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Online-Lebensmittelhandel: Nachfrage gering

Das Einkaufen im Internet boomt seit Jahren – nur Lebensmittel wollen viele Deutsche lieber nicht im Netz bestellen. Neue Lieferkonzepte sollen das ändern.

Kernaussagen in Kürze:
  • In Deutschland lag der Anteil des Online-Umsatzes im Lebensmitteleinzelhandel 2017 nur bei 1,1 Prozent – er ist damit deutlich kleiner als in Frankreich und Großbritannien.
  • Die Zurückhaltung der Bundesbürger hat drei Hauptgründe: mangelndes Vertrauen in die Qualität der Waren, zu lange Lieferzeiten und höhere Preise als im Supermarkt.
  • Trotzdem gibt es vielversprechende neue Konzepte, etwa die Sofortlieferung binnen zwei Stunden oder feste Lieferrouten.
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Deutschland shoppt online: Rund 98 Prozent der Internetnutzer kaufen im Netz ein, 14 Prozent sogar mindestens einmal pro Woche, so eine Studie des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom).

Ausgerechnet am Lebensmitteleinzelhandel mit seinem Jahresumsatz von 179 Milliarden Euro scheint der Trend jedoch überwiegend vorbeizugehen:

Laut einer Studie des Handelsverbands Deutschland lag der Anteil des Online-Umsatzes im Lebensmitteleinzelhandel 2017 nur bei 1,1 Prozent.

Zum Vergleich: In Frankreich liegt der Anteil bei rund 4 Prozent, in Großbritannien sind es sogar 6 Prozent. Die Zurückhaltung der Bundesbürger hat viele Ursachen, wie eine Studie der Strategieberatung Oliver Wyman zeigt (Grafik):

Rund 44 Prozent der befragten Bundesbürger kaufen ihre Lebensmittel nicht im Netz, weil sie der Produktqualität nicht vertrauen. Aus diesen Gründen verzichten die Befragten auf den Online-Einkauf von Lebensmitteln Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Gut einem Drittel dauert es außerdem zu lange, bis die Lebensmittel geliefert werden. Das dürfte auch mit dem besonders engmaschigen Supermarktnetz in Deutschland zu tun haben – in Großstädten liegen zwischen zwei Lebensmittelgeschäften oft nur wenige Hundert Meter.

Spontane Online-Käufe sind mit den derzeitigen Lieferservices in der Regel nicht möglich. Eine Ausnahme ist der Getränkehändler Flaschenpost – er liefert innerhalb von zwei Stunden. Mit Erfolg: 15.000 Kisten Getränke stellt das Start-up in Städten wie Münster und Köln täglich zu. In der Dom-Stadt musste das Liefergebiet sogar zeitweise eingeschränkt werden, um die große Nachfrage zu bedienen.

Gut ein Drittel der Befragten in Deutschland kauft Lebensmittel nicht online, weil die Lieferung zu lange dauert.

Viele andere Händler entwickeln ihre Online-Aktivitäten behutsamer – auch aufgrund mangelnder Nachfrage. Nach starkem Start stagniert zum Beispiel die Zahl der vom Branchenvorreiter Rewe abgedeckten Regionen bei 75. Damit erreicht der Rewe-Lieferservice nach eigenen Angaben aber immerhin 40 Prozent der deutschen Haushalte. Edeka und Amazon Fresh dagegen beschränken ihren Service auf wenige deutsche Großstädte.

Ein neues Konzept kommt aus den Niederlanden: Der Online-Supermarkt Picnic mischt den Handel seit diesem Frühjahr zumindest in einigen Testgemeinden im Rheinland auf. Im Unterschied zu anderen Lieferdiensten fährt Picnic feste Routen ab – wie früher der Milchmann. Außerdem sind die Lieferungen kostenlos.

Auch der Rewe-Lieferservice dreht an der Kostenschraube und bietet seit April dieses Jahres eine Flatrate an. Das könnte einen der häufigsten Kritikpunkte der Kunden entkräften: Knapp ein Drittel der befragten Bundesbürger beklagt sich darüber, dass die Produkte online teurer sind als offline.

Welche Lieferkonzepte und Geschäftsmodelle sich durchsetzen werden, steht zwar noch in den Sternen. Klar ist aber: Der Online-Lebensmittelmarkt hat viel Potenzial, denn gegessen wird immer.

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