IW-Wohnindex: Kehrtwende bei den Kaufpreisen
Seit Anfang 2022 haben die zeitweise hohe Inflationsrate und die gestiegenen Zinsen die Kaufpreise für Wohnimmobilien nachgeben lassen. Doch inzwischen zeichnet sich eine Kehrtwende ab. Der Anstieg der Wohnungsmieten hat sich zuletzt sogar noch beschleunigt. Dies gilt gerade für die größten deutschen Städte.
- Die Kaufpreise für Eigentumswohnungen sowie Ein- und Zweifamilienhäuser sind von Anfang 2022 bis Ende 2023 im bundesdeutschen Schnitt deutlich gesunken, zuletzt zeichnete sich aber eine Kehrtwende ab.
- Die Neuvertragsmieten sind dagegen durchgängig weiter gestiegen.
- Besonders stark verteuert haben sich Mietwohnungen in den größten deutschen Städten.
Wieder mal liegt eine Mieterhöhung im Briefkasten, ein Häuschen in gewünschter Lage ist nicht zu finden: Zum Thema Wohnen kann wohl jeder eine Geschichte erzählen. Das IW steuert nun eine neue, breite Faktenbasis bei – die Forscher haben anhand von mehreren Millionen Inseraten für Wohnimmobilien einen Wohnindex erstellt, der die Entwicklung auf dem Immobilienmarkt nachzeichnet und künftig viermal im Jahr neue Daten liefert.
Der Index bildet sowohl die Entwicklung der Mieten als auch die der Kaufpreise von Wohnimmobilien ab. Beide wurden zuletzt durch eine Reihe von Faktoren beeinflusst – allerdings mit unterschiedlicher Wirkungsrichtung: Nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine Anfang 2022 schossen die Energiepreise in die Höhe, die Inflation zog insgesamt an und schließlich stiegen auch die Zinsen. Teurere Baumaterialien und höhere Hypothekenkosten machten das Bauen und Kaufen unattraktiver. Zugleich blieb Wohnraum in begehrten Lagen knapp. All dies führte zeitweilig zu gegenläufigen Trends bei Miet- und Kaufpreisen in Deutschland (Grafik):
Eigentumswohnungen sowie Ein- und Zweifamilienhäuser waren Ende 2023 jeweils um gut 8 Prozent günstiger als Anfang 2022.
Zuletzt zeigte die Preiskurve allerdings wieder leicht nach oben – offenbar wurde der langjährige Trend einer steigenden Nachfrage nach Wohneigentum nur kurzzeitig unterbrochen. Die jüngsten Preisanstiege deuten jedenfalls auf eine Kehrtwende am Markt hin.
Die Kaufpreise für Wohneigentum waren Ende 2023 deutschlandweit im Schnitt gut 8 Prozent niedriger als Anfang 2022, während die Neuvertragsmieten im selben Zeitraum um fast 9 Prozent stiegen.
Bei den Wohnungsmieten setzte sich die Aufwärtsentwicklung zuletzt sogar noch dynamischer fort als in den Jahren vor 2022:
Vom ersten Quartal 2022 bis zum vierten Quartal 2023 stiegen die Mieten für neu vergebene Wohnungen deutschlandweit im Schnitt um fast 9 Prozent.
Damit legten die Mieten im betrachteten Zeitraum von knapp zwei Jahren stärker zu, als die Immobilienkaufpreise gefallen sind.
Regionale Unterschiede
Im Großen und Ganzen waren diese Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt in allen Regionen Deutschlands zu beobachten. Die Kaufpreise für Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen gaben in den großen Städten und deren Umland seit Anfang 2022 allerdings etwas stärker nach als in ländlichen Gebieten. In den größten Metropolen blieben die Immobilienpreise zudem im vierten Quartal 2023 gegenüber dem Vorquartal lediglich konstant, während sie in anderen Städten und deren Umland um mehr als 1 Prozent anzogen. Die Mieten wiederum stiegen in den Ballungsräumen durchgängig am schnellsten.
Diese hohe Nachfrage nach Mietwohnungen zeigt sich auch beim Blick auf die zehn größten Städte der Bundesrepublik (Grafik):
In allen zehn einwohnerstärksten Städten sind die Neuvertragsmieten von Ende 2022 bis Ende 2023 gestiegen – am deutlichsten legten sie mit 9,2 Prozent in Berlin zu.
In Leipzig (plus 7,8 Prozent) und München (plus 7,3 Prozent) gab es innerhalb eines Jahres ebenfalls kräftige Mietpreisanstiege. Vergleichsweise moderat verteuerten sich die Mieten in den Ruhrgebietsstädten Essen (plus 3,9 Prozent) und Dortmund (plus 3,3 Prozent).
Dafür war Dortmund die einzige unter den untersuchten Metropolen, in der die Kaufpreise für Wohnungen und Häuser vom vierten Quartal 2022 bis zum vierten Quartal 2023 um gut 1 Prozent stiegen. Andernorts fielen die Preise binnen Jahresfrist teils deutlich. In Stuttgart etwa kosteten Eigentumswohnungen sowie Ein- und Zweifamilienhäuser Ende 2023 im Schnitt 5,7 Prozent weniger als ein Jahr zuvor, in München betrug der Rückgang 4,7 Prozent.
Je energieeffizienter, desto gefragter
Der aktuelle IW-Wohnindex differenziert die Entwicklung der Kaufpreise von Wohnimmobilien auch nach Energieeffizienzklassen. Angesichts der gestiegenen Energiekosten und der Diskussionen darüber, welche Heizungsarten künftig noch erlaubt beziehungsweise förderfähig sein sollen, liegt die Vermutung nahe, dass vor allem Häuser mit geringerer Energieeffizienz zuletzt weniger gefragt waren. Die IW-Daten bestätigen das:
Vom ersten Quartal 2022 bis zum vierten Quartal 2023 sind die Preise für Wohnimmobilien der Energieeffizienzklasse H – mit einem Heizenergiebedarf von mehr als 250 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr – im Schnitt um 10,3 Prozent gesunken.
Objekte der Klasse A+, die mit maximal 30 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr auskommen, kosteten Ende 2023 dagegen lediglich 1,1 Prozent weniger als Anfang 2022. Damit waren Immobilien der Klasse H zuletzt im Schnitt 26 Prozent billiger als jene der Energieeffizienzklasse A+.