Städteranking 2023 Lesezeit 2 Min.

Interview: „Münchens Mischung gibt es sonst nirgends“

Jährlich bewertet die IW Consult die Lage und Entwicklung von 71 deutschen Städten. Was München zum Dauergewinner macht, was andere Städte davon lernen können und wo für die Zukunft Potenzial schlummert, erklärt Vanessa Hünnemeyer, Senior Managerin in der IW Consult.

Kernaussagen in Kürze:
  • München besticht durch das Gesamtpaket einer starken, gründerfreundlichen Wirtschaft und attraktiven weichen Standortfaktoren, sagt Vanessa Hünnemeyer, Senior Managerin bei der IW Consult, über den Sieger des Städterankings 2023.
  • Andere Städte könnten sich punktuell Dinge von München abschauen – zum Beispiel die gute Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft.
  • Perspektivisch werden laut Hünnemeyer wohl vor allem die mittelgroßen Städte in Ballungsgebieten oder im Umkreis von Großstädten zulegen, auch ostdeutsche Städte könnten weiter aufsteigen.
Zur detaillierten Fassung

München dominiert Jahr für Jahr das Städteranking der IW Consult. Was macht die Stadt so stark?

München besticht durch das Gesamtpaket. Die Stadt hat eine sehr diversifizierte Wirtschaft mit prestigeträchtigen Unternehmen, sie ist gründerfreundlich und hat zwei starke Universitäten. Dazu kommen weiche Faktoren wie ein breites kulturelles Angebot und die landschaftliche Attraktivität, die die Stadt zu einem beliebten Wohnort machen.

Diese Mischung gibt es in Deutschland sonst nirgends. In manchen Punkten hat sich die Stadt im vergangenen Jahr sogar noch weiter verbessert.

Welche Punkte wären das?

Zum Beispiel im Teilbereich Arbeitsmarkt, da ist München im Vergleich zum Vorjahr von Platz vier auf zwei geklettert. Das liegt vor allem daran, dass es den ansässigen Unternehmen gelungen ist, durch flexible Arbeitsangebote die Beschäftigtenquote von Frauen und älteren Erwerbstätigen zu steigern und die Arbeitslosenquote der jungen Menschen zu senken.

Andere Städte können sich punktuell an München orientieren. Ein Ansatzpunkt für eine bessere Standortpolitik könnte sein, die Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft zu fördern.

Lässt sich das Münchner Erfolgsrezept auf andere Städte übertragen?

Es ist durchaus sinnvoll, dass sich Städte punktuell an München orientieren. München hat ein Umfeld geschaffen, das nicht nur viele Studierende nach ihrem Abschluss vor Ort bleiben lässt, sondern auch auswärtige Fachkräfte anzieht. Will eine andere Stadt Ähnliches erreichen, könnte ein Ansatzpunkt sein, die Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft zu fördern – beispielsweise durch Transferzentren an Universitäten und Unterstützung von jungen Gründerinnen und Gründern. Auch auf eine höhere Erwerbstätigenquote von Frauen können Städte abzielen, ich denke da zum Beispiel an den Ausbau der Betreuungsinfrastruktur.

Vanessa Hünnemeyer ist Senior Managerin bei der IW Consult; Foto: IW Medien

Die größten deutschen Städte schneiden im Dynamikranking dieses Jahr vor allem deshalb so gut ab, weil die Mietpreise dort überdurchschnittlich stark gestiegen sind. Spricht das nicht eher gegen diese Standorte?

Für die Menschen, die dort wohnen, sind hohe Mietpreise natürlich kein positiver Faktor. Wir nehmen die Preisentwicklung aber als Indikator für die Attraktivität der Standorte: Wenn mehr Menschen in die jeweilige Stadt ziehen wollen und so die Nachfrage nach Wohnungen und Häusern steigt, wird das Angebot teurer. Deswegen sind Städte mit hohen Mietpreisen im Städteranking tendenziell weiter oben.

Mit welchen Regionen ist in den kommenden Jahren besonders zu rechnen?

Perspektivisch werden wohl vor allem die mittelgroßen Städte in Ballungsgebieten oder Einzugsgebieten von Großstädten zulegen. Auch ostdeutsche Städte wie Dresden, Leipzig und Jena haben aufgeholt und könnten weiter aufsteigen. Darüber hinaus sollte man Heilbronn auf dem Zettel haben, da es dort mit Dieter Schwarz, dem Eigentümer der Schwarz Gruppe, zu der Lidl und Kaufland gehören, einen finanzstarken privaten Akteur gibt, der sich sehr in der Stadtentwicklung engagiert.

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