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Wenig Wohneigentum trotz billigem Geld

Trotz günstiger Zinsen verharrt die Eigenheimquote in Deutschland bei unter 50 Prozent. Das wird wohl so bleiben – dafür sprechen die wachsende Zahl von Singlehaushalten, die Urbanisierung und der im Durchschnitt spätere Eintritt ins Berufsleben. Zudem beeinflusst die Wohnsituation der Eltern die des Nachwuchses erheblich – hier ist die Politik gefragt, für mehr Chancengleichheit zu sorgen.

Kernaussagen in Kürze:
  • Die Eigentumsquote in Deutschland ist im internationalen Vergleich niedrig. Dass sie trotz günstiger Finanzierungslage nicht steigt, liegt unter anderem am vermehrten Zuzug in die Ballungsräume und an der steigenden Zahl der Singlehaushalte.
  • Durch die zunehmende Akademisierung steigen die Bundesbürger tendenziell später ins Berufsleben ein. Damit verschiebt sich auch der Zeitpunkt des Immobilienerwerbs.
  • Die Wohnsituation der Eltern wirkt sich stark auf die der Kinder aus. Besitzen die Eltern eine Immobile, ist die Wahrscheinlichkeit, dass auch die Kinder Wohneigentum erwerben, deutlich höher.
Zur detaillierten Fassung

Deutschland ist ein Mieterland – nur 45,5 Prozent aller Haushalte besitzen eine eigene Immobilie. Das ist die niedrigste Quote in der EU. Der Unterschied zu anderen Staaten ist teils gravierend:

Die Eigentumsquote in Belgien und Spanien beträgt jeweils mehr als 70 Prozent.

Dabei sind die Voraussetzungen für einen Immobilienkauf in Deutschland trotz der gestiegenen Kaufpreise derzeit günstig. Denn dank der niedrigen Zinsen können Käufer mehr Geld für die Tilgung eines Kredits verwenden.

Wohneigentumsquote stagniert

Dies schlägt sich allerdings nicht in der Wohneigentumsquote nieder, sie stagniert bereits seit 2011. Und eine wesentliche Änderung ist nicht in Sicht. Denn der Zugang zu Wohneigentum ist trotz günstigerer Finanzierungsbedingungen restriktiver geworden. Zu diesem Schluss kommt das Institut der deutschen Wirtschaft (IW), das in einem Gutachten die Einflussfaktoren auf die Wohneigentumsbildung in Deutschland untersucht hat.

Der Studie zufolge führen mehrere Trends dazu, dass die Wohneigentumsquote nicht weiter steigt:

Der Zuzug in die Ballungsräume wirkt sich negativ aus. Während in Kleinstädten die Mehrzahl der Einwohner in den eigenen vier Wänden lebt, besitzt in der Großstadt nur jeder dritte Haushalt Eigentum.

Die Wahrscheinlichkeit, Wohneigentum zu erwerben, liegt bei Kindern, deren Eltern eine Immobilie besitzen, rund 42 Prozent über der von Kindern, deren Eltern zur Miete wohnen.

Darüber hinaus gibt es hierzulande immer mehr Singlehaushalte. Für sie ist es schwieriger, Eigentum zu erwerben, als für Paarhaushalte. Denn diese verfügen normalerweise über ein höheres Haushaltseinkommen und können sich Fixkosten wie Miete, Strom und Autoversicherung teilen, sprich: Sie können sich eher etwas für den Hauskauf zur Seite legen – das zeigt sich auch in der Statistik (Grafik):

Die Chance von Paaren, zu Eigenheimbesitzern zu werden, ist um gut 180 Prozent höher als die von Singles.

Um so viel Prozent höher oder niedriger war zwischen 1991 und 2017 in Deutschland die Wahrscheinlichkeit, Eigentümer zu werden, gegenüber der entsprechenden Referenzgruppe Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Ein weiterer Grund dafür, dass die Wohneigentumsquote nicht steigt, ist die Akademisierung. Hochschulabsolventen starten vergleichsweise spät ins Berufsleben. Und da der Erwerb einer Immobilie in der Regel mindestens 10 Prozent der Kaufsumme als Eigenkapital voraussetzt, haben Akademiker meist erst in höherem Alter das nötige Geld für einen Kauf angespart. Dadurch verschiebt sich der erste Haus- oder Wohnungskauf zunehmend nach hinten. Das spiegelt sich auch in der Entwicklung der Eigentümerquote unter jungen Haushalten wider (Grafik):

Im Jahr 1999 lebte noch fast jeder vierte Haushalt mit einem Haushaltsvorstand zwischen 25 und 34 Jahren in den eigenen vier Wänden – 2017 war es nicht mal mehr jeder achte.

So viel Prozent der jeweiligen Gruppe waren Immobilienbesitzer Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Dass dieser Befund vor allem an den Akademikern liegt, unterstreicht deren Eigentumsquote in Abhängigkeit vom Lebensalter: In jungen Jahren haben sie einen klaren Nachteil gegenüber Personen, die direkt nach der Schule ins Berufsleben starten.

Dieser Effekt kehrt sich allerdings bis zum 40. Lebensjahr um: Während ein 35-jähriger Akademiker eine leicht niedrigere Wahrscheinlichkeit hat, eine Immobilie zu besitzen, als ein Gleichaltriger mit mittlerem Bildungsabschluss, ist die Wahrscheinlichkeit für einen 40-jährigen Akademiker bereits um 34 Prozent höher.

Auch mit Blick auf die verschiedenen Einkommensgruppen zeigen sich unterschiedliche Trends:

Die Wohneigentumsquote des einkommensstärksten Fünftels der Bevölkerung ist seit dem Jahr 1999 von 54 auf 63 Prozent gestiegen, während jene des einkommensschwächsten Fünftels von 26 auf 22 Prozent gefallen ist.

Neben der Urbanisierung und Akademisierung trägt auch die Zuwanderung im Zuge der Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU ihren Teil dazu bei, dass sich die Eigentumsquoten der einzelnen Alters- und Einkommensgruppen verändert haben. Denn vor allem junge und einkommensschwache Menschen sind nach Deutschland gezogen.

Soziales Konfliktpotenzial

Die IW-Studie belegt außerdem, dass sich die Wohnsituation der Eltern stark auf die der Kinder auswirkt. Selbst wenn man Vererbungseffekte ausklammert, zeigt sich:

Die Wahrscheinlichkeit, Wohneigentum zu erwerben, liegt bei Kindern, deren Eltern eine Immobilie besitzen, rund 42 Prozent über der von Kindern, deren Eltern zur Miete wohnen.

Eine naheliegende Erklärung für diesen Zusammenhang ist, dass Eltern mit Wohneigentum tendenziell vermögender sind als Mieterhaushalte. Entsprechend können sie ihre Kinder beim Kauf eines Hauses leichter finanziell unterstützen – dieser mögliche monetäre Rückhalt kann für potenzielle Hauskäufer durchaus zum Zünglein an der Waage werden.

Aus der wachsenden Bedeutung des Einkommens und des elterlichen Vermögens bei der Frage, ob man Eigentümer wird oder Mieter bleibt, ergibt sich für Deutschland durchaus ein soziales Konfliktpotenzial. Die Politik sollte daher Wege suchen, den Zugang zu Wohneigentum unabhängig von der finanziellen Situation der Eltern zu erleichtern, und dabei nicht zuletzt die Erwerbsnebenkosten ins Visier nehmen.

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