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Luftverkehr muss neu geregelt werden

In keinem anderen europäischen Land starten und landen so viele Flugpassagiere wie im Vereinigten Königreich – doch mit dem Austritt aus der EU könnte der Boom von Heathrow, Gatwick und Co. vorbei sein.

Kernaussagen in Kürze:
  • Im Jahr 2016 vermeldeten die Briten knapp 250 Millionen Flugpassagiere – gut ein Viertel aller Fluggäste in der Europäischen Union.
  • Der Brexit wird sich auf den Flugverkehr auswirken, denn mit dem Austritt aus der EU fällt auch der Zugang zum europäischen Luftverkehrsbinnenmarkt weg.
  • Der Zugang Großbritanniens zum europäischen Flugverkehr könnte Teil des bevorstehenden politischen Kuhhandels zwischen EU und Vereinigtem Königreich werden.
Zur detaillierten Fassung

Im Jahr 2016 vermeldeten die Briten knapp 250 Millionen Flugpassagiere – gut ein Viertel aller Fluggäste in der Europäischen Union (Grafik):

Mehr als 60 Prozent der Passagiere bestiegen im Vereinigten Königreich einen Flug mit Ziel in der EU.

Doch mit dem Austritt Großbritanniens aus der EU werden viele kleinteilige Fragen aufgeworfen. So auch im Luftverkehr. Hier könnte mit dem Brexit auch ein Austritt aus dem europäischen Luftverkehrsbinnenmarkt (European Common Aviation Area - ECAA) einhergehen, der Ende der 1990er Jahre geschaffen wurde. Dem ECAA gehören neben den EU-Mitgliedsstaaten auch Norwegen, Liechtenstein und die Balkanländer an.

Zahl der abgeflogenen Passagiere im Jahr 2016 in Millionen Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Wer als Luftfahrtunternehmen auf diesem Markt agieren will, muss eine Voraussetzung erfüllen: „Mitgliedstaaten beziehungsweise Staatsangehörige von Mitgliedstaaten müssen Eigentümer des Unternehmens sein und es tatsächlich kontrollieren. Der Hauptgeschäftssitz des Unternehmens muss sich in einem der Mitgliedstaaten befinden.“

Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, so genießt das betroffene Luftfahrtunternehmen keinen uneingeschränkten Zugang zum ECAA. Dies würde bedeuten, dass Unternehmen wie British Airways oder easyJet, die ihren Firmensitz in Großbritannien haben, ihren Flugverkehr nicht ohne Weiteres fortführen könnten.

Der Brexit wird sich auf den Flugverkehr auswirken, denn mit dem Austritt aus der EU fällt auch Großbritanniens Zugang zum europäischen Luftverkehrsbinnenmarkt weg.

Als ECAA-Mitglied dagegen ist es den britischen Unternehmen möglich, zwischen Großbritannien und einem weiteren EU-Mitgliedsstaat, zwischen zwei anderen Mitgliedsstaaten oder innerhalb eines Mitgliedsstaates ohne Einschränkungen zu agieren. Sollte dieses Privileg nicht mehr gelten, sind wohl höhere Kosten für betroffene Luftfahrtunternehmen und ergo höhere Preise für Flugtickets die Folge. Womöglich bleiben die Flieger auch ganz am Boden. Dies beträfe nicht nur eine Handvoll Flugpassagiere, sondern das Gros der Fluggäste innerhalb der EU. Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten, dieses Szenario abzuwenden:

  • Erstens: Das Vereinigte Königreich bleibt auch nach dem Brexit Mitglied der ECAA. Dies würde bedeuten, dass UK-Fluglinien dieselben Rechte genießen wie Fluglinien aus der neuen EU-27.
  • Zweitens: Eine weitere Möglichkeit wäre ein bilaterales Abkommen zwischen Großbritannien und der EU-27, bei dem Großbritannien als Drittstaat betrachtet wird. Ähnliche Abkommen gibt es bereits mit Island, Norwegen und den USA.
  • Drittens: Im Rahmen des EU-Rechts könnten einzelne EU-Staaten auch auf bilateraler Basis mit dem Vereinigten Königreich verhandeln.

Der friktionslose Zugang zum europäischen Luftverkehr ist längst zum Politikum geworden und liegt in Brüssel auf dem Verhandlungstisch. Weder den Verantwortlichen der EU noch den Briten ist aus ökonomischer Ratio daran gelegen, Barrieren in den Flugverkehr zwischen der Insel und dem Festland einzuziehen. Es ist aber auch nicht auszuschließen, dass der Zugang Großbritanniens zum europäischen Flugverkehr Teil des bevorstehenden politischen Kuhhandels wird. So sind die Europäer beispielsweise daran interessiert, dass die Briten auch nach einem EU-Austritt weiterhin ihre Fischereiquoten einhalten. Deshalb könnte es zu einem typischen politischen Deal kommen: Fische gegen Flüge.

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