Wirtschaftspolitik Lesezeit 2 Min.

Zu wenig De-Risking von China

Die deutsche Wirtschaft ist gut beraten, weniger abhängig von China zu werden – dies ist mittlerweile weitgehend Konsens. Doch viele Unternehmen kommen bei diesem sogenannten De-Risking kaum voran oder beabsichtigen dies nicht einmal. Die Frage stellt sich, ob und in welcher Form der Staat eingreifen sollte.

Kernaussagen in Kürze:
  • Von den nordrhein-westfälischen Unternehmen, die wichtige Vorleistungen aus China beziehen, sagen nur 19 Prozent, dir Rolle Chinas als Lieferant werde in den kommenden fünf Jahren kleiner.
  • Viele Firmen scheuen offenbar vor den Kosten des De-Risking zurück.
  • Der Staat könnte die Anreize erhöhen, indem er die entsprechenden Rahmenbedingungen anpasst.
Zur detaillierten Fassung

Spätestens seit Russlands Krieg gegen die Ukraine und seinen Folgen für die europäische Gasversorgung ist der Abbau geostrategischer Risiken in den Blickpunkt der deutschen Wirtschaftspolitik gerückt. Auch von China sollen die hiesigen Unternehmen unabhängiger werden – etwa bei kritischen Gütern wie Rohstoffen.

Bislang allerdings diversifiziert nur ein überschaubarer Teil der Betriebe ihren Vorleistungsbezug. Laut einer Unternehmensumfrage der Deutschen Bundesbank vom Frühjahr haben von allen Industriefirmen, die auf Vorleistungen aus China angewiesen sind, mehr als zwei Fünftel noch keine Maßnahmen ergriffen oder zeitnah geplant, um diese Abhängigkeit zu reduzieren.

Von den nordrhein-westfälischen Unternehmen, die wichtige Vorleistungen aus China beziehen, sagen nur 19 Prozent, die Rolle Chinas als Lieferant werde in den kommenden fünf Jahren kleiner.

Die Ergebnisse einer Befragung von Betrieben in Nordrhein-Westfalen, an der das IW beteiligt war, sind noch beunruhigender (Grafik):

Von den Unternehmen, die wichtige Vorleistungen aus China beziehen, sagen nur 19 Prozent, die Rolle Chinas als Lieferant werde in den kommenden fünf Jahren kleiner – 48 Prozent setzen künftig sogar noch stärker auf chinesische Vorprodukte.

So viel Prozent der Unternehmen in Nordrhein-Westfalen sagen, Chinas Bedeutung als Lieferant von Vorleistungen werde in den kommenden fünf Jahren abnehmen/unverändert bleiben/zunehmen Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Möglicherweise haben die Unternehmen zu wenig Anreiz, das De-Risking voranzutreiben, weil eine Art Marktversagen vorliegt. Denn China subventioniert seine Industrie massiv, sodass deren Produkte oft günstiger sind als die aller Konkurrenten weltweit. Deutsche Unternehmen können demnach ihre Vorleistungen sehr wahrscheinlich nur zu höheren Kosten aus anderen Quellen beziehen – was sich negativ auf ihre Wettbewerbsfähigkeit auswirkt. Für bestimmte Vorprodukte mag es kurzfristig sogar kaum andere Lieferanten geben, weil chinesische Unternehmen den Markt dominieren.

Der Staat könnte helfen

Um die Anreize zum De-Risking zu erhöhen, könnte der deutsche Staat die Rahmenbedingungen anpassen. Beispielsweise sollten die für die Außenwirtschaftsförderung zuständigen Institutionen die Firmen verstärkt über Diversifizierungsmöglichkeiten informieren und Hilfestellung geben. Auch eine finanzielle Förderung von Firmen, die weitreichende Pläne zur Neuordnung ihrer Lieferketten vorlegen, ist zu erwägen.

Nicht zuletzt ist – auf europäischer Ebene – der Abschluss zusätzlicher Freihandelsabkommen essenziell, etwa mit den Mercosur-Staaten (siehe "EU muss beim Freihandelsabkommen Tempo machen").

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