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Weiterbildung: Gefragte Soft Skills

Der digitale und ökologische Wandel verlangt den Mitarbeitern in der Automobilindustrie viel ab. Sie müssen sich nicht nur fachlich weiterbilden, sondern auch ihre sozialen Kompetenzen schulen, um den Transformationsprozess zu bewerkstelligen. So sind vor allem Soft Skills wie Veränderungsbereitschaft und die Fähigkeit zur Arbeit in interdisziplinären Teams gefragt.

Kernaussagen in Kürze:
  • Im Frühjahr 2023 gaben fast 72 Prozent der Unternehmen der Automobilbranche an, von der Transformation betroffen zu sein – der Durchschnittswert für alle Branchen in Deutschland lag bei annähernd 63 Prozent.
  • Das bringt einen großen Weiterbildungsbedarf mit sich – nicht nur fachlicher Natur, sondern auch in puncto Selbst- und Sozialkompetenzen.
  • Um die vorhandenen Weiterbildungshürden zu verringern, bietet sich ein Maßnahmenmix an – beispielsweise Vernetzungstreffen kombiniert mit einer finanziellen Förderung.
Zur detaillierten Fassung

Ein Automobilhersteller, der seine Entwicklung und Produktion von Verbrennern auf Elektrofahrzeuge umstellt, bewältigt nicht nur einen komplexen Technologiewandel, sondern verlangt auch den vollen Einsatz seiner Mitarbeiter: Viele Produktionsabläufe verändern sich durch alternative Antriebe komplett, was ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit und Veränderungsbereitschaft innerhalb der Belegschaft erfordert. Und auch die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit wird häufig neu aufgestellt. Viele Beschäftigte der Automobilindustrie müssen aufgrund des ökologischen und digitalen Wandels nun plötzlich mit Abteilungen zusammenarbeiten, mit denen sie bislang nichts zu tun hatten oder die es bis vor Kurzem im eigenen Unternehmen nicht mal gab. Dies erfordert eine Reihe von sozialen Kompetenzen, die das erfolgreiche Arbeiten in interdisziplinären Teams ermöglichen.

Der digitale und ökologische Wandel bringt einen großen Weiterbildungsbedarf in der deutschen Automobilindustrie mit sich – nicht nur fachlicher Natur, sondern auch in puncto Selbst- und Sozialkompetenzen.

Wie groß der Weiterbildungsbedarf in der deutschen Automobilindustrie aufgrund der Transformation tatsächlich ist, hat nun das Institut der deutschen Wirtschaft im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz für den Expertenkreis Transformation der Automobilwirtschaft ermittelt. Dabei zeigt sich, dass Automobilhersteller und Zulieferer deutlich stärker vom ökologischen und digitalen Wandel betroffen sind als Unternehmen anderer Branchen:

Im Frühjahr 2023 gaben fast 72 Prozent der Unternehmen der Automobilbranche an, von der Transformation betroffen zu sein – der Durchschnittswert für alle Branchen in Deutschland lag bei annähernd 63 Prozent.

Weil sie stärker betroffen ist, gibt es in der Automobilbranche einen größeren Weiterbildungsbedarf – dies gilt vor allem für Soft Skills (Grafik):

Rund 80 Prozent der Automobilunternehmen halten es für erforderlich, ihre Mitarbeiter in puncto Selbst- und Sozialkompetenzen weiterzubilden, außerhalb der Automobilbranche tun dies nur knapp 70 Prozent der Betriebe.

So viel Prozent der Unternehmen, die aktuell oder in naher Zukunft vom digitalen beziehungsweise ökologischen Wandel betroffen sind, sehen infolgedessen diesen Weiterbildungsbedarf bei ihren Beschäftigten in puncto Selbst- und Sozialkompetenzen Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Fachliche Weiterbildungen sind sogar noch häufiger erwünscht, was angesichts der fortschreitenden Automatisierung und Digitalisierung allerdings nicht verwundert. Hier besteht bezüglich des Weiterbildungsbedarfs allerdings kaum ein Unterschied zwischen den Branchen (Grafik):

Innerhalb der Automobilbranche geben 96 Prozent der Unternehmen an, es bestünde mindestens ein geringer fachlicher Weiterbildungsbedarf bei ihrer Belegschaft, außerhalb der Automobilbranche sagen dies 93 Prozent.

So viel Prozent der Unternehmen, die aktuell oder in naher Zukunft vom digitalen beziehungsweise ökologischen Wandel betroffen sind, sehen infolgedessen diesen Weiterbildungsbedarf bei ihren Beschäftigten in fachlichen Kompetenzen Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Weiterbildungshürden und Maßnahmen dagegen

Der Weiterbildungsbedarf ist also hoch. Doch es gibt eine Vielzahl von Hemmnissen, die dem Erwerb neuer Kompetenzen entgegenstehen. Haupthindernisse sind fehlende zeitliche Kapazitäten und Personalengpässe – dies gilt für acht von zehn Unternehmen sowohl in der Automobilindustrie als auch in anderen Branchen.

Die fehlende oder mangelnde Motivation der Mitarbeiter ist mit 56 Prozent die zweitwichtigste Hürde der Automobilhersteller und Zulieferer, in den übrigen Branchen beklagen dies knapp 58 Prozent. Dass es an genehmigten Lehrgängen, Seminaren und Ähnlichem mangelt, erschwert jedem zweiten Unternehmen die Fortbildung seiner Mitarbeiter. Auch die Kosten von Weiterbildungen sowie die fehlende Kenntnis, welchen konkreten Weiterbildungsbedarf die Mitarbeiter haben, behindern Betriebe, das Personal weiterzuqualifizieren.

Um den Strukturwandel zu bewältigen, würden den Unternehmen der Automobilbranche vor allem Vernetzungstreffen mit anderen Unternehmen helfen – dies geben knapp 39 Prozent an. Annähernd 32 Prozent wünschen sich eine finanzielle Weiterbildungsförderung sowie Best-Practice-Beispiele. Fast ebenso groß ist der Wunsch, dass Informationsportale und andere Tools wie solche zur Gehalts- und Lohnabrechnung oder zur Zeiterfassung die betriebliche Personalarbeit unterstützen. Für eine Weiterbildungsberatung spricht sich fast jedes vierte Unternehmen der Automobilindustrie aus.

Um die Weiterbildungshürden zu verringern, bietet sich ein Mix aus den genannten Maßnahmen an – beispielsweise Vernetzungstreffen kombiniert mit einer finanziellen Förderung. Eine wichtige Rolle in diesem Prozess könnten die branchennahen Verbände und Kammern übernehmen.

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