Vermögen: Stabile Verhältnisse
Das Gefälle zwischen Arm und Reich in Deutschland wird immer größer, so die Auffassung vieler Bundesbürger. Die Zahlen sprechen aber eine ganz andere Sprache: In den vergangenen Jahren haben sich die Vermögensunterschiede eher verkleinert als vergrößert.
- Viele Bundesbürger sind der Auffassung, dass die Vermögensungleichheit in Deutschland immer größer wird.
- Untersuchungen zeigen aber, dass sich die Vermögensunterschiede in den vergangenen Jahren eher verkleinert als vergrößert haben.
- Zwar erreicht der Gini-Koeffizient der Vermögen in Deutschland einen recht hohen Wert – dies liegt zum Teil aber an der umfassenden sozialen Absicherung der Deutschen.
Um die Verteilung von Vermögen wird hierzulande gerne gestritten. Rund 64 Prozent der Deutschen waren im Jahr 2016 noch davon überzeugt, dass die Vermögensunterschiede in Deutschland immer größer würden. Auch in der Politik ist die These einer steigenden Vermögensungleichheit populär. Somit werden immer wieder Rufe nach einer Wiedereinführung der Vermögenssteuer laut – wie zuletzt vom neu gewählten SPD-Spitzenduo, Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans.
Untersuchungen zeigen, dass die Vermögensunterschiede in Deutschland seit Anfang der 2000er Jahre nicht zugenommen haben.
Wahrnehmung und Wirklichkeit klaffen bei diesem Thema jedoch weit auseinander. Dies zeigen unter anderem die jüngsten Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP), welches seit 2002 alle fünf Jahre die Vermögensverhältnisse privater Haushalte erfasst und dabei sowohl Finanzvermögen wie Bankguthaben und Aktien als auch Sachvermögen wie den Wert des Eigenheims berücksichtigt. Zieht man davon die Schulden ab, erhält man das Nettovermögen eines Haushalts.
Wie dieses Nettovermögen in Deutschland verteilt ist, beziffert der Gini-Koeffizient: Ein Wert von 0 bedeutet, dass alle Haushalte das gleiche Nettovermögen besitzen. Umso näher der Wert zur 1 geht, desto höher ist die Ungleichheit. Die Zahlen sprechen für sich (Grafik):
Der Gini-Koeffizient der Nettovermögen der Haushalte in Deutschland ist von 2002 bis 2017 um gut 0,02 auf 0,73 Punkte gesunken – die Vermögensunterschiede haben sich also eher verkleinert als vergrößert.
Zu diesem Ergebnis kommen bei allen statistischen Unsicherheiten auch andere Untersuchungen, die teils abweichende Datenquellen ausgewertet haben oder die eine individuelle Nettovermögensverteilung betrachten.
Zwar erreicht der Gini-Koeffizient der Vermögen in Deutschland im internationalen Vergleich nach wie vor einen recht hohen Wert. Das liegt aber unter anderem an der umfassenden sozialen Absicherung der Bundesbürger – diese haben deshalb geringere Anreize, für „schlechte Zeiten“ Vermögen anzusparen. Zudem reduzieren die zur Finanzierung erforderlichen Abgaben vor allem für Geringverdiener den Spielraum, selbst zusätzlich vorzusorgen (mehr dazu: Gini-Koeffizient - Deutschland in guter Gesellschaft).
In jedem Fall wäre es wünschenswert, dass in der aufflammenden Diskussion um eine gerechte Vermögensverteilung die Fakten wieder stärker in den Mittelpunkt rücken.