M+E-Bilanz 2018 Lesezeit 3 Min.

M+E-Industrie: Knapp an der Rezession vorbeigeschrammt

Die Metall- und Elektro-Industrie konnte 2018 Produktion und Umsatz leicht steigern. Angesichts der deutlich höheren Erwartungen zu Beginn des Jahres ist das Ergebnis dennoch enttäuschend. Ausschlaggebend für das schwächere Abschneiden waren die Schwierigkeiten der Automobilbranche im zweiten Halbjahr. Außerdem schaffte der Maschinenbau mit 2 Prozent Zuwachs in der Produktion weniger als prognostiziert.

Kernaussagen in Kürze:
  • Die M+E-Industrie hat das Jahr 2018 mit einem enttäuschenden Produktionsplus von 1,4 Prozent abgeschlossen.
  • Ein weiteres Problem für die Branche waren die ausbleibenden Investitionen. Durch Unsicherheiten aufgrund der Brexit-Debatte und des stärker werdenden Protektionismus agieren Unternehmen derzeit vorsichtiger.
  • Zu den positiven Überraschungen des abgelaufenen Jahres zählt dagegen die Beschäftigungsentwicklung. Im Juli 2018 hatten erstmals seit 1993 wieder mehr als vier Millionen Menschen einen Arbeitsplatz in der M+E-Industrie.
Zur detaillierten Fassung

Am Ende war es ganz eng: Mit einem Plus von gerade einmal 0,4 Prozent im vierten Quartal ist die M+E-Industrie im zweiten Halbjahr 2018 knapp einer Rezession entgangen. Ein weiteres Minus in der Produktion nach einem schwachen dritten Quartal (minus 3 Prozent) hätte definitionsgemäß zu dieser Diagnose geführt. Aber auch so schloss das Gesamtjahr 2018 mit einem enttäuschenden Produktionsplus von nur 1,4 Prozent.

Analysiert man die Entwicklung in den einzelnen M+E-Branchen, dann fällt eine Zahl besonders auf (Grafik):

Die Automobilindustrie hat im Jahr 2018 mit einem Minus von 1,5 Prozent das Produktionswachstum der M+E-Industrie insgesamt geschmälert.

Veränderung der Produktion der M+E-Branchen 2018 gegenüber 2017 in Prozent Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Die Automobilhersteller mussten ihre Produktion im Spätsommer und Herbst teilweise drosseln, weil noch nicht alle Fahrzeugmodelle nach dem neuen Standard WLTP (Worldwide Harmonized Light Vehicle Test Procedure) zertifiziert waren.

Ausbleibende Investitionen

Ein weiteres Problem für die Metall- und Elektro-Industrie waren die ausbleibenden Investitionen. Als Investitionsgüterhersteller Nummer eins in Deutschland und damit auch wichtigster Treiber der Investitionskonjunktur litt und leidet die M+E-Industrie unter der Verunsicherung der Unternehmen.

Die Gründe für die Irritationen der Investoren im In- und Ausland liegen auf der Hand: Die Diskussionen und Verhandlungen um den Brexit sowie der stärker werdende Protektionismus mit Beschränkungen im internationalen Handel machen planmäßiges Agieren schwierig.

Die Lohnstückkosten in der M+E-Industrie sind 2018 im Vergleich zum Vorjahr um 4,3 Prozent gestiegen.

Dazu kommt – gerade in Deutschland – der zunehmende Fachkräftemangel als ernsthaftes Produktionshindernis. Die Folge ist eine merkliche Zurückhaltung der Firmen bei ihren Investitionen, die das Konjunkturbild der M+E-Industrie trübt. Das bekamen nicht zuletzt die Unternehmen des Maschinenbaus zu spüren, die mit einem Produktions-plus von rund 2 Prozent aus dem Jahr gingen und damit deutlich hinter dem erwarteten Ergebnis zurückblieben.

Zu den positiven Überraschungen des abgelaufenen Jahres zählt dagegen die Beschäftigung. Im Juli 2018 schaffte die M+E-Branche erstmals seit 1993 wieder den Sprung über die Vier-Millionen-Marke (Grafik):

Im Dezember hatten 4,05 Millionen Menschen einen Arbeitsplatz in der M+E-Industrie, darunter rund 200.000 junge Menschen in der Ausbildung.

Entwicklung der Beschäftigtenzahl in der Metall- und Elektro-Industrie Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Insgesamt wurde 2018 ein Beschäftigungsplus von 110.000 zusätzlichen Stammarbeitsplätzen oder umgerechnet 2,9 Prozent erzielt. Seit der Krise 2009/2010 haben die M+E-Unternehmen per saldo rund 612.200 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen.

Die Beschäftigungspläne der M+E-Unternehmen lassen weitere Neueinstellungen erwarten, allerdings mit deutlich abnehmender Dynamik. Zusätzlich beschäftigen die M+E-Betriebe knapp 200.000 Zeitarbeitnehmer. Deren Zahl liegt im Verhältnis zur Stammbelegschaft seit einigen Jahren stabil bei 5 Prozent.

Gesunkene Produktivität

Die Kehrseite dieser positiven Entwicklung ist aber nicht zu übersehen. Wenn die Beschäftigung doppelt so stark wächst wie die Produktion, leidet zwangsläufig die Produktivität.

Je Stunde gerechnet lag die Produktivität in der M+E-Industrie im Jahresdurchschnitt 2018 um 0,8 Prozent niedriger als 2017.

Eine weitere schmerzhafte Konsequenz: Die Lohnstückkosten sind 2018 im Vergleich zum Vorjahr um 4,3 Prozent gestiegen. Der Anstieg der Arbeitskosten je Stunde um 3,5 Prozent wurde durch die negative Produktivität noch verschärft. Im Jahr 2017 waren die Lohnstückkosten nahezu stabil geblieben, weil ein stärkerer Produktivitätsanstieg um 2,7 Prozent den Anstieg der Arbeitskosten (plus 2,9 Prozent) fast neutralisierte.

Die steigenden Lohnstückkosten zeigen sich auch in den Erträgen. Laut einer Umfrage des ifo Instituts im September 2018 erwirtschafteten die M+E-Unternehmen 2018 im Schnitt Gewinne nach Steuern in Höhe von 3,5 Prozent des Umsatzes beziehungsweise von 4,4 Prozent im gewichteten Durchschnitt der M+E-Industrie insgesamt. Gegenüber 2017 haben sich die Erträge damit etwas verringert.

Fachkräftemangel verschärft sich

Ein weiteres Problem ist mit der steigenden Beschäftigtenzahl verbunden:

Die Unternehmen haben immer größere Schwierigkeiten, ihre freien Arbeitsplätze zu besetzen, denn auf dem Arbeitsmarkt finden sich kaum noch die geeigneten Fachkräfte.

Im Jahresdurchschnitt 2018 standen den knapp 120.000 Arbeitslosen in den M+E-Facharbeiterberufen rund 170.000 bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldete offene Stellen gegenüber. Weil aber nur etwa die Hälfte der offenen Stellen gemeldet wird, muss von circa 340.000 Vakanzen ausgegangen werden. Mit anderen Worten: Auf jeden Arbeitslosen in den M+E-Berufen kamen fast drei offene Stellen.

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