals wieder unterschritten wurde.

Allerdings droht von anderer Seite Gefahr: von den zu erwartenden Lasten des demografischen Wandels. Allein schon aus diesem Grund muss die Finanzpolitik im nächsten Jahrzehnt Prioritäten bei den Staatsausgaben setzen und so die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen langfristig sichern.

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