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Wohneigentum: Zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Deutschland gilt als Nation der Mieter, doch die niedrigen Zinsen und die enormen Wertsteigerungen von Immobilien haben in den vergangenen Jahren zu einem Umdenken geführt. Fast ein Drittel der Mieter zwischen 16 und 50 Jahren möchte ein Eigenheim erwerben. Mancherorts ist der Traum von den eigenen vier Wänden allerdings kaum noch zu bezahlen.

Kernaussagen in Kürze:
  • Deutschland ist zwar im europäischen Vergleich nach wie vor eine Nation der Mieter, doch vor allem aufgrund der niedrigen Zinsen erwägen immer mehr Menschen den Erwerb von Wohneigentum.
  • Wie sinnvoll dies ist, hängt auch von den persönlichen Lebensumständen ab. Eines der wichtigsten Argumente für Wohneigentum ist dessen Beitrag zur Altersvorsorge.
  • Der Traum vom eigenen Häuschen ist nicht in allen Regionen leicht zu realisieren: Mit Abstand am ungünstigsten ist die Relation der durchschnittlichen Jahreseinkommen zu den Quadratmeterpreisen in München.
Zur detaillierten Fassung

Nur rund die Hälfte der Bundesbürger wohnt in den eigenen vier Wänden. In keinem anderen EU-Land ist die Wohneigentumsquote niedriger als in Deutschland (Grafik); und innerhalb Europas leben lediglich die Schweizer noch häufiger zur Miete. Hinter der geringen deutschen Wohneigentumsquote stecken viele Gründe, allen voran die gut ausgebaute soziale Sicherung: Zum einen ist dadurch die Abgabenbelastung so hoch, dass nur wenig Einkommen zum Vermögensaufbau übrig bleibt; zum anderen mindert die verlässliche Absicherung aber auch den Anreiz, Wohneigentum zu bilden. Erschwerend kommt hinzu, dass die Kaufnebenkosten wie Makler- und Notargebühren sowie Grunderwerbsteuer in Deutschland vergleichsweise üppig ausfallen – und gerade bei jüngeren Menschen oft nicht einmal genug Eigenkapital vorhanden ist, um diese unwiederbringlich verlorenen Ausgaben zu decken.

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Was spricht für und was gegen Wohneigentum?

Auch wenn es nicht per se als schlecht einzustufen ist, dass viele Menschen zur Miete wohnen, unter anderem weil sie dadurch mobiler bleiben und flexibler auf Stellenangebote reagieren können, so spricht doch aus heutiger Sicht vieles für Wohneigentum.

Ob es sinnvoll ist, ein Häuschen zu bauen oder eine Eigentumswohnung zu kaufen, um selbst darin zu wohnen, hängt von den persönlichen Lebensumständen und Zukunftsvorstellungen ab. Das wohl wichtigste Pro-Argument ist inzwischen in sehr vielen Köpfen angekommen: Es führt kein Weg mehr an einer zusätzlichen privaten Altersvorsorge vorbei und Wohneigentum leistet einen wichtigen Beitrag dazu. Im Vordergrund steht dabei aber weniger die Wertentwicklung, sondern vielmehr das mietfreie Wohnen im Alter (siehe „Die Altersvorsorge ist ein kostenloser Nebeneffekt“). Keine Angst vor Mieterhöhungen und Eigenbedarfskündigungen haben zu müssen, ist für viele Menschen ebenfalls ein entscheidender Pluspunkt des Wohnens im Eigentum (Grafik).

Die meistgenannten Gründe für oder gegen den Erwerb von Wohneigentum Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Gegen den Immobilienerwerb spricht aus Sicht der Befragten in erster Linie die finanzielle Belastung. Sie birgt zu einen die Gefahr, den Schuldendienst womöglich nicht mehr leisten zu können, sollte etwas Unvorhergesehenes passieren. Zum anderen sind oftmals längerfristige Einschränkungen nötig, um ein Häuschen abbezahlen zu können. Diese und andere Überlegungen, etwa der Verlust an Flexibilität, spielen in den Köpfen jedoch allesamt eine kleinere Rolle als die Vorteile der Eigentumsbildung.

Wohneigentümer sind insgesamt glücklicher als Mieter – Anfang 2019 waren satte 96 Prozent der Bundesbürger, die im Eigenheim leben, mit ihrer Wohnsituation zufrieden oder sogar sehr zufrieden.

Rückblickend jedenfalls bereut kaum jemand, den Schritt zum Wohneigentümer gegangen zu sein (Grafik).

So viel Prozent der Bundesbürger waren 2019 mit ihrer Wohnsituation im Eigenheim beziehungsweise zur Miete zufrieden Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Wohneigentümer sind insgesamt glücklicher mit ihrer Wohnsituation als Mieter. In einer Befragung des Instituts für Demoskopie Allensbach Anfang Januar zeigten sich insgesamt satte 96 Prozent der in den eigenen vier Wänden Lebenden zufrieden, darunter 60 Prozent sogar sehr zufrieden. Ganz so rosig ist die Stimmung unter den Mietern nicht: Zwar mochten immerhin auch gut drei Viertel nicht klagen, sehr zufrieden waren aber nur 24 Prozent.

Wo Wohneigentum erschwinglich ist

Doch nicht überall ist der Traum vom Eigenheim einfach zu realisieren: Dass die Quadratmeterpreise für ein Häuschen mit Garten in den beiden Stadtstaaten Hamburg und Berlin höher ausfallen als in den Flächenländern, ist angesichts des Einwohnerzulaufs der Großstädte in den vergangenen Jahren wenig erstaunlich. Bemerkenswert ist insofern eher, dass Bayern preislich im Schnitt schon fast an die Hansestadt heranreicht und Berlin sogar übertrifft. Gestiegen sind die Häuserpreise seit 2005 in ganz Deutschland, im Durchschnitt um 50 Prozent. In Berlin haben sie sich sogar mehr als verdoppelt (Grafik).

Durchschnittlicher Quadratmeterpreis im dritten Quartal 2018 und Veränderung gegenüber 2005 Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Eigentumswohnungen liegen in den meisten Bundesländern preislich auf einem ähnlichen Niveau wie Häuser, oft sind sie ein wenig günstiger. Deutlich mehr müssen Wohnungskäufer allerdings in Hamburg und Berlin hinblättern, ebenso in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und im Saarland. Deutschlandweit haben sich Eigentumswohnungen zudem stärker verteuert als Häuser: Der durchschnittliche Preisanstieg von Wohnungen betrug 61,5 Prozent – und den Vogel schießen auch hier Berlin und Hamburg mit plus 129 beziehungsweise 110 Prozent binnen zwölf Jahren ab.

Wo Wohneigentum erschwinglich ist und wo eher weniger, hängt nicht nur von den regionalen Immobilienpreisen ab, sondern auch vom Einkommensniveau. In Deutschland herrscht diesbezüglich ein großes Gefälle: Während der Kaufpreis einer 111 Quadratmeter großen Wohnung in München mehr als 13 Jahresnettoeinkommen entspricht, liegt dieser Faktor im thüringischen Kyffhäuserkreis bei gerade einmal 2,6 – und das, obwohl die Einkommen in der bayerischen Landeshauptstadt weit überdurchschnittlich ausfallen. Auch im Großstadtvergleich ist Wohnfläche nirgendwo solch ein Luxusgut wie in München (Grafik).

Für den Kauf einer Immobilie mit 111 Quadratmetern Wohnfläche musste ein Haushalt in den sieben größten deutschen Städten 2018 so viele durchschnittliche regionale Jahresnettoeinkommen aufbringen Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Besonders leicht zu stemmen ist der Immobilienkauf in der Mitte Deutschlands, vor allem in Sachsen-Anhalt, Thüringen, im südlichen Niedersachsen und im nördlichen Hessen, aber auch in Rheinland-Pfalz und dem Saarland.

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