Was bringt das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz?
Für ausländische Fachkräfte aus Drittstaaten hat Deutschland an Attraktivität gewonnen. In den vergangenen Jahren profitierten vor allem Akademiker und Hochqualifizierte von den Möglichkeiten der Fachkräftezuwanderung. Seit Anfang März gilt das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das es auch Nicht-EU-Bürgern mit Berufsausbildung sowie angehenden Auszubildenden einfacher machen soll, in Deutschland zu arbeiten.
- Seit dem 1. März 2020 ist das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz in Kraft, das die Zuwanderung von Menschen mit Berufsausbildung und ausländischen Azubis aus Nicht-EU-Staaten erleichtert.
- Die Bundesregierung rechnet damit, dass mithilfe des neuen Gesetzes jährlich bis zu 25.000 zusätzliche Fachkräfte und Auszubildende aus Drittstaaten den Weg nach Deutschland finden.
- Bereits in den zurückliegenden Jahren ist der Anteil der Azubis mit ausländischen Wurzeln stark gestiegen. Ihre Zahl hat sich zwischen 2008 und 2018 mehr als verdreifacht.
Die Liberalisierungen der Zuwanderungsmöglichkeiten zeigen erste Erfolge: Seit der Einführung der Blauen Karte EU in Deutschland 2012 sind immer mehr Akademiker aus Nicht-EU-Staaten eingereist (Grafik):
Im Jahr 2018 kamen rund 12.000 Menschen aus Drittstaaten mit einer Blauen Karte EU nach Deutschland – das waren fast 25 Prozent mehr als im Vorjahr.
Laut Ausländerzentralregister lebten Ende Dezember 2018 annähernd 51.300 Personen mit einer Blauen Karte EU in Deutschland – 42 Prozent von ihnen arbeiteten in einem sogenannten Mangelberuf.
Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz erleichtert die Zuwanderung aus Drittstaaten – für Fachkräfte mit Berufsausbildung sowie für ausländische Jugendliche, die eine Berufsausbildung in Deutschland absolvieren möchten.
Maßgeblich für den Zuzug von Arbeitskräften aus Drittstaaten nach Deutschland sind bislang auf deutscher Seite der Bedarf der Wirtschaft und auf Bewerberseite die Qualifikation, das Alter, Sprachkenntnisse sowie die Nachweise für einen konkreten Arbeitsplatz und die Sicherung des Lebensunterhalts. Das neue Gesetz weicht von diesen Grundsätzen zwar nicht ab, erleichtert aber die Zuwanderung für Fachkräfte mit einer Berufsausbildung. Die Neuerungen im Einzelnen:
- Der Einstieg in den Arbeitsmarkt wird erleichtert: Kann eine qualifizierte Fachkraft aus einem Drittstaat ein verbindliches Jobangebot und eine in Deutschland anerkannte Berufsausbildung vorweisen, ist der Zugang zu allen Berufen möglich. Die bisherige Begrenzung auf Engpassberufe entfällt.
- Auf die Vorrangprüfung, die abklärt, ob Deutsche oder andere EU-Bürger für einen Arbeitsplatz zur Verfügung stehen, wird im Grundsatz verzichtet. Hintergrund ist, dass Fachkräfteengpässe auf dem deutschen Arbeitsmarkt weiter zunehmen: 79 Prozent aller Stellen, die Unternehmen bei der Bundesagentur für Arbeit im Jahr 2018 gemeldet haben, waren in Engpassberufen ausgeschrieben – die meisten davon für Fachkräfte mit abgeschlossener Berufsausbildung.
- Die Einreise zur Arbeitsplatzsuche wird auch Fachkräften mit qualifizierter Berufsausbildung ermöglicht. Voraussetzung dafür sind Deutschkenntnisse auf dem Niveau B1 des Gemeinsamen Referenzrahmens für Sprachen und die Lebensunterhaltssicherung in Deutschland.
- Fachkräften, die einer qualifizierten Beschäftigung nachgehen, kann nach zwei Jahren Erwerbstätigkeit ein unbefristeter Aufenthalt ermöglicht werden, falls sie die Ausbildung in Deutschland absolviert haben. Wer einen ausländischen Berufsabschluss hat, kann die unbefristete Aufenthaltserlaubnis nach vier Berufsjahren in Deutschland erhalten.
Gute Deutschkenntnisse sind unerlässlich
- Ausbildungsinteressierte aus Drittstaaten können zur Suche eines Ausbildungsplatzes nach Deutschland einreisen. Vorausgesetzt werden dabei Deutschkenntnisse auf dem Niveau B2, ein Abschluss einer deutschen Auslandsschule oder ein Schulabschluss, der zum Hochschulzugang berechtigt, ein Höchstalter von 25 Jahren und die eigenständige Lebensunterhaltssicherung.
Dies ermöglicht vor allem eine gezielte Anwerbung junger Menschen, die in Deutschland eine Berufsausbildung machen wollen. Denn eine andere Ursache für zunehmende Fachkräfteengpässe ist, dass viele Ausbildungsstellen unbesetzt bleiben. Laut Statistischem Bundesamt ist die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge in handwerklichen Mangelberufen im Jahr 2018 zwar geringfügig gesunken, doch ohne die vielen neuen Auszubildenden ausländischer Herkunft wären noch weit weniger Verträge geschlossen worden (Grafik).
Die Zahl ausländischer Azubis hat sich seit 2008 von rund 5.500 auf mittlerweile 16.700 gut verdreifacht. Die ausländischen Neu-Azubis aus dem Jahr 2018, die nicht aus der EU stammen, kommen überwiegend aus Syrien, Afghanistan oder dem Irak. Dies lässt sich durch den starken Zuzug aus diesen Asylherkunftsländern seit 2015 erklären.
Und was bedeutet all dies für die Unternehmen? Für Arbeitgeber, die ausbilden, vergrößert sich durch das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz der Pool an potenziellen Mitarbeitern.
Anerkennungsverfahren werden nicht vereinfacht
Unternehmen können außerdem ein beschleunigtes Fachkräfteverfahren bei der zuständigen Ausländerbehörde in Deutschland einleiten, das die Dauer bis zur Erteilung des Visums deutlich verkürzen wird. Allerdings werden Betrieben auch Pflichten auferlegt. Wird das Beschäftigungsverhältnis vorzeitig beendet, muss der Arbeitgeber dies der zuständigen Ausländerbehörde mitteilen – und zwar innerhalb von vier Wochen.
Ob das neue Gesetz wirklich dazu beiträgt, dass aus Drittstaaten jährlich 25.000 zusätzliche Fachkräfte und Azubis den Weg nach Deutschland finden – so das Ziel der Bundesregierung –, muss sich in der Praxis zeigen. Denn das neue Gesetz sieht keine Vereinfachung und Vereinheitlichung der Anerkennungsverfahren ausländischer Berufsabschlüsse in Deutschland vor. Dabei sind diese Verfahren sowohl für zuwandernde Fachkräfte als auch für Arbeitgeber komplex und teuer.