IW-Konjunkturumfrage Lesezeit 4 Min.

Infrastrukturmängel in Deutschland belasten Unternehmen

Die Unternehmen in Deutschland sehen sich immer stärker durch eine mangelhafte Infrastruktur in ihrer Geschäftstätigkeit beeinträchtigt. Das zeigt die Konjunkturumfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft. Vor allem schlechte Straßen- und Kommunikationsnetze bereiten den Betrieben Sorgen. Von der Metall- und Elektro-Industrie bis hin zum Dienstleistungssektor sind alle Branchen betroffen.

Kernaussagen in Kürze:
  • Infrastrukturmängel werden für immer mehr Unternehmen in Deutschland zum Problem. Zwei Drittel von ihnen werden dadurch in ihrer Arbeit regelmäßig beeinträchtigt.
  • Vor allem der Straßenverkehr und die schlechten Kommunikationsnetze behindern die Betriebe. Knapp drei Viertel gaben dies in der IW-Konjunkturumfrage als aktuelle Probleme an.
  • Auch wenn der Staat die Infrastrukturmängel – besonders auf der Straße – erkannt hat, wird es noch lange dauern, diese zu beseitigen, denn in den Bauämtern fehlt geeignetes Fachpersonal.
Zur detaillierten Fassung

Beschädigte Straßen, langsames Internet, Verspätungen im Schienenverkehr – die Liste der infrastrukturellen Probleme in Deutschland ließe sich leicht verlängern. Eines aber haben alle Punkte grundsätzlich gemeinsam: Sie beeinflussen die Wirtschaftskraft der Unternehmen negativ. Wie aus der Konjunkturumfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft hervorgeht, hat sich die Situation für die Betriebe in den vergangenen fünf Jahren sogar deutlich verschlechtert (Grafik):

Im Jahr 2013 sahen sich 58 Prozent der Unternehmen durch Infrastrukturmängel regelmäßig beeinträchtigt, im Frühjahr 2018 waren es schon mehr als zwei Drittel.

So viel Prozent der Unternehmen dieser Branchen wurden/werden durch Infrastrukturmängel in ihren Geschäftsabläufen beeinträchtigt Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Unterschieden wurde in der Umfrage zwischen geringen und deutlichen Beeinträchtigungen. Besonders stark wirken sich die infrastrukturellen Probleme im Dienstleistungssektor und im Baugewerbe aus – jeder fünfte Betrieb fühlt sich derzeit deutlich beeinträchtigt. Zum Vergleich: Fünf Jahre zuvor war es nur etwa jedes achte Unternehmen dieser Wirtschaftszweige.

Straßenverkehr ist das größte Problem

Während Bau- und Dienstleistungen die höchsten Anteile an deutlich beeinträchtigten Unternehmen aufweisen, berichten die Vorleistungs- und die Verbrauchsgüterindustrie am häufigsten von geringeren Beeinträchtigungen. In diesen beiden Branchen sind auch die größten Verschlechterungen gegenüber 2013 zu verzeichnen. Seither ist der Gesamtanteil der beeinträchtigten Unternehmen dieser Industriebereiche um jeweils 12 Prozentpunkte gestiegen.

Unter den Hindernissen stechen zwei besonders hervor: der Straßenverkehr und das Kommunikationsnetz.

Bereits 2013 waren kaputte Straßen, Baustellen und Staus für die Unternehmen in Deutschland das größte Problem. Dies hat sich noch einmal verschlimmert: 30 Prozent der befragten Betriebe werden durch Mängel im Straßenverkehr aktuell deutlich beeinträchtigt – das sind 7 Prozentpunkte mehr als im Jahr 2013.

Zwei von drei Unternehmen in Deutschland werden durch Infrastrukturmängel in ihren Geschäftsabläufen beeinträchtigt.

Besonders schlecht ist die Lage für Firmen in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Weit mehr als ein Drittel der Betriebe spricht dort von erheblichen Problemen.Die Behinderungen auf der Straße sind zwar für alle Betriebe ärgerlich, einen großen Einfluss haben sie aber vor allem auf die Arbeit vieler Unternehmen der Metall- und Elektro-Industrie. Dort wird oftmals just in time gearbeitet – Verzögerungen können deshalb im schlimmsten Fall einen vorübergehenden Stopp der Produktion bedeuten.

Nachdem die Politik jahrelang zu wenig in das Infrastrukturnetz investiert hat, setzt nun ein Umdenken ein. Speziell im Bereich des Straßenverkehrs ist das Bemühen zu erkennen, den entstandenen Substanzverlust aufzufangen und Verkehrswege auszubauen. Seit 2015 steigen die Ausgaben von Bund, Ländern und Kommunen für den Straßenbau. Das bedeutet allerdings, dass die Zahl der Baustellen zunimmt – und somit auch die Stauanfälligkeit und die betrieblichen Beeinträchtigungen.

Nicht nur der Zustand der Straßen beeinflusst die Wirtschaft negativ, auch die Kommunikationsnetze in Deutschland lassen zu wünschen übrig (Grafik):

Fast drei Viertel aller Unternehmen klagen über unzureichende Kommunikationsnetze.

So viel Prozent der Unternehmen wurden/werden durch Infrastrukturmängel in diesen Bereichen in ihren Geschäftsabläufen beeinträchtigt Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Im Jahr 2013 bemängelte erst gut die Hälfte der Firmen die vorhandene Ausstattung. Allein der Anteil der deutlich beeinträchtigten Unternehmen ist um 13 Prozentpunkte auf28 Prozent gestiegen. Zurückzuführen ist diese Entwicklung auf den fehlenden Breitbandausbau in vielen ländlichen Regionen – das bekommen vor allem die Unternehmen aus den ostdeutschen Bundesländern zu spüren.

Zu wenig Personal in den Bauämtern

Nicht zu unterschätzen sind außerdem die zunehmenden Beeinträchtigungen im Schienen- und Schiffsverkehr. Diese Verkehrsträger sind speziell für Unternehmen mit hohem Transportaufkommen wichtig. Das sind neben der M+E-Industrie insbesondere die Chemie und die Baustoffindustrie. Ausweichmöglichkeiten wie auf der Straße durch Umleitungen und Umfahrungen sind auf dem Wasser und der Schiene kaum möglich, sodass einzelne Probleme hier stärker zum Tragen kommen.

Auch wenn der Staat die Infrastrukturmängel – besonders auf der Straße – erkannt hat, wird es noch lange dauern, diese zu beseitigen. Allein mit mehr Geld ist das nicht zu schaffen. Gebraucht wird auch mehr Personal: So fehlen derzeit in den Bauämtern zahlreiche Bauingenieure, ohne die die notwendigen Planungen nicht möglich sind.Der Schienen- und Schiffsverkehr darf trotz der Fokussierung auf den Straßenbau nicht vernachlässigt werden. Welche Folgen Streckensperrungen haben können, zeigte sich im vergangenen Jahr in Rastatt, als bei Bauarbeiten einige Gleise absackten und der Güterverkehr auf der wichtigsten Nord-Süd-Strecke der Bahn lahmgelegt war – für sage und schreibe 51 Tage.

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