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30 Jahre Mauerfall – Deutschlands Entwicklung seit 1989

Der Satz war holprig: „Das tritt nach meiner Kenntnis ... ist das sofort, unverzüglich“, sagte SED-Politbüromitglied Günter Schabowski am 9. November 1989 auf einer Pressekonferenz und löste damit letztendlich den Fall der Berliner Mauer aus. Seither hat sich in den neuen Bundesländern viel getan, unter anderem auf dem Arbeitsmarkt, in der Infrastruktur und im Tourismus. Ein kompakter Überblick.

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Auto + Straße

1:45 h

dauert heute eine Bahnfahrt von Hamburg nach Berlin. 1990 waren es noch 4 Stunden und 3 Minuten

Infrastruktur

Mit dem Fall der Mauer und der EU-Osterweiterung entwickelte sich der Verkehr im Transitland Deutschland rasant. Allein mit dem Programm „Verkehrsprojekte Deutsche Einheit“ hat die Bundesregierung von 1991 bis Ende 2017 in die ostdeutsche Infrastruktur 36,9 Milliarden Euro investiert (davon 19 Milliarden Euro in Schienen-, 16 in Straßen- und 1,9 in Wasserstraßenprojekte).

Zu Lande, zu Wasser, aber auch in der Luft geht es infrastrukturell voran. Das Luftfrachtdrehkreuz in Leipzig-Halle ist ein wichtiger logistischer Knotenpunkt. Im vergangenen Jahr wurden dort rund 1,2 Millionen Tonnen Luftfracht und -post umgeschlagen. Zehn Jahre zuvor waren es nur 430.000. Am Flughafen arbeiten mehr als 9.500 Mitarbeiter.

Quelle: Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur

Tourismus

Der Mauerfall gilt als größter Gewinn für den Tourismus in Deutschland – bis heute. Die Ostseeküste ist das meistbesuchte Urlaubsziel der Bundesbürger. Laut einer Allensbach-Umfrage aus dem Jahr 2019 reisten 10,1 Prozent innerhalb eines Jahres ans Meer zwischen Flensburger Förde und Usedom. Spanien (9,7 Prozent) und Italien (9,5 Prozent) folgen auf den Plätzen zwei und drei. Das größte Tourismus-Wachstum auf Bundesländerebene verbucht Mecklenburg-Vorpommern: Dort haben sich in den Jahren 1992 bis 2017 die Übernachtungen je 1.000 Einwohner von 3.520 auf 18.472 verfünffacht, so das Statistische Bundesamt. Nach absoluten Zahlen ist Bayern die Nummer eins – mit rund 99 Millionen Übernachtungen im Jahr 2018.

Quellen: IfD Allensbach, Statistisches Bundesamt

477,6 Millionen

Gästeübernachtungen zählten die deutschen Beherbergungsbetriebe im Jahr 2018 – 50 Prozent mehr als noch 1992. Der Anteil der Auslandsgäste ist sogar um 130 Prozent gestiegen

Lediglich 7,2

der Innovationsausgaben der Wirtschaft im Jahr 2017 gingen auf das Konto der Unternehmen in Ostdeutschland

Forschung

30 Universitäten, 55 Fachhochschulen und knapp 200 außeruniversitäre Forschungseinrichtungen – in den ostdeutschen Bundesländern gibt es mittlerweile viele Bildungs- und Forschungsstandorte. Die Universität Dresden sowie der Berliner Verbund aus Humboldt-Universität, Technischer Universität und Freier Universität wurden kürzlich sogar als Exzellenzuniversitäten ausgezeichnet und erhalten nun entsprechende Fördermittel.

Die Unternehmen in Ostdeutschland liegen dagegen in Sachen Forschung noch zurück. Ihre FuE-Ausgaben beliefen sich 2017 auf knapp 5 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Selbst das kleine Hessen kommt auf Innovationsausgaben von fast 6,2 Milliarden Euro. Außerdem arbeiten im Osten anteilig nur halb so viele Menschen wie in den alten Bundesländern im Bereich Forschung und Entwicklung.

Quellen: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.

Berlin

Mit dem Fall der Mauer begann der Aufstieg Berlins – von der grauen, geteilten Stadt zu einer schillernden, weltoffenen Metropole in der Mitte des zusammenwachsenden Europas. 32,9 Millionen Gästeübernachtungen verbuchte die meistbesuchte Stadt Deutschlands im Jahr 2018 (1993: 7,3 Millionen). Mit etwa 140.000 Events und 11,7 Millionen Teilnehmern pro Jahr ist sie die größte deutsche Messe- und Kongressstadt. Als einer der größten Wissenschaftsstandorte Europas hat die Hauptstadt außerdem die bundesweit höchste Forscher- und Akademikerdichte. Auch wirtschaftlich holt Berlin auf: 2018 stieg das Bruttoinlandsprodukt dort um 3,1 Prozent (in ganz Deutschland: + 1,5 Prozent).

Quellen: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, BerlinOnline Stadtportal, Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, Statistisches Bundesamt

30 %

… aller deutschen Start-ups haben ihren Sitz in Berlin. 5,1 Unternehmen pro Stunde werden dort gegründet

42 Milliarden

Euro wurden für Investitionen in ostdeutschen Betrieben von 1991 bis 2017 im Rahmen der Regionalförderung bewilligt

Unternehmen

Das Rückgrat der ostdeutschen Wirtschaft ist der Mittelstand. Denn was die großen Konzerne betrifft, sieht es mau aus. Kein einziges ostdeutsches Unternehmen ist im DAX notiert. Und Zentralen von Großkonzernen sind im Osten die absolute Ausnahme. Aber es gibt sie: Leuchtturmunternehmen, die gleichwohl traditionell als auch zukunftsweisend sind. So steht Carl Zeiss in Jena für die milliardenschwere Optikindustrie-Branche. Und dann ist da noch das IT-Cluster Silicon Saxony. 300 Firmen gehören zu dem Hightech-Netzwerk. Halbleiterhersteller Infineon sitzt hier und bald Bosch mit einer Chipfabrik.

Übrigens: Das BIP je Einwohner hat 2017 in Ostdeutschland 73,2 Prozent des westdeutschen Niveaus erreicht. Seit dem Jahr 2007 hat sich der Unterschied zu Westdeutschland um 4,2 Prozentpunkte verringert.

Quelle: Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur

Arbeitsmarkt

Nach der Wiedervereinigung mussten sich die ostdeutschen Unternehmen dem marktwirtschaftlichen Wettbewerb stellen – die „Vollbeschäftigung“ der sozialistischen DDR war Geschichte. Die Arbeitslosenquote schoss in der Folge nach oben und erreichte 2005 mit fast 19 Prozent ihren Höhepunkt.

Doch das ist längst vergessen: Mittlerweile nähert sich die Quote im Osten der in den „alten“ Bundesländern an und vielerorts fehlen Fachkräfte.

Natürlich – auch das gehört zur Wahrheit – spielt es eine Rolle, dass viele Menschen aus Ostdeutschland auf der Suche nach besseren (Job-)Perspektiven in den Westen gezogen sind. Allerdings ist nicht nur die Arbeitslosenquote deutlich gesunken, auch die Zahl der Erwerbstätigen hat sich in den ostdeutschen Flächenländern um 4,5 Prozent erhöht, in Berlin sogar um unglaubliche 24 Prozent.

Quelle: Bundesagentur für Arbeit

1.642

Euro betrug das mittlere Haushaltsnettoeinkommen pro Kopf und Monat in Westdeutschland im Jahr 2016, in Ostdeutschland inklusive Berlin lag es bei 1.538 Euro

Wohlstand

Mehr Wohlstand – das war eine der großen Hoffnungen der Menschen in Ostdeutschland, als die Mauer fiel. Heute ist die Kaufkraft im Osten nur noch geringfügig niedriger als im Westen – pro Kopf beträgt die Lücke lediglich gut 100 Euro je Monat. Bei einer Bewertung dieser Lücke sollte man zweierlei im Hinterkopf haben: Einerseits sind viele Produkte und Dienstleistungen im Osten noch immer günstiger, die Bürger können sich also mehr leisten. Andererseits arbeiten sie im Durchschnitt auch mehr Stunden pro Woche als die Kollegen im Westen. Denn bei den Löhnen gibt es noch immer ein West-Ost-Gefälle: Der durchschnittliche Bruttostundenverdienst der Voll- und Teilzeitbeschäftigten in der Industrie und im Dienstleistungssektor betrug 2018 im Westen 24,93 Euro, im Osten dagegen nur 20,03 Euro.

Quellen: Forschungsdatenzentrum des Bundes und der Länder, Institut der deutschen Wirtschaft

Kernaussagen in Kürze:
  • Seit dem Mauerfall 1989 hat sich in Ostdeutschland viel getan. So wurden bis 2017 allein in die Infrastruktur knapp 37 Milliarden Euro investiert.
  • Mit dem Fall der Mauer begann auch der Aufstieg Berlins. 32,9 Millionen Gästeübernachtungen verbuchte die meistbesuchte Stadt Deutschlands im Jahr 2018.
  • Der Arbeitsmarkt hat sich ebenfalls gut entwickelt. Die Quote im Osten nähert sich der in den alten Bundesländern immer weiter an.
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